040 - Die Tochter der Hexe
befand.
Aber von draußen kamen Stimmen.
Im nächsten Augenblick kam der Alte mit zwei Männern herein, die mich kühl musterten.
„Wie heißen Sie?“ fragte einer barsch.
„Fischer“, sagte ich. „Was soll das? Wer sind Sie?“
„Polizei“, erklärte der andere kurz. „Wir müssen Sie bitten, mitzukommen, Herr Fischer. Wir haben ein paar Fragen an Sie.“
„Erlauben Sie!“ entgegnete ich unfreundlich. „Was liegt gegen mich vor?“
„Herr Mielte“, er deutete mit dem Daumen auf den Hausmeister, „hat uns auf Sie aufmerksam gemacht. Er findet Ihre Neugier verdammt ungewöhnlich. Um so mehr, als Sie angaben, die blonde Tochter der Dame gestern getroffen zu haben, stimmt das?“
Ich nickte. „Ja, allerdings. Aber …“
Er ließ mich nicht ausreden. „Herr Mielte hält das für unmöglich!“
„Dann irrt er sich“, sagte ich nun meinerseits schroff.
„Sagen Sie es ihm“, forderte einer der beiden den Alten auf.
„Junger Herr, ich weiß nicht, was Sie vorhatten, aber Sie haben sich verraten. Frau Kurtz hat mir ein paarmal von ihren Töchtern berichtet, nicht daß ich neugierig gewesen wäre, oh nein, aber sie redete gern.“
„Und?“ meinte ich ungeduldig.
„Das blonde Mädchen, Wilma hieß sie, ist seit vier Jahren tot!“
Ich stand wie vom Donner gerührt.
In die lastende Stille fielen die Worte des Polizeibeamten. „Kommen Sie, Herr Fischer. Es liegt ja nichts gegen Sie vor. Aber es sieht so aus, als wären wir hier auf einen Vermißtenfall gestoßen. Und da Sie die Vermißte offenbar kennen, müssen Sie uns schon ein paar Fragen beantworten.“
Inspektor Pesch sah mich nachdenklich an. „Sie wollen mir doch keinen Bären aufbinden, oder?“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich versuche Ihnen doch schon die ganze Zeit über zu erklären, daß das reine Mutmaßungen sind – bis jetzt.“ Natürlich hatte ich ihm nicht gesagt, auf welch mysteriöse Art das Mädchen verschwunden war, nur, daß ich sie aus den Augen verloren hatte.
Der Inspektor nickte. „Es sieht so aus, als wären Sie dabei tatsächlich auf etwas gestoßen. Wir werden der Sache nachgehen, Herr Fischer, obwohl mir noch völlig schleierhaft ist, was wir eigentlich suchen sollen. Es liegt nicht einmal eine Vermißtenanzeige für diese Frau Kurtz vor. Vielleicht ist dieses Mädchen, das Sie da aufgegabelt haben, der Schlüssel.“
„Ich wollte, ich hätte sie aufgegabelt“, bemerkte ich.
Er grinste. „Wir werden das Geschäft im Auge behalten. Das ist alles, was wir vorerst tun können. Und wir werden Sie im Auge behalten.“
„Danke“, sagte ich sarkastisch.
„Hier meine Nummer.“ Er reichte mir eine Karte. „Für den Fall, daß Sie das Gefühl haben, mir doch noch das eine oder andere erzählen zu müssen!“
„Kann ich mir nicht denken“, sagte ich leise.
„Das können sie erst alle nicht“, sagte er grinsend. „Die Polizei, dein Freund und Helfer, Herr Fischer. Vergessen Sie es nicht.“
Um zwei hatte ich wichtige Übungen im Lesesaal des germanistischen Instituts. Ich überlegte hin und her, aber ich kam zu der Einsicht, daß es äußerst unklug gewesen wäre, sie zu versäumen.
Ich mußte mein Vorhaben auf nach vier verschieben.
Was ich vorhatte, war einfach: Ich wollte diese andere Tochter der Frau Kurtz ausfindig machen, die Schwarzhaarige, und nicht nur ihres hübschen Gesichtes wegen. Da ich noch etwas Zeit hatte, zog ich ein paar Erkundigungen ein. Ich sah mir auf einer Karte an, wo Bernheim lag – im Norden, etwa achtzig Kilometer Luftlinie, wohl über hundert auf der gewundenen Landstraße. Im Telefonbuch fand ich drei Kurtz’. Das war immerhin ein Ausgangspunkt, wenn auch ein unsicherer, denn es mochte eine ganze Menge Kurtz’ geben, die kein Telefon besaßen.
Aber ich hatte unglaubliches Glück. Bereits mein zweiter Anruf war erfolgreich. Eine weibliche Stimme meldete sich.
„Kurtz.“
„Verzeihen Sie“, begann ich. wie auch beim ersten Anruf, bei dem sich ein Kolonialwarenhändler Kurtz gemeldet hatte, der allein lebte und nicht in Frage kam. „Hier ist Fischer von der Universität.“ Das beeindruckte im allgemeinen. „Sind Sie Frau Elfriede Kurtz?“
„Nein. Wenn Sie meine Mutter sprechen wollen, müssen Sie …“
„Sie sind die Tochter?“ unterbrach ist sie. „Wilma.“
„Gisela“, erklärte sie. „Wie ich schon sagte …“
Ich unterbrach sie erneut. „Ich habe schon vergeblich versucht, Ihre Mutter hier in der Stadt zu erreichen.
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