04 - komplett
der Faust auf die Lehne der Bank. „Ich bin gekommen, damit du und Charlotte dies nicht von Eleanor selbst oder, schlimmer gar, von ihrem Bruder, deinem Gatten, erfahrt. Denn es ist mein Wunsch, es dir selbst mitzuteilen!“
„Kit ...“, sagte sie entsetzt und legte mitfühlend ihre Hand auf die seine.
„Ich verstehe ihre Beweggründe nicht“, murmelte er schmerzlich bewegt. „Sie will einfach nicht damit herausrücken. Dabei hat sie sogar zugegeben, dass sie mich liebt! All das ergibt keinen Sinn ... Vergeblich zermartere ich mir das Hirn. Letzte Nacht hielt ich es sogar für möglich, einer ihrer sogenannten Bewunderer habe sie während meiner Abwesenheit verletzt ...“ Stöhnend brach er ab. „Doch kann ich das nicht glauben!“, sprach er gequält weiter. „In meinem Innern weiß ich, dass sie keinem anderen Mann gehörte.“
Urplötzlich fuhr er heftig zu seiner Cousine herum, dass sie zusammenzuckte.
„Beth“, stieß er aus, „du warst mit Eleanor zusammen, während ich im Ausland weilte. Was ist ihr zugestoßen?“
Erschreckt kniff Beth die Augen zusammen. Schon lange hatte sie sich vor einer solchen Frage gefürchtet. Sie hing treu an ihrem Cousin, dem sie nur in aller Aufrichtigkeit begegnen mochte, wusste aber, dass Eleanor allein das Recht besaß, ihm ihr Geheimnis zu enthüllen. Kit bemerkte Beths Zögern und fasste hart ihr Handgelenk, während er sie mit Blicken schier zu durchbohren schien.
„Heraus mit der Sprache!“, befahl er. „Ich sehe, dass du etwas weißt!“
„Du tust mir weh, Kit!“, sagte Beth mit fester Stimme. „Fasse dich und gib meine Hand frei. Wenn du mich ängstigst, kann ich dir nicht helfen!“
Nach einem Moment angespannten Schweigens ließ Kit sie los und schüttelte wie benommen den Kopf.
„Verzeih mir, Beth“, bat er, „ich wollte dir nicht wehtun. Mir ist nur, als ob ich den Verstand verliere ...“
„Ich verstehe wohl, wie dir zumute ist“, räumte seine Cousine ein, indem sie ihm beruhigend den Arm klopfte. „Höre mir gut zu, Kit, und lass mich ausreden, magst du auch versucht sein, mich zu unterbrechen. Ich gebe zu, das zu wissen, was Eleanor dir verschweigt, doch kann ich nichts darüber verraten. Nein, halte ein!“, gebot sie ihm und hob abwehrend die Hand, da er schon Luft holte, um ihr ins Wort zu fallen.
„Eleanor allein kann dir die Wahrheit sagen! Ich verspreche dir jedoch, mit ihr zu reden, um sie zu überzeugen. Sie muss sich überwinden, sich dir anzuvertrauen. Ich hingegen darf dir nichts erzählen. Es geht um Eleanors – und deine – ureigenste Angelegenheit, was du später erst richtig verstehen wirst. Doch schwöre ich ...“, hier fasste sie seine Hand, „... dass niemand ihr etwas angetan hat. Es handelt sich um etwas anderes, das euch beide ganz allein angeht. Du darfst nur nicht daran zweifeln“, fuhr sie mit Tränen in den Augen fort, „dass Eleanor dich wirklich liebt!
Doch ist die Angst, die sie erfüllt, entsetzlich groß. Bitte verzeih mir, Kit, das ist alles, was ich sagen kann.“
Hierauf herrschte Schweigen, nur unterbrochen vom leisen Plätschern des Brunnens.
Beth straffte sich. „Marcus gibt heute eine Abendgesellschaft, Lady Salome zu Ehren“, sagte sie und lächelte ihrem Cousin ermutigend zu. „Obwohl es wohl das Letzte ist, was du gern tun möchtest, bitte ich dich von Herzen, mit Eleanor herzukommen. Es ist außerordentlich wichtig, denn ich hoffe, dass der Schleier von einigen Familiengeheimnissen gelüftet wird!“
11. KAPITEL
Die Gesellschaft, die sich an diesem Abend in Trevithick House zusammenfand, schien alles andere als in Feststimmung, war man doch eher gezwungenermaßen versammelt, um Lady Salome die Ehre zu geben. Nach einem Dinner im Familienkreis sollte ein Ball für ausgesuchte Freunde stattfinden. Vorerst aber saß man bei einem erlesenen Dinner beisammen und bemühte sich steif um höfliche Konversation.
Eleanor jedoch, zwischen Kit und Justin platziert, vermochte weder mit dem einen noch mit dem anderen ein Wort zu wechseln. Die Aufmerksamkeit ihres Cousins ruhte ohnehin auf seiner Gattin, als könne allein ihr Anblick einem Hunger abhelfen, den andere Speisen zu stillen nicht imstande waren. Kit aber befleißigte sich kühler Höflichkeit und hätte in seiner Distanziertheit auch als völlig Fremder gelten können.
So stocherte sie auf ihrem Teller herum und fühlte sich miserabel.
Nebenan unterhielt Lady Salome sich mit Marcus, der Beth indessen mit erbitterten Blicken
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