04 - komplett
Sie mögen mich für altmodisch halten, doch wünsche ich mir eine liebende Ehefrau – und eine Familie.“
Der Gedanke an gemeinsame Kinder schreckte Eleanor zutiefst.
„Mir scheint, hier scheiden sich unsere Geister, Mylord.“ Sie wandte das Gesicht ab.
„Ich denke nicht wie Sie.“
„Und mir will scheinen, meine Liebe, Sie brauchen Zeit, sich an die Vorstellung zu gewöhnen“, hielt Kit dagegen. „Da ich aber nicht vorhabe, mich mit Gewalt aufzudrängen, sollen Sie – fürs Erste – Ihre Ruhe haben.“
Eleanor plagten starke Zweifel; weniger an seinem Wort als an ihrer eigenen Entschlossenheit. Denn hasste sie ihn auch für das, was er ihr angetan, so gab es in ihrem Herzen noch andere verstörende Gefühle ...
Kit trat zu ihr und führte ihre Hand an seine Lippen. Widerwillig entzog Eleanor sich ihm – zu spät jedoch, um dem angenehmen Schauer zu entrinnen, der sie unmittelbar überlief.
„Adieu, meine Liebe; ich werde jetzt nach Ihrer Zofe schicken“, versprach er und vernahm, bevor er den Raum verließ, wie seiner Gattin ein Stoßseufzer entfuhr.
Als kurz darauf ihre Zofe Lucy mit einem Krug heißen Wassers eintrat, spiegelte ihre Miene Aufregung wider, und Eleanor konnte sich lebhaft ausmalen, welche Gesprächsthemen die Dienerschaft beschäftigten.
„Oh, wie wundervoll!“, schwärmte das Mädchen. „Endlich ist Seine Lordschaft zurück und wieder mit Ihnen vereint, Mylady ...“
Eleanor unterdrückte ein Stöhnen. Anscheinend betrachtete Lucy sie als Heldin einer bunt bebilderten Romanze – mit unausweichlichem Happy End.
Während sie Wasser in eine Schüssel goss und sich um ihre Herrin zu schaffen machte, plapperte Lucy ohne Unterlass.
„Die Leute sagen, der gnädige Herr hatte im Ausland zu tun ...“
Teilnahmslos nickte Eleanor, hätte sie doch kaum aussprechen können, was ihr dazu durch den Kopf ging. Er war auf dem Kontinent, um einer Opernsängerin den Hof zu machen ... Stattdessen begann sie, sich das Mieder aufzuschnüren.
„In Irland, Madam ...“
Hier hielt Eleanor inne und warf Lucy einen irritierten Blick zu.
„Ein Regierungsauftrag, so heißt es“, fuhr diese wichtigtuerisch fort. „Bromidge, der Oberlakai, weiß, dass Seine Lordschaft eine solche Mission schon einmal erfüllte, während des Krieges, in Frankreich ...“
„Papperlapapp!“, unterbrach sie ihre Zofe in scharfem Ton, schlüpfte aus dem Kleid, setzte sich an den Toilettentisch und zog die Nadeln aus ihrem Haar. „Sicher tat Lord Mostyn nichts dergleichen, und wenn doch, wäre es streng geheim.“
Beim Blick in den Spiegel schauten ihr daraus die kugelrund aufgerissenen Augen ihrer Zofe entgegen, die verschwörerisch nickte.
„Selbstverständlich, Madam! Der gnädige Herr hat das Land nie verlassen und auch sonst keine Reise unternommen ...“
Eleanor seufzte, denn sie fand die Unterhaltung lächerlich. Um Lucy abzulenken, wies sie zum anderen Ende des Raumes. „Wohin führt diese Tür dort?“, fragte sie.
„Zu den Räumen Ihres Gatten, Madam“, antwortete die Zofe, wobei sie nach der Haarbürste griff. „Und dahinter liegen die Gästezimmer, alle wunderhübsch in Blau und Gold ...“
Doch Eleanor hörte schon nicht mehr zu. Sie sprang auf und eilte auf die Tür zu, als ihr klar wurde, dass sie nur halb bekleidet war und Kit sich womöglich auf der anderen Seite befand. Ruckartig blieb sie stehen.
„Nein so etwas! Ich hatte ja keine Ahnung ...“
Das Mädchen strahlte. „Oh ja, Mylady! Das Haus ist wirklich zweckmäßig gestaltet, wenn Sie meine Meinung hören möchten. Die Räume liegen so günstig nebeneinander ...“ Sie stockte, da sie merkte, dass ihre Herrin nur mühsam ihre Aufregung meisterte. „Benötigen Sie vielleicht noch etwas, Madam?“, fragte sie taktvoll.
„Ja, in der Tat. Ich brauche einen Schreiner, der hier einen großen Riegel anbringt“, antwortete Eleanor grimmig, zufrieden darüber, dass ihrer Zofe endlich das wohlwollende Lächeln verging. „Zum zweckmäßigen Regeln des Nebeneinanders!“
„Was hast du denn erwartet? Dass Eleanor dir den roten Teppich ausrollt?“, fragte Kits Zwillingsschwester Charlotte, während sie ihrem Bruder mit tadelndem Blick die Teetasse reichte. Auch seine Cousine Beth runzelte nun, nach der anfänglichen Wiedersehensfreude, vorwurfsvoll die Stirn.
Leise stöhnend nahm Kit die Tasse aus Charlottes Hand entgegen und versuchte, sie mit einem Lächeln zu besänftigen. „Seit du wieder verheiratet bist“, setzte er
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