04 - komplett
nicht wahr?“ Cassie nickte niedergeschlagen. „Weißt du, ich glaubte, niemand könnte mir je so nahe sein wie Jack. Vielleicht hatte ich auch ein wenig Angst davor, wieder zu lieben und auch diesen Menschen zu verlieren. Mir genügten ein gleichmütiger Gatte und eine angesehene Stellung in der Gesellschaft.
Viele Leute waren sehr abscheulich zu mir, nachdem mein Vater sich erschoss.“
Vincent nahm ihre Hand in seine. „Nun, deine Stellung in der guten Gesellschaft hast du nun ja, da es so wichtig für dich ist, meine Liebste.“ Er zwinkerte ihr schelmisch zu. „Aber gestern Abend hast du wohl erkannt, dass ich einen gravierenden Charakterfehler habe. Leider ist Gleichmut das Letzte, was ich empfinde, wenn ein anderer Mann meiner Frau Avancen macht. Hätte Mama sich nicht eingemischt, hätte ich Saunders verprügelt.“
„Sie hat ihre Rolle sehr gut gespielt, nicht wahr?“, sagte Cassie lachend. „Es ist erstaunlich, wie sie es schafft, nach Belieben ohnmächtig zu werden.“
„Du meinst, sie ist eine schamlose Erpresserin, die ihre weibliche Tücke zu ihrem Vorteil ausnutzt.“ Vincent lächelte, doch dann wurde er ernst. „Ich konnte Saunders’
Herausforderung nicht ausweichen, Cassie.“
„Ja, ich weiß. Das ist mir später klar geworden.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Deine Mutter hat mir übrigens erzählt, wie dein Vater und Sir Bertram einmal ein Duell um sie ausfochten. Und dass es damit endete, dass sich beide betranken.“
„Wirklich?“ Vincent lachte. „Das wusste ich gar nicht. Obwohl ich natürlich wusste, dass sie schon in Bertie verliebt war, bevor mein Vater starb. Nach seinem tödlichen Reitunfall wartete sie allerdings ganze sechs Monate, bevor sie Bertie heiratete, und ich glaube nicht, dass sie vor der Hochzeit ... Du weißt schon. Was Berties beachtliche Selbstbeherrschung beweist, meinst du nicht auch?“
„Ich denke, es muss eine jener ganz besonderen Beziehungen gewesen sein“, erwiderte Cassie nachdenklich. „Deswegen möchte sie auch nicht wieder heiraten.
Du darfst dir keine allzu großen Hoffnungen machen, Vinnie.“
Er seufzte. „Ich weiß. Es war nur, weil sie sonst keinen Sinn in ihrem Leben zu haben scheint. Ich konnte es nicht ertragen, sie so unglücklich zu sehen. Aber jetzt geht es ihr besser. Sie hat dich sehr ins Herz geschlossen.“
„Und Sarah auch. Bald wird sie Enkelkinder bekommen, Vinnie, die sie sicher vergöttern wird. Selbstverständlich werden wir alle darauf achten, dass sie nie zu lange allein ist.“
„Enkelkinder?“ Er hob fragend die Augenbrauen. „Soll ich daraus etwa schließen, du gedenkst doch, mich zu heiraten?“
„Vielleicht“, sagte sie herausfordernd. „Wenn du mich davon überzeugen kannst, dass eine Ehe mit dir mir zum Vorteil gereichen würde.“
„Und wie soll ich das tun, Cassie?“, fragte er belustigt.
„Nun ja“, sagte sie langsam, als müsse sie überlegen. „Du könntest damit beginnen, dass du mich küsst, wie du es in deiner Bibliothek getan hast. Und du könntest damit fortfahren, dass du mir erklärst, warum du mich heiraten möchtest.“
„Du kennst die Antwort doch.“ Er streckte die Arme nach ihr aus. „Dieses eine Mal in seinem Leben hat Septimus tatsächlich recht. Du bist wirklich eine richtig kleine Spitzbübin.“
„Du hast mir noch nicht geantwortet“, rief sie und sprang hastig auf, als er die Arme um sie legen wollte. „Die Zeit verrinnt, Vinnie. Du musst dich bald entscheiden.“
Sie warf ihm einen schelmischen Blick zu und lief davon. Ohne zu zögern, setzte Vincent ihr nach und hatte sie schon bald erreicht. Geschickt packte er sie, drehte sie zu sich herum und küsste sie.
Es war ein so langer, leidenschaftlicher Kuss, dass Cassie meinte, gleich ohnmächtig zu werden. Sie taumelte und seufzte, als Vincent sie schließlich freigab. Dann lächelte sie zu ihm auf und lehnte den Kopf an seine Schulter.
Er küsste sie aufs Haar. „Du duftest nach Blumen“, sagte er heiser. „Weißt du eigentlich, dass du mich verhext hast, Cassie? Ich kann seit Wochen an nichts anderes denken als an dich.“
Seufzend schmiegte sie sich an ihn. „Und du hast mir das Herz gebrochen“, sagte sie fast vorwurfsvoll.
„Wirklich?“ Er klang verwundert. „Du hast dir nichts anmerken lassen. Ich hatte eher den Eindruck gewonnen, dass dir nicht besonders viel an mir liegt. Wusstest du denn nicht, wie sehr ich dich anbete?“
„Ein einziges Mal dachte ich ganz kurz, du müsstest mich
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