04 - komplett
Vinnie, warum legt ihr Gentlemen so viel Wert darauf?“
„Sei vorsichtig, kleine Hexe! Sonst werde ich mich nicht beherrschen können.“
„Vielleicht ist es ja genau das, was ich möchte. Siehst du, ich bin schließlich kein Gentleman.“
Cassie seufzte in der Erinnerung an seine mehr als zufriedenstellende Antwort auf ihr Necken. Sie drehte sich zu Lady Longbourne um, die ein letztes Mal ihr Kleid zurechtzupfte, und nieste dann gleich dreimal hintereinander.
„Cassie!“, rief Ihre Ladyschaft erschrocken. „Ich hoffe, du hast dich nicht erkältet, mein Kind.“
„Aber nein“, sagte Cassie. „Die arme Janet warnte mich zwar davor, mich bei ihr anzustecken. Was albern ist, da ich mich nie erkälte.“
„Fordere nicht das Schicksal heraus, Liebes“, meinte Lady Longbourne ängstlich, als Cassie erneut niesen musste. „Du hast auch ganz rote Wangen. Ich dachte, es käme von der Aufregung, aber jetzt bin ich mir nicht so sicher.“
„Mach dir keine Sorgen.“ Cassie betrachtete sich wieder im Spiegel. Sie war wirklich ziemlich rot im Gesicht, und ihr war auch seltsam warm. „Nein, nein, es geht mir gut.“
Die Kirche war zum Bersten voll mit den Freunden des Brautpaars. Cassie schritt am Arm ihres Bruders auf Vincent zu. Jacks Anwesenheit erregte einiges Aufsehen, wie nicht anders zu erwarten, doch die meisten hatten inzwischen erfahren, dass er am Leben war, und freuten sich von ganzem Herzen, ihn wiederzusehen.
Cassie sah sehr gut aus, wie alle fanden, ganz besonders für ein Mädchen, das bisher allgemein für unscheinbar gehalten wurde. Einigen fiel jedoch ihr stark geröteter Teint auf, der so gar nicht zu ihr passte.
Als Vincent sie liebevoll ansah, lächelte Cassie glücklich, begann aber allmählich, sich etwas seltsam zu fühlen – ein wenig schwindlig und nicht ganz wohl. Es gelang ihr allerdings, das Ehegelübde zu sprechen und stolz an der Seite Vincents die Kirche zu verlassen. Ihre Hand auf seinem Arm zitterte, während Rosenblätter über sie gestreut wurden, doch sie lächelte nur, als Vincent sie fragend ansah. Sie wollte niemanden wissen lassen, wie krank sie sich fühlte. Dennoch wünschte sie, die Glocken würden nicht ganz so laut läuten. Der Kopf schien ihr bersten zu wollen, und sie fror.
Cassie war aus härterem Holz geschnitzt, als dass sie sich von einer kleinen Erkältung bezwingen ließe. Zurück auf Longbourne, eilte sie auf ihr Zimmer und benetzte sich das erhitzte Gesicht mit kaltem Wasser. Sie bat Janet, die inzwischen wieder auf den Beinen war, ihr ein mit Wasser und Zucker verdünntes Glas Brandy einzuschenken.
„Sie haben sich von mir anstecken lassen“, stellte Janet bestürzt fest. „Genau, was ich befürchtete. Noch dazu an Ihrem Hochzeitstag!“
„Nun, das lässt sich nun auch nicht mehr ändern“, meinte Cassie achselzuckend.
„Wenigstens scheine ich bisher nur Fieber zu haben. Meine Nase läuft jedenfalls nicht, wofür wir dankbar sein sollten.“
Janet konnte sie nicht davon abhalten, zur Feier und ihren Gästen hinunterzugehen.
Der Brandy half ein wenig, aber Cassie fühlte sich noch schwindliger. Sie schaffte es jedoch, lächelnd an Vincents Seite die Glückwünsche ihrer Freunde entgegenzunehmen.
„Deine Wangen sind ganz rot“, sagte Jack später, als er sie liebevoll küsste. „Und du fühlst dich heiß an. Bist du etwa krank, Cassie?“
„Es ist nur eine leichte Erkältung“, flüsterte sie. „Mir geht es bestimmt besser, wenn wir uns nachher alle hinsetzen.“
Sie fühlte sich tatsächlich besser, aber sie brachte keinen Bissen hinunter. Die Reden schienen nicht enden zu wollen, sodass Cassie sich hier und da mit einem kleinen Schluck Wein stärken musste. Der Wein schien zu helfen, doch alles um sie herum klang, als käme es aus weiter Ferne. Sie hatte Kopfschmerzen, und der Hals tat ihr ebenfalls weh.
„Was ist, Cassie?“, fragte Vincent sie besorgt. „Geht es dir nicht gut?“
„Nein, nein“, versicherte sie ihm. „Es geht mir wunderbar.“
Danach gelang es ihr sogar, die Torte anzuschneiden, obwohl ihr die Hand zitterte.
Doch als die Musik einsetzte und alle die Braut und den Bräutigam zum Tanz drängten, war Cassie am Ende ihrer Kräfte.
Tapfer erhob sie sich, sobald sie sich allerdings zu bewegen versuchte, stolperte sie und fiel gegen Vincent. Er hielt sie fest und sah sie forschend an, als er den Brandygeruch in ihrem Atem wahrnahm.
„Hast du Branntwein getrunken, Cassie?“
„Nur mit Wasser und ein
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