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0399 - Merlin erwacht

0399 - Merlin erwacht

Titel: 0399 - Merlin erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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worden.
    Zamorra ahnte, daß es damit nicht vorbei war. Er hatte ihnen einen Aufschub gewährt, mehr nicht. Sie würden wohl zu einem anderen Zeitpunkt, zu einem anderen Zweck, abgeschlachtet werden. Daran konnte er nichts ändern. Er war nicht in der Lage, den gesamten Götterglauben und die Rituale der Indios aus der Welt zu fegen oder zu humanisieren.
    Er hätte es zwar liebend gern getan, aber erstens war er nur ein einzelner Mensch, der gegen ein ganzes, sich immer mehr vergrößerndes Reich stand und den die Priesterschaft für einen solchen Versuch schneller töten lassen würde, als er einmal tief Luft holen konnte. Und zweitens, selbst wenn es ihm gelänge, wäre das ein so gravierender Eingriff, daß er damit die Weltgeschichte ändern würde. Unter Umständen beraubte er sich dadurch gar der Vorraussetzung, hier in die Vergangenheit geraten zu sein, und das Zeitparadox wäre da… kleinere Vorfälle, wie das Schlachten eines Tieres oder auch dieser Aufschub für die auserwählten Opfer, ließen sich im Lauf des Zeitstroms ausgleichen, oder sie waren gar vorgesehen; oft genug hatte er bei seinen Reisen in die Vergangenheit handeln müssen, um den Verlauf der Geschichte überhaupt erst möglich zu machen. Aber eine ganze Religion umzubauen, wäre zu schwerwiegend.
    Es würde zu einer Katastrophe kommen.
    Möglicherweise sogar zu einer Spaltung der Welt in zwei verschiedene Ereignisstränge so wie damals, als die Echsenwelt entstand, der Reek Norr entstammte. Nur würde es diesmal eine 50-zu-50-Wahrscheinlichkeit werden, die beide Wirklichkeiten instabil werden lassen würde. Und wer mochte dann entscheiden und dafür sorgen, daß eine der beiden Richtungen durch eine weitere Aktion eine größere Wahrscheinlichkeit erhielt und sich auf Kosten der anderen wieder stabilisierte?
    Zamorra hatte schon zweimal das Chaos eines Zeitparadoxons miterlebt.
    Da war es in kleinem, eng begrenzten Raum geschehen, und die Folgen waren überschaubar geblieben. Aber das hier war zu groß, und es würde das Raumzeit-Gefüge zu sehr erschüttern. Das konnte er nicht riskieren.
    So mußte er sich damit abfinden, daß diese Menschen so oder so dem Tod geweiht waren. Er konnte nur verhindern, daß sie in seiner Gegenwart ermordet wurden. Und vielleicht gab es ja so etwas wie eine Regelung, daß jeder nur einmal zum Altar geführt werden durfte… Er war sich nicht sicher, ob es das gab, weil nichts dergleichen überliefert worden war – und es wahrscheinlich auch niemals vorgekommen war –, aber da war ein winziger Funken Hoffnung in ihm, daß es so sein möchte.
    Immerhin hatte er den Leuten einen Aufschub verschafft. Vielleicht konnten sie ihn nutzen und fliehen, wenn sie nicht zu sehr in diesem Glauben gefangen waren und es als ganz normal ansahen, ihr Leben und ihr Herz Inti zu schenken.
    Zamorra riß sich gewaltsam aus seinen Betrachtungen. Sie halfen ihm hier nicht weiter. Er mußte jetzt dafür sorgen, daß seine Ankündigung eintraf, daß sein Amulett tatsächlich die Kraft ersetzte, die ansonsten durch das Blutopfer freigesetzt worden wäre. Die Opferung selbst roch nach Schwarzer Magie, aber in diesem Fall war er sich nicht ganz sicher, weil die Religion der Inka nicht unbedingt schwarzmagisch zu nennen war. Zamorra gestand sich ein, daß er sich über dieses Problem eigentlich nie Gedanken gemacht hatte – er war allerdings auch nie in einer vergleichbaren Lage gewesen.
    Der Zauberpriester in seinem blauen Gewand winkte Zamorra zu.
    »Viel Erfolg«, sagte Tendyke. »Hoffentlich klappt das alles so, wie du es dir ausgerechnet hast.«
    »Oh, ich bin da ziemlich sicher«, murmelte Zamorra.
    Er folgte dem Wink des Inka-Priesters und begab sich wieder zu ihm auf die Spitze der kleinen Sonnenpyramide, an den Altar.
    Er konnte beginnen…
    ***
    DieWissenschaftler standen da wie gelähmt und starrten auf die wie eine Flutwelle hereinströmenden Bestien. Jacáos Augen weiteten sich. Dann brach der Huaquero plötzlich lautlos zusammen. Dieser erneut Wirklichkeit gewordene Alptraum war nach dem Verletzungsschock zuviel für ihn.
    Evita Suarez schrie gellend.
    Das riß Nicole aus ihrer Versunkenheit. Sie erkannte die heranströmenden kleinen Ungeheuer mit ihren reißenden Zähnen und den spitzen Krallen. Sie hatte im Thronsaal gesehen, wie schnell diese furchtbaren Geschöpfe einem Menschen zusetzen konnten, aber es war ihr kein Trost zu wissen, daß es schnell gehen würde.
    Sie wollte doch leben!
    Sie wollte nicht hier

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