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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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in den Höllenschlund zu steigen. Der Comte de Giverney ist nicht der Leibhaftige, sondern lediglich ein dekadenter Lebemann, der ausschweifende Feste feiert, und ich werde gewiss keine verruchten Begierden in ihm wecken. Im Übrigen hat Jacobs eine Pistole und erschießt jeden, der versuchen sollte, sich mir auf drei Schritte zu nähern. Ich frage nach Lady Caroline, und man wird froh sein, sie loszuwerden. Es besteht also keinerlei Grund zur Sorge um mich.“
    „Aber um die Diamantbrosche“, erklärte Nanny grimmig.
    Am liebsten hätte Elinor ihr für diese Bemerkung einen Rippenstoß versetzt. Die treue Seele war eine notorische Schwarzseherin. Und Lydia sollte nicht wissen, dass ihre letzte Hoffnung auf Rettung im Schwinden begriffen war. Wenn das Schmuckstück nicht wieder auftauchte, waren sie ohnehin dem Untergang geweiht.

    Nun aber galt es, keine kostbare Zeit mehr zu verlieren. Neben den sittenlosen Orgien im berüchtigten Château des Comte de Giverney wurde auch dem Glücksspiel gefrönt – mit unvorstellbar hohen Einsätzen. Ihre Mutter würde die Brosche in kürzester Zeit verspielen, und wenn einer der vornehmen Herrn naiv genug wäre, ihr Kredit zu gewähren, müssten sie sich in Zukunft nicht nur vor dem Gemüsehändler und dem Bäcker verstecken, sondern auch noch vor Vertretern des Hochadels.
    Elinor legte sich den verschlissenen Wollumhang um die Schultern, darüber den grob gestrickten Schal gegen die Kälte, gab Lydia und Nanny Maude einen Abschiedskuss und setzte eine zuversichtliche Miene auf. Nanny umklammerte ihre Hand, als gelte es, für immer Abschied zu nehmen, während Lydia ihr Strickzeug in gespielter Gelassenheit wieder aufnahm, obgleich ihr klar war, dass Elinor sich in große Gefahr begab.
    Der Anblick ihrer tapferen kleinen Schwester, deren blonder Lockenkopf sich über das Strickzeug beugte, trieb Elinor die Tränen in die Augen. Aber es war keine Zeit für Tränen.
    Wenig später trat sie in die kalte Winternacht, streifte die fingerlosen, an vielen Stellen ausgebesserten Wollhandschuhe über, legte den Schal um ihr braunes Haar und blickte die Straße entlang.
    Jacobs würde in der Schänke an der Ecke warten, hinter der sich ein Mietstall befand. Widrige Umstände hatten sie schon einmal gezwungen, sich eine Droschke
    „auszuborgen“, als Lady Caroline bei einem Maskenball unangenehm aufgefallen und vor die Tür gesetzt worden war. Damals war es Jacobs gelungen, Pferd und Wagen rechtzeitig zurückzubringen, bevor jemand Verdacht schöpfte. Diesmal stand durch den weiten Weg zu befürchten, dass ihnen das Glück weniger hold war, aber derartige Besorgnisse schob Elinor kurzerhand beiseite. Im Moment galt ihre erste Sorge, wie sie ihre Mutter einigermaßen unbeschadet aus dem Sündenpfuhl holen konnte.
    Jacobs hatte gute Arbeit geleistet und eine kleine Reisekutsche für zwei Fahrgäste besorgt. Elinor kletterte ins Wageninnere, bevor er vom Kutschbock steigen und ihr helfen konnte. Kurz darauf rollte der Wagen an.
    Es war eine kalte, mondlose Nacht Anfang Februar, und falls es in dem bescheidenen Gefährt einmal Reisedecken gegeben hatte, waren sie längst verschwunden.
    Fröstelnd hüllte sie sich enger in Umhang und Schal. Wenn sie unterwegs nicht erfror, müssten sie das Château in etwa einer Stunde erreichen. Sie hielt sich an den Lederschlaufen fest, während sie in dem holprigen, schlecht gefederten Wagen hin und her geschleudert wurde. Jacobs fuhr in halsbrecherischer Geschwindigkeit, aber sie hatte blindes Vertrauen in seine Fahrkünste.
    Elinor machte sich keine Illusionen über ihr Aussehen. Sie war groß und spindeldürr, kein Wunder bei der mageren Kost. Ihre braunen Augen waren genauso unauffällig wie ihr Haar. Und sie hatte diese unglückselige Nase: nicht besonders hässlich zwar, sinnierte sie, schmal und elegant gebogen. Im Alter könnte sie damit bestimmt interessant und würdevoll wirken. Aber das half einer jungen Frau wenig, die hübsch sein wollte.
    Aber über derlei Träumereien war sie längst hinweg. Sollte sie diesem grässlichen Comte begegnen, würde ihm ein Blick auf ihr Aussehen und ihre schäbigen Kleider genügen, um ihr keine weitere Beachtung zu schenken. So erging es ihr bei den meisten Männern. Sie würde ihre Mutter rasch finden und weglocken und das seltsame Treiben im Schloss kaum wahrnehmen.
    Hätte sie ihren Glauben an Gott nicht längst verloren, könnte sie jetzt beten, um sich von ihren Besorgnissen abzulenken. Doch Nanny und

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