04 - komplett
Natürlich nur für den Fall, dass Sie es weiter anstreben, der Gesellschaft gegenüber das Gesicht zu wahren ...
Seit Langem schon hat man keinen solch unterhaltsamen Streit genossen!“
„Hätten Sie mich nicht mit Darke allein gelassen, wäre das Problem wohl kaum entstanden, Mylord!“, gab Eleanor unbeherrscht zurück. „Es ist nicht rechtens, mir allein die Schuld zu geben!“
Kit lachte auf. Im Dunkel der Kutsche vermochte Eleanor nicht, seine Miene zu ergründen, doch wurmte sie seine Heiterkeit. „Ich bitte um Verzeihung“, erwiderte er belustigt. „Wie konnte ich wissen, dass Sie Darke abweisen wollten? Ich dachte nichts anderes, als dass Sie Ihre eigenen Wege zu gehen wünschten, wie Sie erst kürzlich erklärten ...“
„Ach, Unsinn!“, entgegnete sie ungehalten. „Mylord, warum nur wollen Sie mich stets missverstehen? Genau wie zuvor Sir Charles, suchte ich auch Lord George in seine Schranken zu weisen!“
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich erneut, doch hörte Eleanor noch einen vergnügten Unterton heraus. „Sie haben recht, denn Sie machten wahrlich keinen Hehl daraus, Darke nicht erhören zu wollen. Der ganze Saal war Zeuge! So bitte ich Sie, meine Liebe, mich in Ihre Pläne einzuweihen: Soll ich in Zukunft auftretende Bewerber um Ihre Gunst von Ihnen fernhalten?“
Argwöhnisch spähte Eleanor ins Dunkel. „Ja, in der Tat, Mylord“, gab sie aufgebracht zur Antwort, da sie nichts Komisches an ihrer Lage finden konnte, „jeden einzelnen!“
„Du meine Güte“, wunderte Kit sich. „Sind es noch viele? Sie scheinen unerhört beliebt zu sein!“
„Wie oft noch muss ich betonen, dass dies ohne mein Zutun geschieht?“, protestierte Eleanor entrüstet.
„So bitte ich noch einmal um Pardon. War ich zuvor nicht hier, um Ihren Schutz zu gewährleisten, will ich versuchen, dies in Zukunft nachzuholen“, murmelte er, nun ernst geworden. „Ich verspreche Ihnen, von jetzt an ein besonders aufmerksamer Ehemann zu sein.“
„Meinen Dank, Mylord“, erwiderte sie besänftigt. „Wenn Sie nur ein klein bisschen Eifersucht vortäuschen ...“
„Ich wünsche von Herzen“, versicherte Kit, „Ihnen in Zukunft Kummer zu ersparen, meine Liebe. Im Sinne unserer ... Freundschaft, natürlich!“
„Natürlich“, echote Eleanor und krauste die Stirn. Lag ihrem Gatten wirklich etwas an ihrem inneren Frieden? Die Frage brannte ihr auf der Zunge, doch beschloss sie, zu schweigen.
6. KAPITEL
Schon vor Längerem hatte Lady Seaton Einladungen zu ihrem Musikabend verschickt, worin sie stolz ankündigte, die berühmte Operndiva La Perla verpflichtet zu haben. Auch Eleanor und Kit besuchten das Konzert, doch war die Musik nicht ganz nach ihrem Geschmack. Sie zog ländliche Weisen und weniger vergeistigte Lieder vor; mit seinen starken Emotionen schien ihr der Belcanto den Salon förmlich zu sprengen, der zudem völlig überfüllt war.
„Haben Sie den Vortrag genossen, Verehrteste?“, fragte Kit mit einem Zwinkern, als zur Pause geläutet wurde. Zwar war Eleanor sich recht sicher, dass er, während die Diva ihre hohen Töne schmetterte, so gut es eben ging, geschlummert hatte, doch ließ sie sich nichts anmerken.
„Bestimmt ist La Perla eine vollendete Künstlerin, Mylord“, antwortete sie taktvoll,
„weshalb ich nicht ihr, sondern mir die Schuld gebe, dass die Musik nicht gänzlich meinem Empfinden entspricht.“
„Ich denke, nach diesem Kunstgenuss haben wir eine Erfrischung verdient“, meinte er. „Soll ich Ihnen ein Glas Limonade bringen, Eleanor?“
„Ja, gern“, stimmte sie zu und nickte. „Das wäre ganz reizend von Ihnen.“
Verträumt blickte sie ihm nach, gefiel es ihr doch gut, von ihrem Gatten umsorgt zu werden. Seit etwa einer Woche verbrachten sie viel Zeit miteinander: Sie unternahmen Kutschfahrten im Park, besuchten das Theater und tanzten zusammen auf allen Bällen ... Eleanor seufzte leise. Es war eine wunderbare Zeit und offensichtlich ohne Gefahr für ihr Seelenheil, denn die Beziehung zwischen Kit und ihr schien sich zu einer unbeschwerten Freundschaft ohne gegenseitige Forderungen auszuwachsen.
Während er im Erfrischungsraum verschwand, eilte sie zu Beth und Charlotte hinüber, die auf der anderen Seite des Salons bei Lady Trevithick saßen. Nach lebhafter Begrüßung war es Beth, die, halb besorgt, halb schalkhaft, zu bedenken gab: „Ich meine gesehen zu haben, dass auch Marcus und Justin in den Erfrischungsraum gegangen sind. Eine von uns sollte
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