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040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Glocke schlug erneut an.
    „Das wird Nachricht aus dem Dorf sein, nicht wahr?“ fragte das Mädchen, während sie die Stufen hinaufstiegen.
    Die Alte gab keine Antwort.
    Wenn es stimmte, hing es sicher mit Gisela zusammen. Das mußte die Nachricht sein, auf die sie wartete. Ich spürte ein laues Gefühl im Magen, das sich nicht unterdrücken ließ. Ich kam zu spät. Gisela war tot, weil ich soviel Zeit vergeudet hatte. Aber was hätte ich tun sollen? Hineinstürmen und diese verdammten Weiber erschlagen?
    Ich wußte einfach zu wenig, um den richtigen Hebel anzusetzen.
    Die Bitterkeit weckte eine blinde Wut in mir, und sie entlud sich, als der Mann im Nebenhaus wieder zu schreien begann. Ich stürmte vor und in den Raum, ohne mir besondere Mühe zu geben, leise zu sein.
    Das Mädchen war über den Tisch gebeugt und offenbar mit etwas sehr Amüsantem beschäftigt. Sie sah erst auf, als ich sie schon erreicht hatte, aber sie sah nicht mehr viel. Mit einem Fluch auf den Lippen schlug ich zu, und meine ganze Wut mußte sich mit diesem Schlag entladen haben, denn er war so gewaltig, daß die Göre durch das halbe Zimmer flog und gegen einen Schrank prallte. Sie fiel lautlos zu Boden. Im selben Augenblick war mir leichter. Auch das wahnsinnige Schreien hatte aufgehört. Ich dachte schon, ich hätte die kleine Sadistin umgebracht, aber als ich mich zu ihr hinab beugte, erkannte ich, daß sie nur bewußtlos war. In den Finger verkrampft hielt sie noch die winzige Nadel.
    Ich ging zum Tisch zurück und sah mir das Ganze an, und es war wirklich ein faszinierender Anblick. Nicht nur das kleine Schloß der Tamil war auf dem Tisch aufgebaut, sondern ganz Bernheim.
    Von dem kleinen Nebengebäude war das Dach abgehoben. In einem der winzigen Räume befand sich etwas, und zwar gleich in dem Raum neben der Eingangstür. Ich richtete den Strahl der Taschenlampe darauf, um genauer zu sehen, was ich da entdeckt hatte. Es war eine Puppe von der Größe eines Daumennagels, die mit einer Nadel aufrecht in den Boden gesteckt war. Sie bestand augenscheinlich aus Wachs und war zu grob geformt, um jemanden Bestimmten darzustellen. Nur ihre deutliche Männlichkeit stach ins Auge, und einige Haare, die um den winzigen Hals gewickelt waren. An einem der Beinchen war tatsächlich etwas Rotes zu sehen.
    Ich unterdrückte den Impuls, die Puppe herauszureißen. Es hätte wahrscheinlich alles verraten. Dem Mädchen mochte man vielleicht nicht glauben, daß es niedergeschlagen worden war, wenn keine Veränderung vorlag. Dann kam mir etwas anderes in den Sinn. Ich löste die Haare und warf sie auf den Boden. Dann ging ich zu der Kleinen, riß ihr mehrere vom Kopf und schlang diese um die Wachsfigur. Wenn es tatsächlich auf diese Art funktionierte, würden sie eine böse Überraschung erleben, und das kleine Biest würde mal den Zauber am eigenen Leibe erleben.
    Ein Summen unterbrach meine Gedanken. Es kam aus einem der Modellhäuser am Rande des Tisches.
    Im nächsten Augenblick erkannte ich, daß es sich um Giselas Haus handelte und riß das Dach hoch. Das obere Stockwerk ging mit. und das untere lag offen vor mir. Das Summen rührte von einer Wespe her, die mit surrenden Flügeln die plötzliche Freiheit willkommen hieß und abschwirrte.
    Es war etwas anderes, nur zu vermuten, daß es sich um Zauberei handeln könne. Aber den Beweis vor sich zu sehen …!
    Diesmal ging ich kein Risiko ein. Ich nahm die Puppe heraus, entfernte die Haare und zertrampelte das Wachs am Boden, bis nichts mehr übrig war.
    War damit die Gefahr beseitigt? Für den Augenblick sicher, obwohl mir der Gedanke absurd erschien. Es war schwer für den nüchternen Verstand, sich auf das alles umzustellen, auch wenn er bereits mehrmals überzeugt worden war. Jedenfalls bestand die starke Wahrscheinlichkeit, daß sie noch mehr Haare von Gisela besaßen, und mir blieb wohl nichts anderes übrig, als abzuwarten. Vielleicht konnte ich die Tamil ausschalten. Jedenfalls aber mußte ich bis zum Morgen warten und den Postboten abfangen, der meine Haare brachte.
    Ich setzte das Haus wieder zusammen und schlich mich aus dem Raum. Das Mädchen konnte jeden Augenblick zu sich kommen, und wenn die Alte wieder herunterkam, saß ich in der Falle. Sicher hatten sie auch ein paar geeignete Formeln für diese Situation. Ich mußte vorsichtig sein, wenn ich nicht als Studienobjekt in einem der Schuppen nebenan landen wollte, wie der arme Teufel, den ich schreien gehört hatte.
    Aber wohin sollte ich

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