04 - komplett
gewissen Streiks begrüße ...“ Dann wurde er ernst. „Doch zuallererst möchte ich dich um Vergebung bitten, wie ich es dir schuldig bin. Ich habe dir und Mostyn das Leben in den letzten Wochen nicht gerade leicht gemacht, und verstehe sehr wohl, dass diese Zeit ohnehin schwer genug für euch war. Es tut mir aufrichtig leid!“
„Doch gebührt die Entschuldigung vor allem meinem Gemahl ...“, hielt Eleanor ihm entgegen.
„... die er selbstverständlich schon erhielt und annahm“, warf er ein, wobei er eine Grimasse zog. „Niemals zuvor habe ich so etwas tun müssen, gebe aber zu, dass Kit sich überaus großmütig zeigte. So lernte ich ihn als Schwager ehrlich schätzen! Und was ist mit dir, Nell?“, fragte er besorgt, da seine Schwester seinen Blick vermied.
„Kannst du nun endlich glücklich sein?“
„Nun, ich ...“, stammelte Eleanor, der plötzlich die Kehle eng ward, schien doch der Augenblick gekommen, ihren Bruder als Familienoberhaupt in ihre Scheidungspläne einzuweihen. Aber sie fand den Mut nicht, schluckte betreten und schwieg vorerst.
„Was hast du ...“, setzte er an, als er durch Lady Salomes tiefe Stimme unterbrochen wurde.
„Haltet den Dieb!“, rief diese laut, worauf das Leben im Saal erstarrte und auch das Streichquartett verstummte. Aller Augen richteten sich auf Tante Trevithick, die wie eine Verkörperung der Justitia hochaufgereckt im Raum stand und mit dem Finger auf Lord Kemble zeigte.
„Dieser Mann“, sie deutete sich auf die Brust, „hat gerade meine Diamantbrosche gestohlen!“
„Obwohl ich von Herzen wünschte, unsere Tante befleißigte sich diskreterer Methoden“, stellte Marcus später fest, „muss ich doch zugeben, dass sie im Ganzen klug verfuhr!“ Damit legte er den Arm um Beth, die vor Freude strahlte, und auch Charlotte wirkte an Justins Seite wie erlöst; nur Eleanor und Kit wahrten zueinander deutliche Distanz in separaten Sesseln.
Mit gefüllten Weingläsern saßen die drei jungen Paare noch im Salon, nachdem sowohl Eleanors Mutter als auch Lady Salome sich bereits zur wohlverdienten Nachtruhe zurückgezogen hatten.
„Ich begreife nicht, warum Lord Kemble nicht einfach unsere Mama beschuldigte, ihm die Brosche zugesteckt zu haben“, sagte Eleanor nachdenklich. „Vielleicht lag es daran, auf welch beängstigende Weise du ihn gestellt hast, Marcus!“
„Der Mann ist mir widerwärtig!“, erklärte ihr Bruder freiheraus. „Und auch wenn er die Stirn hatte, zu behaupten, es handele sich um einen Irrtum, wird jedes Mitglied der guten Gesellschaft ihn von nun an schneiden.“
„Ob Tante Trevithick die Brosche absichtlich ablegte, damit Mama ihrer habhaft werden konnte?“, überlegte Eleanor weiter.
„Mit Sicherheit!“, antwortete Charlotte. „Ich saß ja bei Ihnen und könnte schwören, dass Lady Salome sie noch kurz zuvor trug! Sie deponierte sie vermutlich auf dem Tisch, Lady Trevithick steckte sie ein und gab sie Lord Kemble als Bezahlung für das Laudanum, das er ihr brachte.“ Entschuldigend zuckte sie die Achseln. „Sie konnte der Versuchung wohl nicht widerstehen ...“
„... und tappte in die Falle, die ihre Schwägerin ihr stellte!“, fiel Justin mit anerkennendem Grinsen ein. „Als welch glänzende Strategin Lady Salome sich erweist! Richtete sie es doch so ein, dass möglichst viele Zeugen zugegen waren, als sie Anklage gegen Kemble erhob ...“
„... sodass er sich nur schwer herausreden konnte!“, beendete Marcus zornfunkelnd den Satz. „Seine Behauptung, er habe das Kleinod gerade erst vom Boden aufgehoben, damit niemand versehentlich darauf trat, ist einfach lächerlich.“
Ärgerlich stöhnte er auf. „Welch ein Jammer, dass wir ihn laufen lassen mussten!“
„Das mussten wir zweifellos“, betonte Beth entschieden, „wollten wir doch die Rolle, die deine Mutter in diesem traurigen Lehrstück spielte, keinesfalls ins Rampenlicht stellen.“
„Mein Fehler war es, niemandem anzuvertrauen, dass Mama schon seit einiger Zeit den Hang dazu entwickelte, Schmuckstücke zu entwenden“, bekannte Eleanor. „Es tut mir schrecklich leid, Beth, ist doch das zu den Trevithick-Rubinen gehörende Armband durch meine Schuld verloren! Aber ich traute erst meiner eigenen Wahrnehmung nicht, bis dann auch Charlottes Perlen verschwanden ...“
Beth schüttelte den Kopf. „Beruhige dich Nell. Wir alle unterschätzten die Verzweiflung Lady Trevithicks! Wie lächelten wir über sie und ihr Arznei-Fläschchen, aus dem sie immer
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