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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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sie keine Ladung an Bord?« fragte Fidelma, während sie sich umsah.
    Ross war sichtlich ratlos.
    »Ich habe keine Ahnung, Schwester.«
    »Das Handelsschiff kommt aus Gallien, sagtet Ihr?«
    Der Seemann nickte.
    »Könnte das Schiff ohne Ladung von Gallien losgesegelt sein?«
    »Ah«. Ross verstand sofort, worauf sie hinauswollte. »Nein, es wäre sicher nur mit Ladung losgefahren. Und genauso wahrscheinlich hätte es eine Ladung aus einem irischen Hafen auf die Rückreise mitgenommen.«
    »Also haben wir keine Ahnung, wann die Besatzung es verlassen hat? Es könnte auf dem Weg nach Irland oder auf dem Rückweg nach Gallien gewesen sein? Und es könnte auch sein, daß die Besatzung die Ladung mitnahm, als sie das Schiff verließ?«
    Ross kratzte sich nachdenklich die Nase.
    »Das sind gute Fragen. Allerdings haben wir keine Antworten darauf.«
    Fidelma betrat den leeren Laderaum und begann im Dämmerlicht mit ihrer Untersuchung.
    »Was hat ein Schiff wie dieses normalerweise geladen?«
    »Wein, Gewürze und andere Waren, die in unserem Land nicht so leicht zu finden sind, Schwester. Seht her, hier sind Regale für die Weinfässer, aber sie sind alle leer.«
    Ihr Blick folgte seiner ausgestreckten Hand. Neben den leeren Regalen türmte sich allerlei Gerümpel am Boden, darunter abgesplittertes Holz und ein mit Eisen beschlagenes Wagenrad mit einer gebrochenen Speiche. Und noch etwas lag dort, was sie verwundert betrachtete. Es ähnelte einem großen Holzzylinder, der fest mit einer groben, dicken Schnur umwickelt war. Der Zylinder war gut einen halben Meter lang und hatte einen Durchmesser von etwa fünfzehn Zentimetern. Sie bückte sich und berührte die Schnur, und ihre Augen weiteten sich erstaunt. Die Schnur bestand aus einem Strang tierischer Gedärme.
    »Was ist das, Ross?« fragte sie.
    Der Seemann bückte sich, untersuchte den Gegenstand und zuckte die Achseln.
    »Keine Ahnung. Ich wüßte an Bord eines Schiffes keine Verwendung dafür, auch nicht, um irgend etwas festzubinden. Der Strang ist zu nachgiebig, er würde sich dehnen, sobald er unter Spannung stünde.«
    Fidelma, die noch immer kniete, hatte noch etwas anderes entdeckt: Bröckchen von rotbraunem Lehm, die auf den Planken des Laderaums verstreut lagen.
    »Was ist das, Schwester?« fragte Ross und hielt die Lampe hoch über sie.
    Fidelma nahm ein paar Lehmbröckchen in die Hand und untersuchte sie eingehend.
    »Nichts. Nur roter Lehm. Vermutlich wurde er beim Verstauen der Ladung vom Strand hereingetragen. Es gibt hier eine ganze Menge davon.«
    Sie erhob sich und ging durch den kahlen Lagerbereich hinüber zu einer Luke auf der anderen Seite, Richtung Bug. Plötzlich hielt sie inne und drehte sich zu Ross um.
    »Gibt es eine Möglichkeit, sich unter diesem Deck zu verstecken?« fragte sie und deutete auf den Decksboden.
    Im Dämmerlicht verzog Ross das Gesicht.
    »Nur für Wasserratten. Hier drunter liegt nur noch der Kielraum.«
    »Trotzdem, ich halte es für das beste, das ganze Schiff zu durchsuchen.«
    »Ich werde das sofort veranlassen«, stimmte Ross zu. Er akzeptierte ihre natürliche Autorität ohne Murren.
    »Gebt mir die Lampe, dann mache ich hier weiter.« Fidelma nahm die Laterne und trat durch die Luke in den vorderen Teil des Schiffes, während Ross, der wie alle Seeleute ausgesprochen abergläubisch war, ängstlich um sich blickte und schließlich nach einem seiner Besatzungsmitglieder rief.
    Das Licht von Fidelmas Lampe fiel auf eine schmale Stiege; sie führte über ein Kabelgatt, in dem der Anker des großen Schiffes verstaut war. Am Ende der Treppe lagen zwei weitere Kajüten, auch sie leer und peinlich sauber wie die anderen. Erst jetzt fiel Fidelma auf, was hier eigentlich fehlte. Alles war aufgeräumt – zu aufgeräumt, ohne die geringste Spur von persönlichen Dingen, die dem Kapitän, der Mannschaft oder etwaigen Mitreisenden gehört haben mochten, es gab weder Kleidung noch Rasierzeug, nichts außer einem blitzblanken Schiff.
    Sie drehte sich um und ging einen kurzen Niedergang hinauf an Deck, um Ross zu suchen. Dabei glitt ihre Handfläche über das polierte Geländer, und sie spürte, wie sich dessen Beschaffenheit veränderte. Bevor sie sich näher damit befassen konnte, hörte sie jemanden an Deck nach ihr rufen. Sie trat ans Tageslicht.
    Ross stand mit finsterer Miene neben der Tür zum Niedergang und kam sogleich auf sie zu.
    »Im Kielraum ist niemand, Schwester, außer Ratten und Unrat, wie zu erwarten war. Auf jeden

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