04 - komplett
lieben“, sagte sie nachdenklich. „Warum schienst du so gequält, als du mir den Antrag machtest, Vinnie?“
„Daran war mein idiotischer Halbbruder schuld.“ Er erklärte ihr, was Harry getan hatte. „Ich wusste nicht, was ich tun sollte, Cassie. Wärst du nicht mit meinem Ring an deinem Finger in die Gesellschaft eingeführt worden, hätte man sich den Mund über dich zerrissen. Ich wollte offen mit dir sein, aber gleichzeitig fürchtete ich mich davor, dir die Wahrheit zu sagen.“
„Und was war die Wahrheit?“
„Dass ich mich unsterblich in dich verliebt hatte, was sonst? Allerdings fürchtete ich, dich zu verlieren, solltest du je die Geschichte mit den Strohhalmen erfahren.“
„Du brauchst keine Angst zu haben, du könntest mich verlieren.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund. „Und was den Unsinn von gestern Abend angeht ... du musst doch wissen, warum ich das Duell verhindern wollte.“
„Weil du wohl dachtest, einer von uns könnte getötet werden.“
„Vor allem du, Vinnie. Ich wollte nicht, dass du stirbst.“ Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Du hast ja vielleicht nicht darüber nachgedacht, aber es hätte wirklich unsere Hochzeit ruiniert, weißt du.“
„Oh, Cassie! Du kleine Hexe!“ Vincent war richtig verzaubert. „Werde ich dich je übertrumpfen? Werde ich dich jemals lehren, wie man seinem Mann den nötigen Respekt erweist?“
„Du kannst es ja versuchen“, erwiderte sie. „Ich weiß nur nicht, ob es dir gelingen wird.“
„Ich auch nicht“, meinte er trocken. „Aber wenn wir uns auf halbem Wege entgegenkommen könnten, so wie heute. Das würde mir sogar noch besser gefallen.“
„Oh ja“, stimmte sie zu. „Das könnte ich dir schon eher versprechen, mein liebster Vinnie.“
Er reichte ihr die Hand. „Wollen wir nach Hause gehen? Mama wird sich die Haare raufen vor Sorge, wenn wir ihr nicht bald versichern, dass alles gut ist.“
„Oh, ich glaube, sie hat keinen Moment daran gezweifelt“, sagte Cassie. „Sie ist viel weiser, als du ahnst.“
13. KAPITEL
„Du bist so wunderschön, meine Liebe.“ Lady Longbourne betupfte sich die Augen mit ihrem Spitzentuch. Dieses Mal waren die Tränen sogar echt.
Cassie lächelte. „Es ist nur das Kleid, Mama, und die Diamanten, die Vincent mir geschickt hat. Ich bin immer noch die unscheinbare kleine Cassandra Thornton vom Nachbarsgut.“
„Nun, als kleines Mädchen warst du vielleicht ein wenig blass“, gab Lady Longbourne zu. „Aber jetzt bist du es bestimmt nicht mehr. Du strahlst von innen heraus. Carlton schätzt sich bestimmt überglücklich, eine so liebreizende Braut zu haben.“
„Vielleicht, aber verliebte Gentlemen sind eben blind für die Fehler ihrer Geliebten.
Keine Sorge, er wird sich bald davon erholen.“
„Bertie tat es nicht.“ Ihre Ladyschaft seufzte wehmütig. „Bis zu seinem letzten Atemzug blieb er in mich verliebt. So wie ich in ihn. Glaube niemandem, der behauptet, Liebe sei vergänglich, mein Liebes. Von dir hängt es ab, sie für immer lebendig zu erhalten.“
Cassie küsste sie voller Zuneigung auf die Wange. „Ich wäre sehr glücklich, könnte ich in meinem Mann dieselbe Ergebenheit wecken wie du in deinem Gemahl.“
Lady Longbourne tätschelte ihr gerührt die Hand. „Ich denke, das ist dir schon gelungen.“
Nachdenklich betrachtete Cassie sich im Spiegel. Sie sah in der Tat recht hübsch aus in ihrem großartigen Kleid aus cremefarbener Seide und zartester Spitze. Dazu trug sie einen eindrucksvollen Kopfschmuck aus Seidenblüten, in die sie die Carlton-Diamanten geflochten hatte. Sie hoffte, dass Vinnie nicht entsetzt sein würde darüber, wie sie die Diamanten seiner Großmutter verwendete. Am Hals trug sie stattdessen die schlichte Kette, die er ihr am Tag ihrer Verlobung geschenkt hatte.
Es fiel ihr immer noch schwer, sich vorzustellen, dass Vinnie sie tatsächlich liebte.
Aber die Küsse, die er ihr im Wald gegeben hatte, bevor sie Hand in Hand zum Haus zurückgekehrt waren, ließen sie nicht länger zweifeln.
„Wenn ich kein Gentleman wäre“, hatte er ihr mit rauer Stimme zugeflüstert, „würde ich dich hier und jetzt lieben, Cassie. Ich begehre dich so sehr, mein Liebling, und ich bin nicht so geduldig wie Sir Bertram.“
„Nein, mein Liebster?“ Sie hatte gelächelt und zärtlich seine Wange berührt. „Dieses ganze Getue um die Ehre muss doch hin und wieder recht ärgerlich sein, meinst du nicht? Sag mir bitte,
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