04 - komplett
draufloszuplaudern.
„Marcus muss meine Mutter davon überzeugen, Beth die Trevithick-Rubine zu überlassen, die ihrer eher würdig wären. Eigentlich standen sie Mama nie wirklich zu, weil sie ja nicht mit dem Earl, sondern dessen jüngerem Bruder verheiratet war.
Haben Sie jemals den Halsschmuck an ihr gesehen, Kit? Er ist sehr prächtig, wirkt aber etwas überladen auf mich, sodass die Trägerin ein passendes ...“ Sie hielt entgeistert inne und machte eine stumme Geste, war sie doch, ohne es zu wollen, wieder beim selben Thema angekommen.
„... ein passendes Dekolleté braucht?“, beendete Kit ihren Satz, nahm ihr das Cape aus den Händen und legte es ihr um die Schultern, wobei sie sich seiner starken Hände nur zu bewusst war. Mit zitternden Fingern raffte sie den Umhang vor ihrer Brust zusammen.
„Sollen wir dann aufbrechen?“, fragte sie wie beiläufig. „Wir wollen doch keine Minute des Balls verpassen!“
„Natürlich nicht“, stimmte Kit leicht sarkastisch zu. „Ich nehme an, es wird ein unvergesslicher Abend werden!“
Aufmerkend fasste Eleanor ihn ins Auge. Bisher war ihr nicht aufgegangen, dass Kit seit seiner Rückkehr nach London einen ähnlich schweren Stand haben und deswegen beunruhigt sein könnte wie sie selbst. Jedoch galt es in der Tat, an diesem Abend nicht nur die tiefen und prekären Familiengewässer zu durchschiffen, sondern auch den ungewissen Reaktionen der guten Gesellschaft auf den ersten gemeinsamen Auftritt Lord und Lady Mostyns zu begegnen. Die feine Welt in ihrer Wankelmütigkeit behielt sich stets ihr Urteil vor und konnte auch einen der Ihren plötzlich an den Rand drängen.
„Ich bin sicher, Sie müssen sich keine Sorgen darüber machen, wie meine Familie Sie willkommen heißt“, versicherte Eleanor ihrem Gemahl beim Einsteigen in die Kutsche. „Davon abgesehen, was jeder insgeheim denkt, wird man sich doch bemühen, die Fassade zu wahren.“
„So wie Ihr Bruder heute Morgen?“, fragte Kit ironisch. „Ich fürchte, meine Liebe, dass Lord Trevithick Ihren Blickwinkel nicht teilt!“
Den Rest des kurzen Weges nach Trevithick House brachten sie schweigend hinter sich.
„Marcus!“, zischte Eleanor ihrem Bruder etwa zwei Stunden später ins Ohr. „Kannst du dich nicht um etwas mehr Diskretion bemühen? Alle schauen auf uns, und wenn du Kit jedes Mal schneidest, sobald du ihm begegnest, wird es noch mehr Klatsch und Tratsch geben! Heute Morgen hast du dich schon schändlich genug betragen, aber jetzt gehst du wirklich zu weit!“
Beide standen am Eingang zum Ballsaal und blickten auf all die geladenen Gäste, die sich mit großer Hast in den Raum drängten, von Marcus abschätzig mit dem Mob bei einer öffentlichen Hinrichtung verglichen. Eleanor war nicht überrascht, dass der ton der Einladung in großer Zahl gefolgt war, denn der Trevithick-Ball stellte stets einen der saisonalen Höhepunkte dar. An diesem Abend winkte zudem die Möglichkeit, die allgemein vorhandene Neugier zu befriedigen, waren doch die Trevithicks derzeit in ihrem Unterhaltungswert schwerlich zu übertreffen.
So wurde gemunkelt, dass sich bei dem gut aussehenden Earl von Trevithick und seiner schönen Gattin Beth, die aus der Mostyn-Familie stammte, bereits nach sieben Monaten Ehe der erste Nachwuchs einstellen sollte. Zwar war man sich nicht völlig sicher, da der Zeitpunkt der Eheschließung merkwürdigerweise unbekannt war; trotzdem aber wurde mitgezählt.
Charlotte, die gleichfalls aus der Familie Mostyn stammende Cousine der Schwangeren, eine der charmantesten Witwen der letzten Jahre, hatte zurückgezogen gelebt, wie es sich gehörte, war dann aber von Justin Trevithick, einem Cousin des Earls, erobert worden. Die älteren Matronen Witwen konnten sich noch daran erinnern, dass Justin dereinst unehelich geboren wurde, was an sich schon skandalös genug war.
Schließlich und endlich aber hatte Eleanor Trevithick mit ihrer überstürzten Heirat einiges Aufsehen erregt, nur noch übertroffen von der Tatsache, am Tag nach der Hochzeitsnacht von ihrem Gemahl verlassen worden zu sein. Doch hatten die Eheleute sich wohl kürzlich versöhnt ...
„Könntest du bitte ein paar Worte mit Kit wechseln, ohne ihn dabei anzusehen, als wolltest du ihn quer durch den Saal prügeln?“, fragte sie ihren Bruder flehentlich.
„Aber Eleanor“, gab er spöttisch zurück, „das ist ja genau, was ich am liebsten mit ihm machen würde! Heuchelei liegt mir nicht. Zwar bist du frei, zu
Weitere Kostenlose Bücher