0399 - Merlin erwacht
Krallen und den rot glühenden Augen.
Und da war noch etwas.
Bläulich grau in der Schwärze hinter ihnen schimmerten überlebensgroß die Umrisse eines Gesichtes.
Das Gesicht des Blauen Fürsten!
Evita Suarez stöhnte auf.
Nicole wußte, daß sie es jetzt schwer haben würden. Schon einmal hatte sie gegen die Gnome gekämpft, oben im Thronsaal, als sie den Dämonischen in die Flucht geschlagen hatte. Aber diese hier – waren viel mehr. Sie quollen förmlich übereinander her, keckernd und schmatzend.
Sie kamen zu Hunderten, zu Tausenden… eine unübersehbare Menge…
Und im gleichen Augenblick verschwand Zamorras Amulett!
***
Übergangslos erschien es in der ausgestreckten Hand des Meisters des übersinnlichen.
Keinem der Indios fiel es auf; keiner von ihnen achtete auf Zamorra und Tendyke. Der Abenteurer hob die Brauen. »Glaubst du, daß du dem Zauberpriester damit imponieren kannst?« fragte er.
Zamorras Gesicht blieb ausdruckslos.
»Vielleicht«, sagte er.
Er hängte sich die Silberscheibe um. Sie funkelte im Sonnenlicht, als er aus der Sichtdeckung hervortrat.
Sekundenlang nur überlegte er, ob Nicole, die sich in der Blauen Stadt aufhalten mußte, es nicht vielleicht in diesem Moment brauchte. Aber dann hätte sie es ebensoschnell wieder zu sich zurückholen können. Da sie es nicht tat, ging Zamorra davon aus, daß sie momentan nicht in Gefahr war.
Er berührte die handtellergroße Silberscheibe. Sein Finger verschob eines der seltsamen, erhaben gearbeiteten Schriftzeichen, die immer noch unentzifferbar waren. Mit der Verschiebung löste er eine Funktion des Amuletts aus, die in Kraft trat, während das Schriftzeichen sofort wieder an seine ursprüngliche Position zurückglitt und dort scheinbar bombenfest saß.
Zamorra hätte es auch mit einem Gedankenbefehl tun können. Aber über die manuelle Schaltung war er sicherer. Es war eine der Funktionen, von denen Zamorra genau wußte, wie er sie auslösen konnte. Viele andere waren noch unerforscht. Bis heute hatte das Amulett nur einen Bruchteil seiner Geheimnisse preisgegeben.
Grünliches Licht floß aus der Silberscheibe hervor und begann Zamorra einzuhüllen. Diese leuchtende Hülle paßte sich seinen Umrissen genau an; sie schützte ihn wie ein Raumanzug den Astronauten.
Normalerweise diente dieses grüne Licht dazu, ihn vor dämonischen, magischen Angriffen zu schützen. Das war diesmal nicht erforderlich, aber Zamorra wollte den Show-Effekt nutzen.
In der Tat ging ein überraschendes Raunen durch die Reihen der Indios, als Zamorra jetzt die Steinstufen der Tempelpyramide hinaufstieg.
Sie war in der Größe nicht mit den anderen, mächtigen Sonnentempeln zu vergleichen; die standen dafür aber auch frei, während dieses Tempelchen sich im Innenbereich einer Festung befand.
Das Mädchen, das als erstes geopfert werden sollte, lag bereits auf dem Altar. Zwei Priester standen rechts und links und hielten die Arme des Mädchens fest. Der Zauberpriester nahm hinter dem Kopf des Opfers Aufstellung und hob den Dolch, um während der Inti-Anrufung zuzustoßen.
Das Murmeln der zurückweichenden Krieger, die der Zeremonie zusahen, ließ ihn aufblicken. Da stand der Fremde vor ihm, wie eine in hellem Grün leuchtende Geistererscheinung, und hob beide Hände.
»Halt«, sagte er laut. »Ich verbiete es.«
Er fragte sich, ob diese Schau genügen würde, die Indios nachhaltig zu beeindrucken. Immerhin sahen sie einen leuchtenden Menschen nicht alle Tage. Andererseits mußten sie gerade hier in der Festung an Magie gewöhnt sein. Es gab immerhin sogar eine Überwachung, die auf jede Art freigesetzter Magie ansprach. Zamorra hatte allerdings noch nicht herausfinden können, wie sie funktionierte.
Daß sie funktionierte, stand fest; andernfalls hätte man ihn nach seinem Erscheinen nicht so schnell überwältigen können.
Der Zauberpriester verharrte. Wieder einmal bedauerte Zamorra, daß der Mann eine Maske trug, die jede Regung seines Gesichtes verbarg.
»Ich verbiete diese Opferung«, sagte Zamorra. »Sie ist nicht nötig.«
»Du wirst uns sagen, warum?« antwortete der Zauberpriester.
Zamorra wies auf das vor seiner Brust hängende Amulett. Es strahlte noch heller als die grüne Hülle um seinen Körper.
»Das hier wird dir die nötige Energie geben, die du brauchst, um die Festung zu versetzen«, sagte er.
Der Zauberpriester starrte ihn mit den Edelstein-Augen seiner Maske unverwandt an. Es war nicht ersichtlich, ob er von dem Leuchten
Weitere Kostenlose Bücher