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04 - Die Tote im Klosterbrunnen

04 - Die Tote im Klosterbrunnen

Titel: 04 - Die Tote im Klosterbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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wiederholte sie und formulierte den Satz als Frage, um sicherzugehen, daß sie den Namen richtig verstanden hatte.
    »Ja. Sie heißt Dún Boí – die Festung der Boí , der Göttin der Kühe.«
    »Und wo liegt die Gemeinschaft der Gläubigen?« fragte Fidelma. »Die Abtei Der Lachs aus den Drei Quellen?«
    Ross deutete auf eine zweite kleine Landzunge am anderen Ufer des Flüßchens, genau gegenüber von Adnárs Festung.
    »Zwischen den Bäumen dort oben auf dem Bergrücken. Ihr könnt von hier aus nur den Turm des Klosters sehen und da hinten einen kleinen Kai, der zu einem Felsabsatz führt, auf dem ihr vielleicht den Hauptbrunnen der Abtei ausmachen könnt.«
    Fidelmas Blick folgte seinen Angaben. Auf dem Kai bewegte sich etwas.
    »Käpt’n!« rief der Steuermann leise zu Ross hinüber. »Käpt’n, dort legen gerade zwei Boote ab – eins von der Festung und eins von der Abtei.«
    Ross befahl seiner Besatzung, mit dem Zusammenrollen der Segel zu beginnen, bevor die Foracha vor Anker ging. Er wandte sich um und bedeutete Odar auf dem gallischen Schiff, ebenfalls Anker zu werfen, damit die beiden Schiffe nicht zusammenstießen. Man hörte das Krachen der großen Segel, als sie niedergeholt wurden, das Klatschen, als die Anker auf die ruhige Wasseroberfläche aufschlugen, und die erschrockenen Schreie der Seevögel, die von der unerwarteten Heftigkeit des Geräusches überrascht wurden. Dann – Stille.
    Einen Augenblick stand Fidelma reglos da und war sich der plötzlichen Stille in der geschützten Meerenge bewußt und auch der Schönheit dieses Ortes – mit den Blau-, Grün-, Braun- und Grautönen der Berge, die sich dahinter erhoben, mit dem Himmel, der das Wasser um sie herum hellblau färbte, so daß es im Licht des frühen Nachmittags glitzerte und schimmerte und einem Spiegel glich, so still und klar war seine Oberfläche. Am Ende der Meerenge, von den Gezeiten unberührt, erstreckten sich das Graugrün eines Seegrasgürtels, das Weiß und Grau der Felsen, die vielfältigen Grün- und Brauntöne der Bäume entlang des Ufers und dazwischen die Farbtupfer des plötzlich aufschießenden Kreuzkrauts und der weißen Blüten des Hirtentäschel. Hie und da wuchsen Stechpalmen. Die Stille verstärkte das leiseste Geräusch … zum Beispiel den trägen Flügelschlag des Graureihers, der seine Kreise um die Schiffe zog und sich den langen, biegsamen Hals vor Neugier zu verrenken schien, bevor er sich lässig und scheinbar unbeteiligt gen Himmel schwang und weiter die Küste hinunter flog, ruhigeren Fischgründen entgegen. Dann hörte Fidelma auf dem stillen Gewässer die rhythmischen Ruderschläge der herangleitenden Boote.
    Sie seufzte tief. Ein so vollkommener Friede war wie ein Deckmantel, eine Verschleierung der Realität. Es gab so viel zu tun.
    »Ich werde an Bord des Handelsschiffes zurückkehren und es noch einmal gründlich durchsuchen, Ross«, verkündete sie.
    Ross starrte sie erschrocken an.
    »Bei allem Respekt, Schwester, ich würde damit lieber noch ein Weilchen warten«, schlug er vor.
    Ärgerlich runzelte sie die Stirn.
    »Ich verstehe nicht …«
    Ross unterbrach sie, indem er mit dem Kopf auf die beiden sich nähernden Boote wies.
    »Ich glaube nicht, daß der Besuch mir gilt, Schwester.«
    Fidelma zauderte und verstand noch immer nicht.
    »In einem der Boote sitzt der bó-aire der Festung, in dem anderen Äbtissin Draigen.«
    Fidelma staunte und hob wortlos die Augenbrauen. Dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit der Besatzung der herannahenden Boote. Eines wurde von zwei Nonnen gerudert, während eine dritte kerzengerade im Heck saß, eine hochgewachsene Frau mit einem schönen Gesicht, größer als Fidelma, in ein Gewand aus Fuchspelz gehüllt. In dem anderen Boot, das von der Festung her auf sie zuschoß, legten sich zwei stämmige Krieger in die Riemen, und im Heck saß ein großer, schwarzhaariger Mann. Er trug einen Umhang aus Dachspelz und eine silberne Amtskette, die seine gehobene Stellung deutlich kennzeichnete. Immer wieder blickte er besorgt zu dem anderen Boot hinüber und trieb seine Männer mit bellenden Befehlen, die selbst auf diese Entfernung zu verstehen waren, zu größerer Eile an, als ginge es ihm darum, Ross’ barc als erster zu erreichen.
    »Sie sehen aus, als veranstalteten sie ein Wettrennen«, bemerkte Fidelma trocken.
    Ross antwortete ohne jede Spur von Humor.
    »Bei dem Wettrennen, wie Ihr es nennt, will jeder von beiden als erster bei Euch eintreffen. Was auch immer

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