Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
Seiner Lordschaft.“
    „Würden Sie mich bitte zu ihm bringen?“
    Jeanne-Louise schüttelte verneinend den Kopf. „Er hat Gäste zum Dîner und möchte nicht gestört werden. Ich kann ihm Ihre Bitte vortragen, aber vermutlich ist er bis morgen beschäftigt. Zu dem Dîner sind auch Damen geladen.“
    „Selbstverständlich“, murmelte Elinor und dachte an die üppige Blondine, die bei ihrem Besuch im Château nur spärlich bekleidet quer über seinem Schoß gelegen hatte und ungeniert ihre nackten Brüste präsentiert hatte. Bisher hatte Rohan bei Elinor die Rolle des untadeligen Gentlemans gespielt, dieser seltsame und schreckliche Mann, der sich lasterhaften Ausschweifungen hingab, die ihre Vorstellungskraft bei Weitem überstiegen.

17. KAPITEL
    Der bärenstarke Diener ließ Elinor behutsam auf dem Brokatsofa in ihrem Salon nieder, als sei sie eine zerbrechliche Porzellanfigur. „Hat Madame noch Wünsche?“, fragte er ausgesucht höflich.
    „Nein, hat sie nicht“, erklärte Jeanne-Louise, und Elinor gewann den Eindruck, dass ihr keine Zofe, sondern eine Gefängniswärterin zur Verfügung gestellt worden war.
    Aber solange sie Lydia in Sicherheit wusste, wollte sie sich zufriedengeben, zumindest vorübergehend.
    Als Gefängniswärterin erwies sich Jeanne-Louise allerdings als sehr fürsorglich. Sie badete Elinors Füße und legte einen neuen Verband an, da durch den alten Verband Wundsekret gesickert war. Dennoch begannen die Brandblasen bereits zu heilen.
    „Sie müssen unbedingt Ihre Füße schonen und dürfen nicht auftreten“, erklärte ihre Wärterin streng.
    Der Salon war von Kerzenlicht erhellt. Während ihres Besuchs bei Lydia war es Nacht geworden, und zum ersten Mal wagte Elinor einen Blick in den Spiegel und staunte.
    Das dunkelbraune Haar fiel ihr in wallenden Locken über die Schultern, der elegante Morgenmantel aus blauem Samt schmeichelte ihrem hellen Teint. Sie sah beinahe hübsch aus.
    Sie lehnte das Angebot ab, eines der Kleider im Schrank anzuziehen, alle in gedeckten Farben der Halbtrauer. Trotzdem zweifelte sie nicht daran, dass sie ihr passen würden, als seien sie für sie angefertigt, so wie Lydias taubengraues Kleid ihr wie angegossen passte. Rohan schien beinahe übernatürliche Gaben zu besitzen, wenn es darum ging, das zu erreichen, was er sich in den Kopf gesetzt hatte. Sie entließ die Zofe, bereitete sich zur Nacht vor, schlüpfte in ein frisches Nachthemd und hüllte sich wieder in den Morgenmantel, den sie sorgfältig gürtete.
    Das Abendessen wurde ihr auf drei Tabletts gebracht, eine Menüfolge aus gebratenem Täubchen, gedünstetem Lachs à l’anglaise, gefolgt von Lammcarré mit Püree aus weißen Rüben: weit mehr, als sie essen konnte. Erst als sie die Silberhaube von der letzten Platte hob, entdeckte sie gebutterte, mit Zimt bestreute Toastscheiben und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
    Sie hatte keinen Appetit, und so aß sie zwei Toastscheiben, trank eine Tasse Tee und ließ den Rest zurückgehen. Die traurigen Gedanken an ihre Mutter und Nanny Maude schnürten ihr den Magen zu.
    Auch eine Auswahl Bücher lag auf dem Tisch, und sie wählte einen erbaulichen Roman. In ihrer Trauer stand ihr nicht der Sinn nach tiefgründigen philosophischen Werken. Mit dem Buch in der Hand machte sie es sich in dem weichen Bett bequem und vertiefte sich in die Lektüre.
    Als sie erwachte, war es stockdunkel im Zimmer, nur die verlöschende Glut im Kamin verbreitete einen rötlichen Schein. Sie rollte sich in dem breiten Bett auf den Rücken und schwelgte im Genuss der weichen Daunendecke, warf einen Blick zu den Fenstern hinüber und fragte sich, wie spät es wohl sei. Der fahle Lichtschein, der durch die Vorhangritzen drang, rührte zweifellos von den Straßenlaternen. Sie schätzte, dass der Morgen bald grauen würde.
    Er löste sich aus dem Schatten wie eine dunkle Bedrohung, und Elinor war zu erschrocken, um zu schreien. Im ersten Moment hielt sie ihn für ein Trugbild ihrer überreizten Nerven, doch dann wurde ihr klar, dass er gewartet hatte, bis sie erwachte. Wie lange schon?
    „Sie wollten mich sprechen, Püppchen?“, fragte er in diesem enervierend seidenweichen Ton.
    Elinor räusperte sich. „Ich dachte, Sie haben Gäste zum Dinner.“
    „Es ist weit nach Mitternacht ... die Gäste sind bereits gegangen.“
    „Alle?“
    „Warum fragen Sie, Teuerste? Reading ist noch geblieben. Aber seien Sie unbesorgt, er ist meilenweit von Ihrer Schwester entfernt.

Weitere Kostenlose Bücher