04 - Lebe lieber untot
die Straße und machte sich auf den Weg zum Pfarrhaus. Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr und richtete meinen Blick auf den eigentlichen Kirchenraum.
Die Türen hatten sich erneut geöffnet, eine Gruppe von Chormitgliedern trat nach draußen. Ich erkannte eines von ihnen, und Vinnies Stimme hallte in meinem Kopf wider.
„Die Frau ist eine Heilige, sag ich Ihnen. Eine leibhaftige Heilige.“
Mir kam eine Idee, eine vollkommen verrückte, abgefahrene Idee, die vermutlich nicht funktionieren würde. Aber ich klammerte mich trotzdem daran, da ich nun mal nichts Besseres hatte. Ich setzte ein Lächeln auf.
Wenn ich keinen Priester finden konnte, dann würde ich mich halt mit dem Nächstbesten zufriedengeben.
„Mama Balducci?“ Ich erwischte sie gerade noch, bevor sie um die Ecke bog, in Richtung Gemeindesaal.
„Ja, meine Liebe?“ Unsere Blicke trafen sich, und sie erkannte mich. „Oh. Sie sind es.“ Der Vampir.
Die Wahrheit leuchtete grell in ihren Augen auf, und ich zögerte kurz. Ich war es nicht gewohnt, dass Menschen meine Identität erkannten, und irgendwie machte es mich schon verdammt nervös (und verursachte mir massive Schuldgefühle, weil ich das Erste Gebot der Gebürtigen Vampire brach: Du sollst dich unauffällig verhalten).
Auf der anderen Seite war es ja nicht meine Schuld, dass sie es wusste. Sie hatte eine Direktleitung nach oben, und das hieß, dass eventuelle Informationslecks auf jemanden zurückzuführen waren, der sich als wesentlich mächtiger herausstellte, als moi es war.
Ich nahm all meinen Mut zusammen. „Eine Freundin von mir steckt in Schwierigkeiten, und ich brauche dringend Ihre Hilfe. Kann ich Sie bitte kurz sprechen?“
Ich warf einen kurzen Blick auf die drei alten Frauen, die stehen geblieben waren, um auf sie zu warten.
„Unter vier Augen?“ Ich war ein offenes Buch für Teresa Balducci, aber das hieß noch lange nicht, dass ich mich vor der gesamten geriatrischen Gang outen musste.
Sie starrte mich lange an, bevor sie sich den anderen Frauen zuwandte. „Gehen Sie doch schon mal vor und nehmen sich ein Stück von der Mokkatorte. Ich komme gleich nach.“
„Ist sie schwanger?“, fragte Mama, nachdem die Frauen durch eine nahe gelegene Tür verschwunden waren.
„Ich bin ehrenamtlich im hiesigen Heim für unverheiratete Mütter tätig und würde ihr gern mit Rat und Tat zur Seite stehen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Sie ist nicht schwanger.“
Sie sah mich mit besorgter Miene an. „Drogen?“
Noch ein Kopfschütteln.
Ihr Gesicht wurde noch bedrückter. „Prostitution?“
„Besessenheit.“ So. Ich hatte es ausgesprochen.
Noch bevor ich eine Chance hatte, mich zu fragen, ob sie überhaupt an so etwas wie Besessenheit glaubte, hob Mama B. eine Augenbraue. „Wie besessen?“
Ich wies mit der Hand über die Straße auf den blauen Wagen.
Sie schob ihre Brille zurecht, während wir uns auf den Weg machten und den Asphalt überquerten. „Ist das mein Sohn da am Steuer?“
„Er hilft mir aus, im Gegenzug für einen Rabatt. Ich finde dafür eine Begleitung für seine Weihnachtsfeier.“
„Hey, Ma. Alles okay?“ Crusher winkte ihr kurz zu, bevor er sich wieder einer großen, bedrohlichen Waffe zuwandte, die er liebevoll polierte.
„Keine Sorge“, sagte ich, als sie die Stirn runzelte. „Ich sorge dafür, dass er die Leichenteile aus dem Handschuhfach räumt, bevor das Date stattfindet.“
Sie lächelte mir erleichtert zu und folgte mir zum Kofferraum.
Ich klopfte auf das Blech. „Öffnen Sie bitte“, sagte ich zu Crusher. Es machte klick, dann war ein leises Ächzen zu hören, und danach hob sich der Kofferraumdeckel. Ich zeigte auf Evie, die wie eine Mischung aus Linda Blair und einem gerupften Truthahn aussah.
„Ich brauche einen Exorzismus“, erklärte ich, während Mama ihre Zweistärkenbrille zurechtrückte und auf Evie hinabspähte, der grüner Schaum unter dem Tuch hervorquoll, das ich ihr um den Mund gebunden hatte.
„Eigentlich sollte er heute Abend stattfinden, aber der Priester, der ihn durchführen wollte, ist krank geworden.“
„Vater Duke.“ Sie nickte. „Er erledigt sämtliche schwarzen Exorzismen in Newark.“
„Da Vampire beim Klerus nicht sonderlich beliebt sind, kann ich die Kirche nicht in Anspruch nehmen, und mir läuft auch die Zeit weg. Sie sind so eine fromme Frau, da dachte ich, Sie kennen vielleicht jemanden, der mir helfen kann.“
Sie sah Evie noch ein Weilchen an, bevor sie sich wieder
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