04 - Lebe lieber untot
meiner Brust vorgearbeitet, als Mama gegen zehn Uhr endlich auftauchte.
Sie trug einen alten violetten Kittel, darüber eine durchsichtige Plastikschürze und eine Schutzbrille.
Angesichts der Gummistiefel, die ihre Füße bedeckten, hob ich eine Augenbraue.
Sie zuckte die Achseln. „Wenn die erst mal anfangen sich zu übergeben, kann's unten rum ganz schön feucht werden.“
Ich blickte auf meine Flipflops. Das sagte sie mir jetzt erst.
„Wo willst du sie hinhaben?“, fragte Crusher, der soeben durch die Tür kam, Margaret Weisenbaum wie ein Paket in den Armen tragend. Ihre Hände und Füße waren gefesselt, ihr Mund mit Klebeband verschlossen. In seinen Augen war ein schadenfrohes Leuchten zu sehen, als wäre er froh, auch endlich ein wenig Spaß haben zu können, statt nur den Chauffeur zu spielen.
Oh, oh. Jetzt geht das mit den Schichten schon wieder los.
„Gleich neben den Altar“, wies Mama ihren Sohn an und führte ihn sogleich dorthin, wo schon Evie lag.
Ich folgte ihnen auf dem Fuß.
Ich tippte Mama auf die Schulter. „Was macht sie denn hier?“
„Der Dämon muss doch irgendwo hingehen, meine Liebe. Ich krieg meine Oberweite ja jetzt schon kaum in dem Korsett unter, da ist nicht mal mehr Platz für ein Tic Tac, geschweige denn für einen Dämon. Und Sie“, sie warf mir einen Blick zu, „Sie scheinen mir nicht gerade der typische hartgesottene Vampir zu sein.“
„Nicht frech genug?“
„Nicht blutdürstig genug. Wann haben Sie denn zum letzten Mal jemanden tatsächlich gebissen?“
Okay, also, mein letzter offizieller Zubiss war Ty gewesen. Aber da war ich schwer verwundet und außer mir vor Schmerzen gewesen, und er hatte mich dazu gedrängt.
Nein, das letzte Mal, dass ich tatsächlich jemanden zur Strecke gebracht und dann meine Fänge in seinen Hals versenkt hatte, war während der Prohibition gewesen.
Die Ninas und ich waren auf einer Party gewesen und hatten ein bisschen zu viel getrunken (fängt es nicht immer so an?); jedenfalls war ich völlig neben der Spur gewesen, und er war da, und eins hatte zum anderen geführt. Und dann hatte ich von ihm getrunken. Aber genossen hatte ich es nicht. Zumindest glaube ich das.
Am nächsten Morgen erwarteten mich mordsmäßige Kopfschmerzen und ein Berg von Schuldgefühlen. Diese ganze Erfahrung hatte mich nur noch darin bestärkt, dass ich mit One-Night-Stands nichts mehr am Hut hatte. Ich hatte mir geschworen, nicht mehr zu beißen, und diesen Schwur bisher auch gehalten.
Bis Ty kam.
„Vor ein paar Monaten hab ich mir irgendwie was reingezogen.“
„Irgendwie?“
„Ich wollte es eigentlich gar nicht“, gab ich zu.
„Genau, was ich meine. Was soll das denn für ein Vampir sein, der nicht gerne beißt?“ Sie schüttelte den Kopf. „Sie wären für diesen Dämon eine leichte Beute.“
„Ich hab ihm schon einmal gegenübergestanden, und er ist nicht auf mich übergegangen.“
„Steckte er da in einem Menschen?“ Ich nickte, und sie fügte hinzu: „Dann war das der Grund. Kein Dämon würde freiwillig in einen Vampir fahren, es sei denn, er hätte keine andere Wahl. Wenn sein derzeitiges Gefäß im Sterben liegt oder der Allmächtige selbst ihn herauszwingen würde und er nicht wüsste, wohin er sonst gehen soll.“ Sie zeigte auf Margaret, die jetzt ein paar Meter von Evie entfernt lag. „Diese Frau ist so voller Hass, dass sie es nicht einmal bemerken würde, wenn Satan selbst in sie führe. Spioniert die ganze Nachbarschaft aus und sorgt ständig für Ärger. Sie hat sogar schon versucht, meinen lieben, süßen Marlon Brando umzubringen.“ „Gift?“
Sie nickte. „Sie hat ihm eine riesige Schokoladentorte vorgesetzt. Sie schwört Stein und Bein, dass sie es nicht war, aber ich habe die Schokolade selbst in ihrem Haus gerochen, als ich zu ihr hinüberging, um sie zur Rede zu stellen. Und die Kuchenform hab ich auch in der Spüle liegen sehen.“
Margaret murmelte „nichts als Indizien“, was sich aufgrund des Klebebands allerdings eher wie „michalsimipfen“ anhörte.
„Sie war es“, erklärte Mama und warf der Frau einen empörten Blick zu, bevor sie Crusher das Zeichen gab, uns allein zu lassen und im Wagen zu warten. „Ich weiß, dass sie es war.“
Ich wusste es ebenfalls.
Ich warf einen einzigen Blick in Margaret Weisenbaums Augen (diesmal ohne Nachtsichtbrille) und sah ein Sündenregister, so lang wie meine Kreditkartenrechnung.
Sie hatte ihren berühmt-berüchtigten dreistöckigen
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