Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
seinen törichten Gedanken. Jungfrauen zierten sich auf die lästigste Art und Weise, und die temperamentvolle Madame Harriman wäre spröder als viele andere.
    „Alle Frauen in diesem Haus sind Huren, mein Kind. Das gilt im Übrigen auch für die Männer. Trinken Sie ein Glas Wein mit mir, und wir unterhalten uns darüber.“
    „Sie sind genauso verdorben wie meine Mutter“, fauchte sie und machte auf dem Absatz kehrt. „Ich suche selbst nach ihr.“
    Keine Frau wandte ihm den Rücken zu und ließ ihn einfach stehen. Er packte sie unsanft am Arm und wirbelte sie zu sich herum. Ihr feines Antlitz war wutentbrannt, und der Lauf der kleinen Pistole in ihrer Hand drückte sich in seine Magengrube.
    Ich erschieße ihn kaltblütig, schoss es Elinor durch den Sinn, die große Mühe hatte, ihre Hand ruhig zu halten. Wenn er ihr Zittern bemerkte, würde er sie für harmlos halten, und sie wäre gezwungen, tatsächlich abzudrücken.
    Er gab sie frei und nährte damit ihre Hoffnung, dass er ein vernünftiger Mann sei.
    Allerdings wich er keinen Schritt zurück und schien eher belustigt als alarmiert zu sein.
    Der Fürst der Finsternis entsprach in jeder Hinsicht den Gerüchten, die über ihn im Umlauf waren. Ihm wurde nachgesagt, er besitze die Gabe, selbst eine fromme Äbtissin oder den Papst persönlich zu verführen, und das traute sie ihm zu. Nicht nur wegen seiner männlichen Schönheit, seiner blauen Augen, umrahmt von faszinierend langen Wimpern, seiner hellen makellosen Haut, einem schön geschwungenen Mund, eine Verheißung von Glückseligkeit und Verderben zugleich ... Wie um Himmels willen kam sie dazu, solche Gedanken zu hegen?
    Er wirkte jünger, als er angeblich war, um die vierzig. Sein langes dunkles Haar war von Silberfäden durchzogen, eine Löwenmähne, die ihn noch gefährlicher aussehen ließ. Hochgewachsen und sehnig, bewegte er sich mit der eleganten Geschmeidigkeit eines Tänzers. Er stand entschieden zu dicht an der Pistole, die sie Jacobs entwendet hatte, und betrachtete sie mit zermürbendem Gleichmut.
    „Sie werden nicht auf mich schießen, meine Liebe“, erklärte er seelenruhig, ohne Anstalten zu machen, ihr die Pistole aus den zitternden Fingern zu ziehen.
    „Das ist auch nicht mein Wunsch. Es geht mir nur um das Wohl meiner Mutter ...“
    „Für Ihre Mutter gibt es keine Rettung mehr“, unterbrach er sie kühl. „Das wissen Sie so gut wie ich. Fahren Sie nach Hause, und ich schicke sie Ihnen, wenn ich sie gefunden habe.“
    „Sie begreifen nicht. Ich kann es mir nicht leisten, dass sie unser letztes Geld verspielt“, wiederholte Elinor, beschämt, ihre Armut eingestehen zu müssen.
    „Dann werden wir sie daran hindern müssen“, erklärte er in diesem irritierend samtweichen Ton. Kein Wunder, dass die Menschen ihn verehrten – seine Stimme könnte Engel verzaubern. „Sie wollen mich nicht erschießen. Denken Sie nur an die Schweinerei. Ganz zu schweigen von den Scherereien mit der Obrigkeit.“ Er nahm ihr die Pistole aus der Hand. „Sehr hübsch“, meinte er und betrachtete die zierliche Waffe mit dem Perlmuttgriff. „Wenn Sie in Geldnöten sind, könnten Sie das Ding doch verkaufen.“

    „Wer sagt, dass wir in Geldnöten sind?“, fragte sie aufsässig.
    „Ihre Kleidung, Kind. Sie sehen aus wie eine Lumpensammlerin. Was trägt Ihre Mutter? Geht sie in Sack und Asche?“
    „Dann hätte sie wohl kaum Einlass in Ihr Haus erhalten.“
    „Oh, ganz im Gegenteil. Büßergewänder sind in diesem Haus angebracht. Schließlich ist dies ein Treffen des Satanischen Bundes, wie Sie wissen.“
    Sie versuchte, nicht zusammenzuzucken. Alle Welt hatte von diesem Satanischen Bund gehört, einem geheimen Club übersättigter, verlebter Aristokraten, die mit ihrem Leben nichts anzufangen wussten. Es kursierten haarsträubende Geschichten über schwarze Messen und Jungfrauenopfer, wilde sexuelle Orgien und Gotteslästerungen, wobei niemand wirklich wusste, ob diese Gerüchte der Wahrheit entsprachen.
    Sie blickte zu ihm auf, verwirrt von seinem hohen Wuchs und seiner glitzernden Pracht. Zu engen Kniehosen aus schimmerndem schwarzen Satin trug er fein gewirkte Seidenstrümpfe, dazu hochhackige Schuhe mit juwelenbesetzten Schnallen, die seine Körpergröße noch unterstrichen. Über einem weiten Seidenhemd bauschte sich eine reich mit Silberstickerei versehene Weste, aber kein Überrock. An jedem seiner langen bleichen Finger glitzerte ein kostbarer Ring. Und an einem Ohr funkelte ein Saphir,

Weitere Kostenlose Bücher