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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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stand vor Wut zitternd da und starrte dem Schiff hinterher. Der Wind hatte sich unversehens gelegt, die Segel des größeren Schiffes waren erschlafft, und es kam allmählich zum Stillstand.
    »Möge der Käpt’n dieses Schiffes weder den Kuckuck noch den Wachtelkönig jemals wiedersehen! Möge die Seekatze ihn holen! Möge er brüllend sterben! Möge er in seinem Grab verfaulen!«
    Die Flüche sprudelten nur so aus Ross hervor, als er wutentbrannt dastand und mit der Faust zu dem Schiff hinüber drohte.
    »Einen Tod ohne Priester für ihn in einer Stadt ohne Geistlichen …«
    »Kapitän!« Die Stimme, die seinen Redefluß unterbrach, war weiblich und ruhig, aber bestimmt. »Ich glaube, Gott hat vorläufig genug Flüche gehört und weiß, daß Ihr aufgebracht seid. Was ist der Grund für Euer Fluchen?«
    Ross wirbelte herum. Er hatte vollkommen vergessen, daß unten in der Hauptkajüte der Foracha eine Mitreisende untergebracht war.
    Nun stand auf dem Achterdeck neben Odar, dem Steuermann, eine hochgewachsene Nonne und betrachtete ihn mit mißbilligendem Stirnrunzeln. Die junge Frau war groß und wohlproportioniert – eine Tatsache, die selbst die düstere Farbe ihrer Kleidung und der mit Biberpelz besetzte wollene Umhang, der sie fast vollständig verhüllte, nicht verbergen konnten. Widerspenstige Strähnen roten Haares schossen unter ihrer Kopfbedeckung hervor und flatterten im Seewind. Ihre blassen Gesichtszüge waren ebenmäßig und ihre Augen hell, doch ließ sich nur schwer bestimmen, ob sie blau oder grün waren, so sehr veränderten sie je nach Gefühlslage ihre Farbe.
    Zu seiner Verteidigung deutete Ross auf das andere Schiff.
    »Es tut mir leid, wenn ich Euch gekränkt habe, Schwester Fidelma«, murmelte er. »Aber dieses Schiff dort hätte uns beinahe versenkt.«
    Ross wußte, daß es sich bei seiner Mitreisenden nicht um eine gewöhnliche Nonne handelte, sondern um die Schwester von Colgú, dem König von Muman. Sie war, wie er aus früheren Begegnungen wußte, eine dálaigh , eine Advokatin der Gerichtsbarkeit der fünf Königreiche von Éireann, mit dem Rang einer anruth , der zweithöchsten Qualifikation, die die Universitäten und kirchlichen Hochschulen verleihen konnten.
    »Ihr habt mich nicht gekränkt, Ross«, antwortete Fidelma lächelnd. »Obschon Eure Verwünschungen Gott gekränkt haben mögen. Meiner Meinung nach verschwendet man beim Fluchen häufig Energie, die für etwas Sinnvolleres eingesetzt werden könnte.«
    Ross nickte widerwillig. In Gesellschaft von Frauen fühlte er sich stets unbehaglich und hatte sich – wohl nicht zuletzt deshalb – für ein Leben auf See entschieden. Einmal war er verheiratet gewesen, doch am Ende hatte seine Frau ihn und ihre gemeinsame Tochter verlassen. Doch selbst seine Tochter, um die er sich fortan kümmerte und die jetzt etwa in Fidelmas Alter sein mußte, hatte ihm den Umgang mit dem anderen Geschlecht nicht erleichtert. In Gesellschaft der jungen Nonne war ihm besonders unwohl. Durch ihr ruhiges, bestimmtes Auftreten fühlte er sich zuweilen wie ein Kind, dessen Benehmen ständig beurteilt wird. Das Schlimmste war, daß sie auch noch recht hatte: den unbekannten Kapitän zu verwünschen half niemandem weiter.
    »Was ist der Grund für Euer Fluchen?« wiederholte Fidelma ihre Frage.
    Ross gab ihr rasch eine Erklärung und deutete dabei auf das große Hochseeschiff, das jetzt in eine Flaute geraten war.
    Fidelma musterte das Schiff neugierig.
    »An Bord scheint sich nicht das geringste zu regen, Ross«, bemerkte sie. »Habe ich nicht gehört, wie Ihr gerufen habt?«
    »Doch«, erwiderte Ross, »aber ich erhielt keine Antwort.«
    Tatsächlich war Ross selbst gerade erst zu dem Schluß gekommen, daß eigentlich jemand an Bord des Schiffes seine barc bemerkt oder seinen Ruf erwidert haben müßte. Brummend wandte er sich an Odar: »Versucht, uns längsseits zu manövrieren.«
    Der Steuermann nickte, wendete langsam den Bug der barc und betete, daß es windstill bleiben möge, bis er die gewünschte Position erreicht hatte. Odar war ein schweigsamer Mann und an den Küsten Mumans für seine Geschicklichkeit bekannt. Es dauerte nicht lange, bis sie mit dem Rumpf gegen das größere Schiff stießen und Ross’ Männer nach den Seilen griffen, die an den Seiten herunterhingen.
    Schwester Fidelma lehnte auf der anderen Seite der Foracha , wo sie nicht im Wege stand, an der Reling und blickte mit sachlichem Interesse zu dem hochaufragenden Schiff

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