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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Pappermann brachte die Suppe.
    „Nur Bouillon von der alten Henne“, sagte er. „Ist aber trotzdem gut!“
    Er setzte sie vor den Indsman hin; der aber rührte sich nicht. Da griff das Herzle zum Löffel und begann, ihrem Gast die Suppe einzuflößen. Darüber gab es drüben an der Tafel ein allgemeines Gelächter.
    „Die Hühnerbrühe ist eigentlich unser!“ sagte Howe. „Aber um des schönen Bildes willen wollen wir auf sie verzichten. Das Sujet heißt nun: ‚Die dreifach heilige Barmherzigkeit oder der verhungerte Indianer‘. In fünf Minuten fertig! Wer längere Zeit braucht, zahlt eine Flasche Brandy!“
    Da flogen die Stifte, und noch waren die fünf Minuten nicht vorüber, so wurden uns die sechs Karikaturen vorgelegt. Es waren aber gar nicht einmal Karikaturen, sondern ganz ordinäre Schmierereien. Man hatte angenommen, daß wir uns über sie ärgern und dadurch zu irgendeiner Albernheit verleiten lassen würden; wir aber taten ganz im Gegenteil, als ob wir uns über das, was uns in Zorn bringen sollte, freuten.
    „Prächtig!“ sagte ich. „Wirklich prächtig! Wieviel kostet so ein Bild?“
    „Bild, Bild!“ lachte Howe. „Ein Bild nennt er so etwas! Nichts kostet es, nichts! Wir schenken es Euch!“
    „Umsonst?“ fragte ich.
    „Ja.“
    „Alle sechs?“
    „Ja doch, ja!“
    „Danke!“
    Ich legte die Blätter zusammen, steckte sie ein und fuhr dann fort:
    „Aber ich bin ein anständiger Kerl. Ich lasse mir nichts schenken, ohne mich erkenntlich zu zeigen. Kann mich vielleicht einer von euch zu Pferd zeichnen? Es soll mir auf drei, vier oder fünf Dollar nicht ankommen, die ich dafür zahle.“
    „Fünf Dollars? Thunder -storm , das ist ja ein Vermögen! Ich laufe, ich renne, ich eile! Ich hole sogleich das Pferd!“ rief einer von ihnen.
    Er ging fort und die anderen folgten ihm, um das allerschlechteste auszusuchen.
    „Habt Ihr irgendeine Absicht dabei?“ fragte mich Pappermann.
    „Natürlich! Jetzt kommt die Strafe! Lauft schnell zum Wirt hinein und sagt ihm, daß ich zwei bis drei gute, vollgültige Zeugen brauche, womöglich Advokaten, Polizisten oder sonst Leute von der Stadtbehörde. Die mögen hinauf in unsere beiden Zimmer gehen, wo sie alles, was geschehen und gesprochen wird, sehen und hören können.“
    „Well, well! Wird besorgt, sofort, sofort!“
    Er eilte fort und war, als man das Pferd brachte, schon wieder da. Howe verlangte die fünf Dollar pränumerando. Ich bezahlte sie. Dann durfte ich aufsteigen. Ich tat, als ob ich noch niemals auf dem Rücken eines Pferdes gesessen habe, und setzte dreimal an, ohne hinaufzukommen. Beim vierten Mal war dann der Schwung, den ich mir gab, zu stark, so daß ich nicht nur hinaufkam, sondern drüben gleich wieder hinunterfuhr. Das gab ein dröhnendes Lachen. Schließlich hob man mich hinauf und gab mir die Zügel in die Hand. Dann begann das Zeichnen von neuem.
    „Es wird großartig, wirklich großartig!“ rief einer der ‚Künstler‘ aus. „Mr. Burton sitzt hoch und stolz zu Pferd, wie ein Held und Rittersmann, der jedes Turnier gewinnt!“
    Natürlich war aber gerade das Gegenteil der Fall.
    „Ist das wahr? Ist das wahr?“ fragte ich hocherfreut und stolz.
    „Gewiß, gewiß! Man sieht, das keiner von uns es Euch im Reiten gleichzutun vermag!“
    „Wirklich?“
    „Ja, wirklich!“
    „So sagt, was kostet so ein Pferd?“
    „Wollt Ihr eins kaufen?“
    „Vielleicht mehrere! Wenn ihr sagt, daß ich ein so vorzüglicher Reiter bin, so wäre ich doch dumm, wenn ich mit der teuren Bahn weiterführe! Das Reiten ist doch wohl billiger! Oder nicht?“
    „Natürlich viel billiger, ganz natürlich! Wir haben einige übrig. Vielleicht verkaufen wir Euch eines davon.“
    Sie blinzelten einander zu. Das sollte heimlich sein; ich sah es aber doch.
    „Nur eines?“ fragte ich. „Ich brauche fünf oder sechs!“
    „Oho! Für wen?“
    „Für mich und Mrs. Burton –“
    „Welche die Gitarre spielt?“ fiel Howe spottend ein.
    „Ja. Und es kommen noch einige gute Bekannte dazu.“
    „Die auch Musikanten sind?“
    „Wenn es euch Vergnügen macht, ja. Am liebsten würde ich drei Pferde und drei Maultiere nehmen und die nötigen Sättel dazu. Was kostet das?“
    Sie waren zunächst verblüfft. Sie sahen mich an, sie sahen einander an; dann fragte Howe prüfend:
    „Drei Pferde und drei Maultiere? Welche denn?“
    Ich deutete auf die Maultiere und antwortete:
    „Von den Pferden möchte ich die nehmen, die sich jetzt gelegt haben,

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