Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
diesem Untergang mitzuwirken, das tat ihr weh.
    Als der letzte der Utahs vorüber war, stiegen wir wieder hinab, versteckten die Leiter sehr sorgfältig, so daß sie selbst von einem scharfen Auge nicht entdeckt werden konnte, und kehrten dann zu Pappermann und unseren Pferden zurück.
    „Kakho-Oto war hier“, meldete er. „Sie sattelte sehr eilig und ritt dann fort. Sie sagte, Ihr wüßtet schon, wohin.“
    Nun schlugen wir das Zelt auf und machten es uns bequem. Ich war entschlossen, dem Wunsch unserer Freundin gehorsam zu sein und uns keiner Gefahr auszusetzen. Es war auf alle Fälle am besten, wir blieben hier still verborgen, ohne uns zu regen. So gab es also Zeit und Gelegenheit, das Vermächtnis meines Winnetou vorzunehmen und durchzusehen. Ich öffnete die Pakete, und dann waren wir beide, sowohl das Herzle, als auch ich, für den ganzen Vor- und Nachmittag in ihren Inhalt vertieft. Über diesen Inhalt habe ich an anderer Stelle zu sprechen; für jetzt will ich nur sagen, daß wir noch nie etwas Ähnliches gelesen hatten, und daß der Schatz, der sich uns hier auftat, unendlich größer war, als wenn er Gold und Edelsteine im Gewicht von vielen Zentnern enthalten hätte.
    Gegen Abend stellte sich Kakho-Oto ein. Sie meldete uns, daß die Kiowas, Komantschen, Utahs und Sioux nun alle versammelt seien, und zwar über viertausend Mann stark, von jedem Stamm etwas über tausend Krieger. Also genauso, wie ich es vermutet hatte. Am Vormittag hatte man gegessen. Am Nachmittag waren die verschiedensten Vorberatungen abgehalten worden. Es hatte sich nach langen Widersprüchen endlich Einigkeit ergeben, so daß eine nachträgliche Hauptberatung eigentlich überflüssig gewesen wäre, wenn sie nicht als Schlußzeremonie alles Vorhergehende zu krönen gehabt hätte.
    „Also diese Hauptberatung findet statt?“ fragte ich.
    „Ja“ antwortete die Freundin.
    „Wann?“
    „Grad um Mitternacht.“
    „Wenn ich doch dabei sein könnte, ohne gesehen zu werden!“
    Da fiel das stets besorgte Herzle schnell ein:
    „Nein! Daraus wird nichts! Das ist zu gefährlich!“
    „Wieso gefährlich?“
    „Wenn sie dich erwischen, ist es um dich geschehen! Ich als deine Frau habe vor allen Dingen darauf zu sehen, daß du zu jeder Zeit mir wenigstens am Leben bleibst!“
    Kakho-Oto lächelte. Das tat ich auch und fragte das Herzle:
    „Aber wenn es sich nun herausstellt, daß es nicht gefährlich ist?“
    „So gehe ich mit, um die Sache zu prüfen! Als Junggeselle Westmann sein, ist keine Kunst. Aber sich noch als Westmann gebärden, wenn man schon längst verheiratet ist und seine Frau bei sich hat, das wird einem jeden vernünftigen Mann so fern wie möglich liegen! Wenn wir Frauen einmal jemand belauschen, so wird gleich ein großes Hallo darüber gemacht. Aber wenn die Herren Männer im Wald herumkriechen, um Indianer zu behorchen, da behauptet man, es sei erstens notwendig und zweitens gehöre es zur Kühnheit und zum Heldentum. Ich habe da einen sehr guten Gedanken, der diese gefährliche Lauscherei vollständig unnötig macht.“
    „Welchen?“
    „Kakho-Oto nimmt an dieser Hauptberatung teil und sagt uns dann, was gesprochen worden ist.“
    Da lachte ich laut auf und antwortete:
    „Diesen Gedanken nennst du gut? Er ist so töricht wie möglich! Nie wird ein gewöhnliches weibliches Wesen an einer derartigen Häuptlingsversammlung teilnehmen dürfen!“
    „Wirklich nicht?“
    „Nein!“
    „Das ist eine Schande! Aber erfahren müssen wir auf alle Fälle, was beraten worden ist! Wie fangen wir das an?“
    Da lächelte die Freundin abermals und antwortete:
    „Ihr werdet bei dieser Versammlung zugegen sein.“
    „Wir? Wir beide?“ fragte das Herzle schnell.
    „Ja.“
    „Ich denke, als Frau darf ich nicht!“
    „Es geschieht im Geheimen. Niemand wird Euch sehen. Die Häuptlinge kommen nämlich nach dem ‚Haus den Todes‘. Der Medizinmann der Komantschen will es so, und der Medizinmann der Kiowas stimmt ihm bei. Sie behaupten, das ‚Haus des Todes‘ sei schon vor Jahrtausenden ein Beratungshaus der Anführer gewesen und solle es nach seiner Entdeckung jetzt nun wieder sein. Zugleich sei es die Begräbnisstätte der Häuptlinge. Weibern sei es bei sofortiger Todesstrafe verboten, gewöhnlichen Kriegern ebenso, außer sie kommen zur Bedienung der Häuptlinge mit.“
    „Das ist ja vortrefflich!“ meinte das Herzle. „Sie kommen also um Mitternacht?“
    „Ja, kurz vorher, denn die Zeremonie hat genau um Mitternacht

Weitere Kostenlose Bücher