04 - komplett
ist. Ich erlaube euch nicht, so kurz vor meiner Hochzeit eine Verwundung oder gar den Tod zu riskieren.“
„Cassie“, sagte Jack behutsam. „Du verstehst das nicht. Eine Forderung ist ausgesprochen worden. Die Ehre verlangt, dass man darauf antwortet.“
Cassie blieb beharrlich. „Ich sehe nicht ein, warum. Ihr könnt euch entschuldigen, euch die Hände geben und es vergessen. Major Saunders hat sich sehr albern verhalten, aber ich bin bereit, den Zwischenfall nicht ernst zu nehmen. Und euch beiden werde ich verzeihen – wenn ihr vernünftig seid.“
„Ich lasse mir nicht auf diese Weise Vorschriften machen“, sagte Vincent kühl. „Du bist meine Verlobte und ...“
„Solltest du auf diesem Wahnsinn bestehen, Vincent“, unterbrach Cassie ihn, blass, aber entschlossen, „dann werde ich niemals deine Frau werden!“
Sie würde alles tun, um ihn vor dieser Gefahr zu retten. Der Gedanke, ihn zu verlieren, ließ sie erstarren vor Angst. Bis zu diesem Augenblick war ihr selbst nicht bewusst gewesen, wie tief ihre Gefühle für ihn gingen. Sie könnte ein Leben ohne ihn nicht ertragen.
„Cassie, meine Liebe! Niemals Vincents Frau werden?“, rief Lady Longbourne, die mitten in diese angespannte Szene platzte und Cassies Worte prompt missverstand.
„Du willst die Hochzeit absagen? Oh nein, mein Liebes!“ Dann fiel ihr Blick auf den Major, und sie wandte sich vorwurfsvoll an ihn. „Das ist alles nur Ihre Schuld, Major.
Sie gemeiner Mensch! Wie können Sie es wagen, uns Cassie fortzunehmen?“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Oh, Cassie, du darfst uns nicht verlassen und mit diesem grässlichen Mann fortgehen.“
„Ich gehe mit niemandem fort“, beruhigte Cassie sie.
„Du musst Vincent heiraten, meine Liebe“, bat Lady Longbourne sie. „Alle wären schockiert, wenn du es nicht tätest.“
„Wirklich, Mama“, warf Vincent verärgert ein. „Cassie und ich werden uns auch allein einig werden.“
„Aber sie sagt doch, sie wird dir niemals verzeihen ... wenn ich auch nicht weiß, weswegen.“
„Ich werde ihm nie verzeihen, sollte er Major Saunders nur wegen eines kleines Missverständnisses töten“, erklärte Cassie.
„Töten!“, schrie Lady Longbourne entsetzt auf. „Dann liebst du den Schurken also doch!“
„Nein, natürlich nicht. Für mich ist der Major nur einer von Jacks Freunden. Aber ich lasse nicht zu, dass man ihn umbringt. Gewiss bin ich bereit, Vincent zu heiraten.
Sollte er allerdings weiterhin auf diesem dummen Duell bestehen ...“
„Ein Duell?“ Lady Longbourne packte ihren Sohn am Arm. „Carlton, mir ist nicht gut.
Ich fürchte, ich werde gleich ohnmächtig ...“
„Mama?“ Vincent sah sie bestürzt an. „Jetzt ist nicht die Zeit, um ...Mama? Mama!“
Er stützte sie, als sie zu wanken begann. „Mama, verzeih mir. Bitte, werde nicht ohnmächtig!“
Lady Longbourne konnte nicht gerade zierlich genannt werden. Nur mit Jacks Hilfe konnte Vincent sie zum Sofa tragen, wo sie schlaff dalag, bis Cassie ihr ein Riechfläschchen unter die Nase hielt. Sie stöhnte ein wenig, öffnete die Augen und brach prompt in Tränen aus.
„Ach, verlass mich nicht, Cassie“, schluchzte sie. „Ich könnte es nicht ertragen. Du bist mir so sehr ans Herz gewachsen, als wärst du meine Tochter. Wenn du gehst, habe ich nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte ...“
Es war schamlose Erpressung, keiner von ihnen, Cassie am wenigsten, machte sich da etwas vor. Doch wie sollte sie einer solch dringenden Bitte widerstehen? Sie beugte sich über ihre zukünftige Schwiegermutter und tätschelte ihr die Hand.
Lady Longbourne warf ihrem Sohn einen strengen Blick zu. „Geh, Carlton. Liegt dir mein Glück auch nur ein wenig am Herzen, wirst du das Richtige tun.“
Vincent erkannte, dass man ihm hier eine Fluchtmöglichkeit bot, und dankte seiner klugen Mutter insgeheim. „Wie du wünschst, Mama. Vielleicht ziehen wir uns besser in die Bibliothek zurück, wo wir die Angelegenheit näher besprechen können, Gentlemen.“
Als Cassie ihnen folgen wollte, klammerte Lady Longbourne sich unnachgiebig an sie.
„Nein, nein, du musst bei mir bleiben. Sie werden schon eine Lösung finden, meine Liebe.“
Cassie blieb nichts anderes übrig, als Vincent noch einen letzten ernsten Blick zuzuwerfen, dann waren die Männer gegangen. Lady Longbourne stöhnte wieder leise, und Cassie beugte sich besorgt über sie.
„Fühlen Sie sich sehr unwohl? Soll ich den Arzt kommen
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