04 - komplett
guten Mutes; jetzt wird sich alles lösen“, sprach Charlotte ihr beruhigend zu.
„Ich vertraue darauf, dass Marcus und Justin sich als Gentlemen erweisen und Kit um Pardon bitten!“
„Ich gestehe, dass ich sehr froh bin, wenn die Lage sich normalisiert“, bekannte Beth, nachdem sie sich versichert hatte, dass Eleanors Mutter außer Hörweite war. „Die letzten Tage verliefen wirklich äußerst schwierig! Ich bin sehr wohl in der Lage, Marcus zurückzuweisen – wenn ihr mich recht versteht, aber die angespannte Atmosphäre, die daraus resultiert, ist schier unerträglich!“
„Ich verstehe dich nur zu gut!“, pflichtete Charlotte ihrer Cousine bei. „Auch ich werde ein Ende dieses besonderen Streiks keinesfalls bedauern. Wer aber hätte wohl für möglich gehalten, dass Lady Salome uns mit solchen Neuigkeiten überraschen würde?“ Damit fiel ihr Blick fragend auf Eleanor. „Du wirkst etwas unpässlich, Nell, fühlst du dich etwa krank? Was sagst du, Beth, sieht sie nicht blass aus?“
„Ja, schon, doch wird es der Ärmsten schwerlich helfen, wenn wir viel darüber reden!“, antwortete Beth. „Komm, setz dich zu mir, Nell“, bat sie und klopfte neben sich aufs Sofa.
Mit gemischten Gefühlen folgte Eleanor ihrer freundlichen Aufforderung, plagte sie doch ein schlechtes Gewissen, weil sie den Entschluss, ihre Ehe annullieren zu lassen, vor den Freundinnen noch geheim hielt.
„Welche Erleichterung, dass nicht nur Ruhe in unser Eheleben einkehren wird, sondern die gesamte Familie in Frieden zueinanderfindet!“, sagte Charlotte in frohem Ton. „Ich gestehe, es gab Zeiten, in denen ich keinen Weg mehr sah, die Streitigkeiten zu beenden; jetzt aber habe ich echte Hoffnung auf Versöhnung.“
Eleanors Unbehagen wuchs, denn sie war ja im Begriff, die kaum wiedererlangte Harmonie im Familiengefüge erneut zu zerstören. Schon am nächsten Tag wollte sie Marcus um seine Hilfe bei den ersten Schritten zur Auflösung ihrer Ehe bitten.
„Glaubt ihr, dass Lady Salome schon fertig mit ihren Enthüllungen ist?“, fragte sie im Flüsterton und warf einen scheuen Blick durch den Raum, wo diese mit Lady Trevithick plaudernd beim Tee zusammensaß. „Mich plagt die finstere Ahnung, sie könne noch andere Überraschungen aus dem Ärmel ziehen!“
„Du klingst, als ob du dich vor etwas fürchtest, Nell“, bemerkte Beth, „und hast womöglich recht damit. Auch mir will scheinen, dass deine Tante ihr Pulver noch nicht verschossen, sondern noch weitere Geheimnisse aufzudecken hat!“
Als die Gentlemen wieder zu den Damen stießen, begannen auch die ersten Gäste einzutreffen, die Beth und Marcus am Eingang empfingen, während die restlichen Familienmitglieder nach und nach zum Ballsaal hinüberschlenderten.
Eleanor war verblüfft darüber, wie prompt alle Animositäten zwischen den Gentlemen beigelegt waren, die unbeschwert, ja, kameradschaftlich miteinander sprachen. Fast fühlte sie sich ausgeschlossen und darob gekränkt, gab dieser Regung aber nicht nach, war es doch nur – wie Beth gern sagte – wieder einmal bezeichnend für die Männerwelt!
Dieses Gefühl der Verlassenheit ereilte sie erneut, als Kit seine Schwester zum Tanz führte, Marcus seine Gattin, und Justin Lady Salome aufforderte. Da Eleanor übrig blieb, konnte sie sich nur zu ihrer Mutter setzen, was ihr gleichsam einen Vorgeschmack auf ihr Leben nach der Auflösung ihrer Ehe bescherte. Aufgrund des Skandals würde ihre Familie sie aus der Öffentlichkeit verbannen, und sie würde stets allein zu Hause sitzen ...
Sie schluckte, da ihr die Tränen kamen, und schaute mit brennenden Augen zu, wie Marcus mit Beth tanzte. Die beiden bildeten ein schönes Paar und wirkten wunderbar vertraut miteinander, ja glücklich. Ähnlich glücklich, wie sie selbst vor erst ein paar Monaten mit Kit zu werden hoffte ...
„Darf ich bitten, Nell?“, fragte Marcus lächelnd, nachdem er seine Gattin zu ihrem Stuhl neben Lady Trevithick zurückbegleitet hatte. Er wirkte gelöster, jungenhaft und fröhlich. Ihr Herz dagegen war schwer wie ein Felsblock.
„Gern, Marcus“, antwortete sie, als sie seine Hand fasste und beide sich in die nächste Formation einreihten. „Du wirkst erleichtert; wohl in der Aussicht, dass Beth sich euren häuslichen ... Gesprächen nicht länger verweigern wird?“, setzte sie hintersinnig hinzu.
„So warst du also in unseren Ehekrieg eingeweiht!“, stellte ihr Bruder schmunzelnd fest. „Ich gebe zu, dass ich das Ende eines
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