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04 - Herzenspoker

04 - Herzenspoker

Titel: 04 - Herzenspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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durch die Ankunft einer offenen Kutsche belebt wurde, die von Londons
Halbweltdamen überquoll.
    Sie
waren grell geschminkt und mit Federn und Schleifen herausgeputzt. Trotz der
kühlen Abendluft trugen sie durchsichtige Musselinkleider, die bei einigen so
kurz waren, dass sie einen Blick auf die fesseln erlaubten, und bei anderen
seitlich geschürzt, so dass sie die Beine, die in fleischfarbenen Strümpfen steckten,
enthüllten.
    Rainbird
versuchte, sich dem Ansturm entgegenzustellen, da er glaubte, die Damen seien
auf der Suche nach einem exklusiven Bordell, aber sie wiesen triumphierend ihre
Einladungskarten vor, und Mr. Roger erschien auf der Bildfläche, um sie
willkommen zu heißen.
    Bald
darauf kam eine weitere Kutsche mit halbseidenen Geschöpfen angerollt, gefolgt
von Wagen, die von jungen prahlerischen Draufgängern gelenkt wurden, von
Stutzern, von Lebemännern und Modegecken.
    Rainbird,
dessen Gesicht zu einer Maske der Missbilligung erstarrt war, ging nach unten
in die Wirtschaftsräume, um die Frauen anzuweisen zu bleiben, wo sie waren, und
sich um keinen Preis hinaufzuwagen. Dave wurde in eine behelfsmäßige
Pagenlivree gesteckt und musste Dienst tun. Angus war außer sich vor Wut bei
dem Gedanken, dass er seine Kunst an dieses Nuttengesindel verschwendet hatte.
    Zunächst
verlief das Fest zur allgemeinen Beruhigung wie jede andere Einladung zum
Abendessen auch. Sie tanzten, sie unter-, hielten sich, sie spielten
Karten. Aber Flasche um Flasche Champagner wurde geleert, und dann verlangten
die Damen Rum. Später spielten sie Fangen, ein eigentlich ganz harmloses Spiel,
aber die Damen rannten schreiend herum, und einige beklagten sich über die
Hitze und zogen ihre Kleider aus.
    Dave
wurde nach unten geschickt.
    Als es
Zeit zum Abendessen wurde, zitterte Joseph am ganzen Leib und wandte die Augen
ab, als er den nahezu nackten Gästen die Platten reichte. Der einzige, der noch
anständig angezogen war, war Lord Guy, aber auch er war vollkommen betrunken
und schien sich prächtig zu
unterhalten.
    Joseph
ertappte sich dabei, dass ihm Lizzie einfiel, die er erst neulich wieder so von
oben herab behandelt hatte. Lizzie ist anständig, dachte er und sehnte sich
nach der stillen Bestätigung durch das Mädchen. Er beschloss, sich am nächsten
Morgen davonzustehlen und ihr ein kleines Geschenk zu kaufen.
    Eine
junge Dame mit riesigen Brüsten bot diese, auf einen Teller gestützt, Lord Guy
dar. Lord Guy winkte mit dem Monokel ab und sagte lustlos, sie seien nicht ganz
durch.
    Alle
lachten, und Josephs empfindlicher Magen hob sich. Ich werde nie mehr
irgendwelche erotischen Träume haben, dachte er und wußte nicht, dass Rainbird
dasselbe dachte.
    All das
Weiberfleisch, sinnierte Rainbird gerade, es ist komisch, wie einem dabei die
Lust vergeht.
    Endlich
war das Abendessen vorüber, und Rainbird und Joseph wurden aufgefordert, ins
Bett zu gehen. Manuel blieb, wo er war, nämlich hinter dem Stuhl seines Herrn.
    »Wir
sollten wirklich schlafen gehen«, flüsterte Rainbird Joseph zu. »Das Haus wird
morgen wie ein Schweinestall aussehen.«
    Miß
Esther Jones erwachte an diesem schönen Morgen in aller Frühe. Sie fühlte eine
gewisse Unrast in sich und beschloss, einen Spaziergang zu machen, bevor sie
die Diener zum Morgengebet versammelte.
    Sie
erinnerte sich mit Vergnügen an das kleine Küchenmädchen Lizzie und lenkte ihre
Schritte in die Clarges Street. Zuerst dachte sie, in Nr. 67 sei ein Feuer
ausgebrochen. Die Diener aus den anderen Häusern standen auf der Straße und
schauten zu
    den
Fenstern hinauf.
    Sie
beschleunigte ihre Schritte und gesellte sich zu den Zuschauern.
    Ein
Mann ließ ein rauhes Lachen ertönen und zeigte nach oben. Das Haus war immer
noch festlich erleuchtet. Am Fenster im ersten Stock schien das Gesicht eines
riesigen fetten Mannes gegen die Scheibe gepresst zu sein. Die Leute lachten
und freuten sich, und mit flammenden Wangen erkannte Miß Esther Jones, dass sie
das nackte Hinterteil einer Frau anstarrte, auf das jemand ein grinsendes
Gesicht gemalt hatte.
    Als sie
wie vom Blitz getroffen dastand, hob ein Mann die nackte Frau vom Fensterbrett
herunter und blickte auf die Straße hinaus. Er war voll bekleidet und trug
einen Gesellschaftsanzug. Sein Gesicht war hübsch und verwegen, seine Haare
golden und seine Augen fröhlich und blau. Esther erkannte den Trunkenbold, der
so frech in ihr Haus marschiert war.
    In
seinen Augen stand ein belustigtes Lächeln, als er auf die schaulustige

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