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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dort, rechts, mit den langen Ohren.“
    Da verlor sich der Ernst auf ihren Gesichtern sofort wieder. Ich aber fuhr fort, indem ich nach den drei Fliegenschimmeln zeigte:
    „Und die Maultiere dort gefallen mir ebenso. Ich zahle jeden Preis!“
    Das Lachen erscholl von neuem.
    „Die Maultiere dort! Und die Pferde dort! Das ist köstlich, köstlich, unübertrefflich!“
    So riefen sechs Stimmen durcheinander, und als die Heiterkeit etwas nachgelassen hatte, fragte Howe:
    „Ihr zahlt jeden Preis? So? Wieviel Geld habt Ihr denn eigentlich bei Euch, Sir?“
    „Volle zweihundertfünfzig Dollars!“ brüstete ich mich. „Das ist doch gewiß bedeutend mehr, als euere ganze Reiterei kostet!“
    Jetzt wurde das Gelächter ein schmetterndes. Sie steckten die Köpfe zusammen, um einen Plan auszuhecken, der auf alle Fälle für mich nur vorteilhaft war. Sie dachten gar nicht mehr an mein Konterfei zu Pferde, sondern sehr wahrscheinlich nur noch daran, meine zweihundertfünfzig Dollars in die Hände zu bekommen.
    „Steigt wieder ab!“ forderte Howe mich auf. „Ihr gefallt uns außerordentlich, ja außerordentlich, Mister Burton! Ihr sollt die Pferde und die Maultiere haben und auch die Sättel dazu. Ihr könnt das alles sogar umsonst haben, wenn Ihr wollt!“
    „Umsonst? Wieso?“ fragte ich.
    „Wir möchten Euch reiten sehen, reiten! Auf den Pferden und auch auf den Maultieren! Wir satteln sie Euch jetzt, alle sechs. Ihr steigt da draußen auf und reitet im Galopp hier herein, aber nicht etwa durch die Tür, sondern über die Mauer!“
    „Also im Sprung?“ fragte ich.
    „Ja. Getraut Ihr Euch das!“
    „Warum nicht? Ihr habt ja selbst versichert, daß ich ein sehr guter Reiter sei! Kann man denn etwa herunterfallen, wenn man die Füße in den Steigbügeln hat und die Zügel in den Händen?“
    „Nein, gewiß nicht!“ lachte er, und die anderen wieherten mit. „Also jedes Pferd und jedes Maultier, welches Ihr im Galopp glatt über die Mauer hereinbringt, ohne daß es den Hals bricht und ohne daß Ihr abgeworfen werdet, ist Euer!“
    „Darf ich dabei den Hut absetzen und den Rock ausziehen?“
    Da brüllten seine Kumpane förmlich vor Vergnügen; er aber beherrschte sich und antwortete:
    „Ihr dürft ausziehen oder meinetwegen auch anziehen, alles, was Euch beliebt. Selbst wenn Ihr Euch dabei als Harlekin oder als dummer August kleiden wolltet, hätten wir nichts dagegen. Nun aber kommt der Hauptpunkt, auf dessen Erfüllung es ankommt, ob aus dem Handel etwas wird oder nicht. Ihr habt nämlich die zweihundertfünfzig Dollar sofort zu erlegen. Gelingen Euch die sechs Sprünge, so bekommt Ihr sie zurück und die Pferde und Maultiere dazu. Mißraten sie Euch aber, so bekommt Ihr nichts und auch das Geld ist unser. Ihr seht doch wohl ein, daß das gar nicht anders geht?“
    „Natürlich! Ihr riskiert eure Pferde, und so habe ich ganz selbstverständlich auch etwas zu riskieren. Mein Geld ist zwar mehr wert, als alle eure Pferde, aber ich will der Noble sein!“
    Wieder lachten sie alle; dabei antwortete er:
    „Ganz recht, ganz recht! Und da wir Euch die Pferde und Maultiere augenblicklich stellen, so seid Ihr verpflichtet, auch Euer Geld sofort zu erlegen.“
    „Ja, sofort, sobald der Kontrakt gemacht worden ist.“
    „Kontrakt?“ fragte er.
    „Gewiß! Kontrakt! Ich habe gehört, daß die Pferdehändler die pfiffigsten Kreaturen sind, die es gibt, und daß man sich bei ihnen in jeder Weise vorzusehen und sicherzustellen hat.“
    „Aber wir sind doch keine Pferdehändler, sondern Künstler!“
    „Trotzdem! Es ist ein Pferdehandel, ganz gleich, wer oder was wir sind!“
    „Well! Bin einverstanden. Papier her!“
    „Und ich diktiere!“ sagte ich.
    Dabei stieg ich vom Pferd, und zwar in einer Weise, die mehr eine Rutschpartie als ein guter Absprung war. Howe setzte sich. Ich sagte ihm den Wortlaut vor, und er schrieb ihn nach, ohne eine Silbe daran zu ändern. Er war ja vollständig überzeugt, alles mögliche unterschreiben zu können, ohne üble Folgen davon zu haben, weil es für ihn feststand, daß ich gleich bei den ersten Schritten des ersten Rittes aus dem Sattel fliegen werde. Ich diktierte mit sehr erhobener Stimme, denn ein Blick nach unseren Fenstern hinaus zeigte mir die gewünschten Personen, die jedes Wort zu hören und zu verstehen hatten. Ich fügte hinzu, daß ich mein Geld einem Unparteiischen zu übergeben habe, daß er und kein anderer die Pferde und Maultiere satteln müsse und daß dieser

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