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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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sie ansieht.“
    Ihr war nichts Besonderes an Rohans Blicken aufgefallen, aber die Vorstellung machte sie noch beklommener. Er führte sie unbeirrt durch eine dunkle fremde Welt, begleitet von obszönen Anspielungen und frivolem Gelächter, und als sie den nächsten Raum betraten, atmete Elinor erleichtert auf. Hier war es zwar noch dunkler, kein Lichtschimmer drang durch das weiße Seidentuch, aber die Luft war weniger stickig.
    „Wo ist meine Mutter?“, flüsterte sie. „Sie haben nicht nach ihr gefragt.“
    „Ich habe gesehen, dass sie nicht da ist, mein Kind. Wir befinden uns nun im zweiten Kreis der Hölle, wobei wir uns nicht allzu genau an die Begriffe aus Dantes Göttlicher Komödie halten.“
    „Was war der erste Kreis der Hölle?“, fragte sie.
    „Das Vorzimmer, meine Liebe, in dem wir uns versammeln. Die Vorhölle, wo noch nicht richtig gesündigt wird.“ Seine Stimme war leise, sinnend, und plötzlich spürte sie seine kühle Hand an ihrer Wange, wo der Lakai sie geschlagen hatte. Sie wich erschrocken zurück. „Mein Diener hat gegen die Regeln verstoßen und wird angemessen bestraft werden.“
    Sie waren am Eingang zum nächsten Raum stehen geblieben, wie sie vermutete.
    „Wird er bestraft, weil er gegen die Regeln verstieß oder weil er mich schlug?“, fragte sie. „Sagen Sie mir getrost die Wahrheit, ich fühle mich nicht gekränkt.“
    Wären ihr die Augen nicht verbunden gewesen, hätte sie sein leises Lachen vielleicht gar nicht gehört. „Und ich habe keineswegs den Wunsch, Sie zu kränken, Madame.
    Tatsache ist, dass er für seinen Regelverstoß fortgejagt wird. Vorher wird er gezüchtigt, weil er die Hand gegen Sie erhoben hat. Wenn Sie wünschen, können Sie der Züchtigung beiwohnen.“
    „Wie grässlich! Nein, so etwas will ich auf keinen Fall sehen.“
    „Darin unterscheiden Sie sich von den meisten Damen, einschließlich Ihrer Mutter.
    Sie würde gerne zusehen und vermutlich sogar das Blut von seinen Wunden lecken, wenn ich mit ihm fertig bin.“
    „Wie abscheulich!“, flüsterte sie angewidert. Und dann erst begriff sie den Rest seiner Worte. „Wenn Sie mit ihm fertig sind? Haben Sie etwa vor, ihn selbst zu züchtigen?“
    Sie konnte spüren, dass er lächelte, sah seinen schön geschwungenen Mund vor sich, der sich spöttisch hochzog. „Vielleicht brauche ich gelegentlich körperliche Ertüchtigung“, murmelte er. „Ich glaube kaum, dass wir Ihre Mutter hier finden, möchte sie aber auch nicht übersehen in einem Anflug unangebrachter Zurückhaltung.“ Mit erhobener Stimme rief er in den Raum: „Befindet sich Lady Caroline Harriman hier?“
    Keine Antwort, nur befremdliche kehlige Laute, raschelnde Seidenstoffe, halb ersticktes Lachen, Stöhnen, Schmatzen und Grunzen. Elinors Neugier siegte, und sie griff nach der Augenbinde.
    Seine Hände waren schneller. „Das wollen Sie nicht sehen“, murmelte er, und sie glaubten ihm. Sie waren wohl in den Höllenkreis der Wollust eingetreten, und Francis Rohans Gäste ergötzten sich in wilden Verzückungen aneinander.
    „Hier ist sie nicht“, sagte Elinor mit Bestimmtheit. Seit etwa einem Jahr hatte ihre Mutter jede Lust an erotischen Ausschweifungen verloren und sie durch ihre Spielsucht ersetzt. Niemand würde heute noch die gefeierte Schönheit erkennen, die sie einst gewesen war, und kaum ein Mann wäre bereit, seine Gesundheit für ein kurzes intimes Abenteuer mit ihr aufs Spiel zu setzen. In den schummrig beleuchteten Spelunken war ihr pockennarbiges, von Pusteln entstelltes Gesicht kaum zu erkennen. Und wenn sie nicht redete, bemerkte man ihren verwirrten Geisteszustand nicht, und hier im Château gab es für die Gäste gewiss verlockendere Angebote zum ...
    Elinor kannte das obszöne, vulgäre Wort. Vögeln. Ihr Vater hatte es gebraucht, ihre Mutter hatte es in ihren Tobsuchtsanfällen gekreischt, die Leute auf der Straße in ihrem Viertel gebrauchten es. Und je tiefer die Familie gesellschaftlich sank, desto häufiger begegnete ihr dieses abscheuliche Wort.
    Allerdings passte es trefflich zur verlotterten Lebensweise ihrer Mutter. Lüsternheit und Unzucht hatten sie veranlasst, ihren Vater zu verlassen, Geilheit, Habgier und Zorn. Männliche Lüsternheit hatte auch Elinors Leben für immer verändert, eine ekelerregende dunkle Macht, die sie nicht begreifen konnte. Nicht begreifen wollte.
    Eine schmierige Hässlichkeit, die diese Räume, ja das ganze Château erfüllte, und je länger sie sich hier aufhielt, je

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