04 - komplett
vergeben und vergessen.“
„Dann sprich endlich mit ihm“, drängte Beth sie. „Ach Nell, du darfst nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, als wäre nichts geschehen! Du bist schon jetzt voll Bitterkeit, und der Groll wird weiter an dir nagen.“ Sie breitete die Hände aus. „Was wird das für ein Leben sein?“
Auch wenn es ihr schwerfiel, beschloss Eleanor, sich offen zu erklären. „Beth“, begann sie tapfer, „es kann mit Kit nie wieder werden, wie es vorher war, weil er sich eine Familie wünscht und nach und nach erwarten wird, dass wir ... oh, du weißt genau, was ich meine!“ Verzweifelt gestikulierte sie in der Luft herum. „Er will sich nicht mit einer Ehe auf dem Papier zufriedengeben ...“
„Natürlich nicht!“, kommentierte Beth beifällig.
„Aber begreifst du denn nicht?“, fragte Eleanor und blickte sie flehentlich an. „Ich kann das alles nicht noch einmal durchstehen! Deswegen ängstigt mich die Vorstellung, mich ihm erneut hinzugeben ... Oh, natürlich möchte ich mich gut mit Kit verstehen und würde mich auch gern mit ihm versöhnen. Aber ich kann die Erinnerung an mein Elend nicht auslöschen ...“
„Liebste Freundin“, sprach Beth zu ihr. „Solch ein Unglück muss doch nicht noch einmal passieren! Mit Kits Unterstützung und mit seiner Liebe ...“
„Nein!“, schrie Eleanor auf. Die Kehle wurde ihr eng, was stets geschah, wenn sie an die furchtbare Erfahrung rührte, ihr Kind verloren zu haben. „Für meine Furcht mag es keine vernünftigen Gründe geben ...“
„Aber natürlich gibt es die“, versicherte Beth ihr und fasste beruhigend ihre Hände.
„Jeder würde dich verstehen! In deinem jugendlichen Alter, dazu alleingelassen, hast du eine Fehlgeburt erlitten! Es ist völlig verständlich, dass dein Groll so tief sitzt ...“
„Dann gib mir doch endlich recht“, jammerte Eleanor. „Mir wird schwindlig vor Angst, wenn ich mir vorstelle, wozu es kommen kann, wenn ich Kit auch nur ein wenig lieb habe!“
Ohne lange zu überlegen, nahm ihre Schwägerin sie tröstend in die Arme, was Eleanor unaussprechlich genoss. Nach einer Weile richtete sie sich seufzend auf.
„Verflixt! Wie ich es hasse, eine solche Heulsuse zu sein! Aber bitte verstehe, dass ich mir für meine Ehe nichts weiter als gegenseitigen Respekt und eine gewisse Reserviertheit wünsche.“
„Du meine Güte!“, rief Beth aus und konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
„Was habe ich denn Komisches gesagt?“, wollte Eleanor argwöhnisch wissen.
„Hast du bei deinem Plan auch an Kit gedacht?“, fragte ihre Schwägerin kopfschüttelnd zurück.
Eleanor zog die Stirn kraus. „Ich tue doch kaum etwas anderes! Begreifst du denn wirklich nicht? Das ist doch gerade mein Problem!“, antwortete sie ungehalten.
„Ich meine etwas anderes“, antwortete Beth. „Was, glaubst du denn, wird er wohl machen, wenn du versuchst, eine rein formelle Ehe zu etablieren?“ Erneut überkam sie große Heiterkeit. „Ich kenne meinen Cousin schon mein ganzes Leben lang und würde ihn für kaum geduldiger als Marcus halten...“ Sie zuckte die Achseln.
Eleanor überkam die böse Ahnung, dass Beth ihr gerade einen gravierenden Fehler in ihrer Rechnung aufzeigte.
„Kit wird seine eigenen Absichten verfolgen“, fuhr Beth fort. „Und ich bin mir sicher, es wird ihm niemals genügen, sich von dir nur die Butter am Frühstückstisch reichen zu lassen! So wirst du ihm entgegenzutreten haben, und wer, glaubst du, wird wohl stärker sein? Zumal ...“, sie warf Eleanor einen wissenden Blick zu, „zumindest ein Teil von dir auf seiner Seite ist!“
Verzagt sank diese in sich zusammen, denn ihr wurde bewusst, dass Beth die Situation ganz richtig einschätzte. Doch der Gedanke an körperliche Liebe, eine erneute Schwangerschaft und womöglich noch eine Fehlgeburt ließ Eleanor erneut vor Entsetzen erzittern.
„Nein“, gab sie traurig zurück. „Ich bin unfähig, alles von vorn zu beginnen. Es tut mir leid, aber in Wahrheit bleibt mir keine Wahl.“
5. KAPITEL
„Bei allen Heiligen!“, rief Eleanor laut aus, warf ihr Retikül auf den Boden und sank wie ein Häufchen Elend auf ihr Bett.
Obwohl bereits für den Trevithick-Ball angekleidet, hatte sie sich gerade entschieden, nicht daran teilzunehmen. So schlecht gelaunt war sie, dass sie jedem Erstbesten die Augen hätte auskratzen können.
„Ist etwas nicht in Ordnung, Mylady?“, fragte ihre Zofe freundlich, die ihrer Herrin eben erst versichert
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