040 - Die Monster aus der Geisterstadt
davon.«
»Ich verscheuche sie gewiß nicht, Abraham«, versicherte James Rogard.
Die beiden Wissenschaftler waren in den wenigen Stunden, die sie zwangsläufig auf engstem Raum miteinander verbringen mußten, zu verschworenen Freunden geworden.
»Bist du noch da, Machu Picchu?« erkundigte sich Coe vorsichtig.
»Ich bin euch nahe«, versicherte die Frauenstimme. »Aber nun wird alles wieder so weit für mich. Ihr entrückt mir, Freunde.«
»Geh nicht fort!« flehte Rogard. »Laß uns nicht allein, sonst sind wir verloren!«
»Ihr werdet mir auf einmal so fremd«, sagte Machu Picchus Stimme ängstlich. »Warum entfremdet ihr euch mir nur?«
Ihre Stimme wurde immer leiser.
»Geh nicht fort! Wir sind es doch! Abraham Coe und James Rogard. Geh nicht fort!«
»Ich muß. Ich halte es nicht aus. Ihr aber seid gerettet. Denkt daran, mich zu wecken, damit euch meine Träume nichts anhaben können! Weckt mich! Nein, nicht so! Es schmerzt. Und der Schmerz steigert meine Alpträume. Das bringt für euch alle große Gefahren.«
Die Stimme verstummte. Obwohl die beiden Wissenschaftler lange in atemloser Spannung lauschten, bekamen sie sie nicht wieder zu hören.
»Sie hat uns verlassen«, sagte Coe bedauernd.
»Aber nein!« Rogard packte seinen Kollegen am Arm. Er starrte auf die gegenüberliegende Wand, und sein Gesicht verklärte sich. »Sie kommt wieder. Da! Siehst du sie nicht, Abraham? Machu Picchu kommt zu uns.«
Coe starrte auf den Punkt an der Wand, den Rogard mit seinen Blicken fixierte. Er tat es lange und intensiv, und dann verklärte sich auch sein Gesicht.
»Ja«, hauchte er. »Machu Picchu kommt zu uns. Ist sie nicht schön?«
Es war ein häßliches Geräusch zu hören, als würden alle Felsquader der Inka-Stadt gleichzeitig gerückt. Und auf einmal war die Inka-Prinzessin verschwunden, sie hatte sich in Luft aufgelöst.
»Hunter!« rief Coe wütend aus und stürzte sich auf die Gestalt, die in der Wandöffnung erschien. Er trommelte mit seiner wunden Faust auf den Dämonenkiller ein. »Sie haben Machu Picchu verscheucht. Sie sind es, der sie quält. Sie hat es uns gesagt.«
Dorian schluckte den Kloß herunter, der ihm plötzlich in der Kehle saß. Er wehrte die Schläge des Wissenschaftlers kaum ab. Es war erschütternd.
Sie hatten die Verschollenen gefunden. Aber die beiden hatten den Verstand verloren.
Man brachte die Wissenschaftler ins Quartier. Dorian nahm bei dieser Gelegenheit das Quipu an sich. Sacheen blieb bei den beiden zurück, um sie zu betreuen. Dorian gab ihr zwei Wachhaltetabletten, damit sie nicht vor Müdigkeit umkippte. Die restlichen nahm er mit, um sie an die anderen zu verteilen. Er hoffte, daß diese Nacht die Entscheidung bringen würde.
Sacheen ergriff zum Abschied seine Hand. »Was erwartet uns, Dorian?«
Er wich ihrem Blick aus. »Übernimmst du dich auch nicht damit, hier Wache zu halten?« Er sah durch die Tür in die Nacht hinaus. »Pesce lauert bestimmt irgendwo da draußen.«
»Ihn fürchte ich nicht«, sagte Sacheen und umfaßte den Knauf der Peitsche, die in ihrem Gürtel steckte. »Aber was für andere Schrecken lauern noch auf uns? Willst du mir nicht reinen Wein einschenken, Dorian? Alles ertrage ich leichter als diese nagende Ungewißheit.«
Er lächelte schwach. »Die Wahrheit ist, daß ich selbst keine Ahnung habe.« Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Er hatte gewisse Ahnungen, aber sie waren so konfus, daß er sie vorerst für sich behalten wollte. Zuversichtlich sagte er: »Aber es kann alles noch gut werden.«
Bevor sie ihn entließ, hauchte sie ihm noch schnell einen Kuß auf die Wange.
Er stand schon in der Tür, als Rogard ihm nachrief: »Quälen Sie Machu Picchu nicht, Hunter! Jeder Schmerz läßt einen neuen Alptraum in ihr zur Wirklichkeit werden.«
Dorian drehte sich nicht mehr um. Was sollte er von dieser Äußerung halten? Was meinte Rogard? Waren es nur die Hirngespinste eines kranken Geistes? Oder steckte mehr dahinter?
Dorian wollte Letzteres glauben. Denn was Rogard sagte, stimmte mit dem überein, was er einigermaßen sicher wußte: Machu Picchu konnte der auslösende Faktor sein. Sie war der Ursprung aller Schrecken. Je nachdem, wie sie beeinflußt wurde, konnte sie Tod und Verderben über sie bringen.
Aber wie kam Rogard darauf, daß er, Dorian, Machu Picchu quälte? Er hatte sie nicht angerührt, in keiner Weise beeinflußt, ja, sogar ganz bewußt die Hände von ihr gelassen. Wer …
Arturo Pesce! Er mußte es sein, der
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