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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kakho-Oto meinte:
    „So muß ich euch verlassen. Werdet ihr mir aber vertrauen? Werdet Ihr mir zutrauen, daß ich nichts tue, was euch schaden könnte?“
    „Wir glauben an dich“, antwortete ich ihr in ihrer Muttersprache. „Wann dürfen wir dich wieder erwarten?“
    „Das weiß ich nicht. Ich gehe, um zu beobachten, was geschieht, um es euch dann zu sagen. Habe ich euch nichts zu berichten, so komme ich nicht. Erfahre ich aber Wichtiges, so kehre ich sehr schnell zurück. Wo treffe ich euch?“
    „Da, wo du willst.“
    „So bitte ich dich, möglichst dort, wo jetzt die Pferde stehen, zu bleiben. Begib dich nicht unnötig in Gefahr! Unternimm es vor allen Dingen nicht, uns zu beschleichen! Ich wache für euch. Meine Augen sind eure Augen! Ihr werdet alles erfahren, was ich selbst erfahren kann.“
    Ich versprach ihr diesen Wunsch zu erfüllen; dann entfernte sie sich. Wir aber blieben noch hier oben, um die vorüberziehenden Roten zu beobachten. Es dauerte lange Zeit, ehe die Sioux passiert waren. Dann kamen die Utahs. Es tat mir innerlich wehe, diese kurzsichtigen, haßerfüllten Leute so daherschleichen zu sehen.
    „Wer wird gewinnen?“ fragte das Herzle; „sie oder wir?“
    „Wir!“ antwortete ich zuversichtlich. „Siehst du nicht ganz deutlich, daß es nicht unser Verderben ist, welches da an uns vorüberzieht, sondern unser Sieg?“
    „Woran soll ich das merken?“
    „An ihrer Langsamkeit, ihrer Haltung, ihrer Gleichgültigkeit und, vor allen Dingen, an ihren leeren Futterbeuteln und Satteltaschen!“
    „Wieso?“
    Auch der ‚Junge Adler‘ sah mich fragend an.
    Ich fuhr fort: „Sie haben keinen Proviant, weder für sich, noch für ihre Pferde.“
    „Den bekommen sie doch jedenfalls von ihren jetzigen Verbündeten, den Kiowas und Komantschen.“
    „Das ändert nichts, denn das ist nur für einstweilen. Diese alten Indianer sind leichtsinniger, viel leichtsinniger, als früher die jungen jemals waren. Sie denken nur an die Vergangenheit und sind unfähig, die Gegenwart zu begreifen. Zog man früher in den Krieg, so tat man das in einzelnen Trupps, nicht aber gleich in der Stärke von tausend Mann. Und diese Trupps waren leicht zu erhalten und zu pflegen. Es gab Büffel zur Jagd, und der Weg wurde möglichst über die grasigsten Prärien genommen, die den Pferden das nötige Futter spendeten. Der Indianer machte im Frühling Fleisch für sechs Monate und im Herbst wieder Fleisch für sechs Monate. Da gäbe es große Vorräte von geriebenem und getrocknetem Fleisch, daß es zu jeder Zeit leicht war, sich für lange Kriegszüge zu verproviantieren. Wo sind jetzt die Büffel? Wo die anderen jagdbaren Tiere? Wo gibt es jetzt einen Indianer, der in seinem Zelt Fleischvorräte für Monate hat? Wo sind die Pferde, die es früher gab? Auf die man sich in Hunger und Durst, in Frost und Hitze, in Wind und Wetter, in jeder Gefahr und selbst beim schwersten, verwegensten Todesritt verlassen konnte? Das gäbe es früher; jetzt aber ist alles anders. Wer da glaubt, in der alten Weise verfahren zu können, der ist verloren. Mein Bärentöter hängt daheim. Mein Henrystutzen und meine Revolver stecken im Koffer. Sie haben sich überlebt. Was aber tun Kiktahan Schonka und Tusahga Saritsch? Sie sind ausgezogen mit tausend Sioux und tausend Utahs. Mit Leuten und mit Pferden, die keine Spur von Kriegsgewohnheit besitzen. Und, vor allen Dingen, ohne den nötigen Proviant! Nun sind sie gezwungen, bei den Kiowas und Komantschen zu betteln. Wo aber haben die ihre Fleisch- und Brotvorräte? Sie haben nichts! Auch sie werden ausziehen zu zwei Tausenden, zusammen also wahrscheinlich viertausend Mann und viertausend Pferde, ohne den mitzuschleppenden Troß! Woher den täglichen Proviant, das Futter, das Wasser für so unvernünftig viele nehmen? Es braucht kein einziger von ihnen erschossen oder erstochen zu werden. Sie kommen vor Hunger um, vor Hunger und Durst, alle, alle! Indem ich sie hier an uns vorbeireiten sehe, ist es mir, als ob sie nicht Körper seien, sondern verschmachtete Seelen, die nach dem Jenseits ziehen, um dort in ihren leeren, ewigen Jagdgründen vollends zu verhungern!“
    „Uff, uff!“ rief der ‚Junge Adler‘, dem meine Darstellung sofort einleuchtete.
    Das Herzle aber war still. Auch sie sah ein, daß ich recht hatte; aber diese Einsicht erhob sie nicht, sondern sie drückte sie nieder. Ihr gutes Herz sah sofort viertausend untergehende Menschen vor sich, und daß es unsere Aufgabe war, an

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