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04_Es ist was Faul

04_Es ist was Faul

Titel: 04_Es ist was Faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Lebensjahre verbracht, und
    alles an der alten Bude war mir vertraut. Das galt ebenso für den
    Kirschbaum, von dem ich heruntergefallen war, wie für den
    Gartenweg, auf dem ich Dreiradfahren gelernt und mir das
    Schlüsselbein gebrochen hatte. Es war mir früher nie aufgefallen, aber die Anhänglichkeit an eine vertraute Umgebung
    wächst mit dem Alter. Das alte Haus schien mir freundlicher
    und wärmer als je zuvor.
    Ich holte tief Luft, nahm meinen Koffer und schob den Buggy über die Straße. Mein Dodo Pickwick watschelte hinter mir
    her, und ihr ungezogener Sohn Alan folgte ihr unwillig.
    Ich klingelte, und kurz darauf kam ein leicht übergewichtiger
    Pfarrer mit Brille und kurzem Haar an die Tür.
    »Ist das etwa … mein kleiner Doofus?«, sagte er, als er mich
    sah, und fing an zu strahlen. »Bei GSG, es ist Doofus!«
    »Grüß dich, Joffy. Lange nicht mehr gesehen.«
    Joffy war mein Bruder, Pfarrer in der Kirche der Globalen
    Standard-Gottheit. Alle Meinungsverschiedenheiten, die wir
    früher reichlich gehabt hatten, waren inzwischen vergessen. Ich
    freute mich, ihn zu sehen.
    »Hoppla!«, sagte er. »Was ist denn das?«
    »Das ist dein Neffe Friday«, erklärte ich ihm.
    »Donnerwetter!«, sagte Joffy, machte Fridays Gurt auf und
    hob ihn aus dem Buggy. »Stehen seine Haare immer so hoch?«
    »Das sind wahrscheinlich Überreste vom Frühstück.«
    Friday starrte Joffy einen Augenblick an, dann nahm er die
    Finger aus dem Mund und rieb sie an seinem Gesicht. Er steckte die Hand zurück in den Mund und hielt Joffy seinen Teddybär hin. Der Teddy hieß Poley, denn es handelte sich um einen
    Eisbären.
    »Irgendwie niedlich, der Kleine«, sagte Joffy, schwenkte Friday ein bisschen herum und ließ ihn an seiner Nase ziehen.
    »Bloß etwas … klebrig. Kann er schon reden?«
    »Er redet nicht viel. Er denkt sehr viel nach.«
    »Genau wie Onkel Mycroft. Was ist mit deinem Kopf passiert?«
    »Redest du von meinem Haarschnitt?«
    »Ach so, das ist ein Haarschnitt«, murmelte Joffy. »Ich dachte schon, du hättest die Ohren tiefer gelegt oder so ähnlich. Ist
    das nicht ein bisschen … extrem?«
    »Ich musste für Jeanne d'Arc einspringen. Gar nicht so einfach, Ersatz für die Dame zu finden.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Joffy und betrachtete
    nachdenklich meine Suppenschüssel-Frisur. »Lass doch gleich
    alles abrasieren und fang noch mal von vorn an.«
    »Das ist Hamlet«, sagte ich, damit sich der Prinz nicht ausgeschlossen fühlte. »Aber der ist incognito da, also erzähle ich
    allen Leuten, er wäre mein Vetter Eddie.«
    »Ich bin Joffy«, sagte Joffy, »der Bruder von Thursday.«
    »Hamlet«, sagte Hamlet, »Prinz von Dänemark.«
    »Däne sind Sie?«, sagte Joffy erschrocken. »Das würde ich
    lieber niemand erzählen.«
    »Warum?«
    »Hallo, Liebling!«, rief meine Mutter, die hinter Joffy auftauchte. »Du bist wieder da! Du meine Güte! Was hast du denn
    für Haare?«
    »Das ist der Jeanne-d'Arc-Stil«, erklärte mein Bruder. »Derzeit sehr in Mode. Märtyrer kommen gut auf dem Laufsteg.
    Erinnerst du dich nicht an die letzte Ausgabe von Femole mit
    dem Edith Cavell/Tolpuddle-Look auf dem Cover?«
    »Jetzt redet er wieder Unsinn, nicht wahr?«
    »Ja«, sagten Joff und ich gleichzeitig.
    »Hallo, Mum«, sagte ich und nahm sie in den Arm. »Erinnerst du dich noch an deinen Enkel?«
    Sie hob ihn hoch und sagte, er sei ja gewachsen. Es war zwar
    sehr unwahrscheinlich, dass er geschrumpft war, aber ich lächelte trotzdem pflichtschuldigst. Friday fremdelte etwas und sah
    sie misstrauisch an. Ich war so oft wie möglich in der Wirklichkeit gewesen, aber in den letzten sechs Monaten hatte ich kaum
    Zeit gehabt. Nachdem sie fünf Minuten lang vor Begeisterung
    hyperventiliert hatte und beinahe ohnmächtig war, lud meine
    Mutter uns endlich ins Haus ein.
    »Du bleibst draußen und passt auf, dass sich Alan einigermaßen benimmt«, sagte ich zu Pickwick. Aber es war schon zu
    spät. Obwohl er noch ziemlich klein war, hatte Alan die anderen Dodos bereits so eingeschüchtert, dass sie sich ängstlich
    unter den Hortensien versteckten.
    »Bleibst du länger?«, fragte meine Mutter. »Dein Zimmer ist
    noch genau, wie es war.«
    In der Tat: Es hatte sich nichts verändert, seit ich mit neunzehn ausgezogen war, aber irgendwie schien es unhöflich, das
    zu erwähnen. Ich sagte, ich wollte zumindest so lange bleiben,
    bis ich eine eigene Wohnung gefunden hätte. Dann stellte ich
    Hamlet vor und fragte, ob er

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