040 - Paris, Stadt der Sünde
Alle anderen sind gegangen.“ Er legte eine kurze Pause ein. „Bis auf Madame de Tourville, die nackt in meinem Bett liegt und auf mich wartet. Wieso wollten Sie mich sprechen?“
Welch ein Segen, dachte sie erleichtert, dass Madame de Tourville ihm zur Verfügung stand, um seine abartigen Neigungen zu stillen. „Ich wollte Sie keineswegs bei Ihren Vergnügungen stören, Mylord. Mein Anliegen hätte bis morgen warten können.“
Sein Lächeln ließ seine weißen Zähne aufblitzen. „Sie stören mich nie. Sagen Sie, was Sie auf dem Herzen haben, und ich erfülle Ihnen jeden Wunsch.“
„Zunächst wünsche ich mir ein Zimmer in der Nähe meiner Schwester.“
„Oh, das ist nicht möglich, fürchte ich. Die Zimmer im Südflügel werden zurzeit renoviert. Und Ihre Schwester ist in dem einzigen Gästezimmer untergebracht, das bereits fertig ist.“
„Dann kann sie bei mir schlafen. Hier ist genügend Platz.“
„Auch das wird schwierig sein“, sagte er sanft.
„Und warum?“
„Nach dem Karneval beginnt die Fastenzeit, die der Satanische Bund mit eigenen Ritualen begeht. Wir frönen in dieser Zeit zwar nicht heimlich der Völlerei und Sauferei wie andere gute Christen, sondern fasten und tun Buße, allerdings auf unsere Weise, indem wir uns bis zum Überdruss der Fleischeslust in all ihren sündigen Varianten hingeben. Ich könnte mir denken, Sie wünschen Ihre unschuldige Schwester von diesen Ausschweifungen fernzuhalten.“
„Ich könnte in ihr Zimmer im Südflügel ziehen.“
„Das Zimmer ist zu klein. Im Übrigen wäre das nicht in meinem Sinn.“
Sie erstarrte innerlich. „Warum nicht?“
„Weil ich Sie in meiner Nähe haben will, Schätzchen. Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass ich nicht an Ihrer Schwester interessiert bin, sondern an Ihnen. Sie werden es nicht gerne hören, aber ich ziehe in Erwägung, Lydia als Unterpfand zu nehmen.“
Elinor vergaß zu atmen, bevor sie sich wieder fasste. „Als Unterpfand wofür?“, fragte sie betont sachlich. „Sie wissen doch, dass ich Ihnen nichts zu bieten habe.“
„Als Unterpfand für Ihre Willfährigkeit. Solange Sie mir keine Scherereien machen und tun, was ich von Ihnen fordere, wird Ihre schöne und sittsame Schwester nicht behelligt.“
Elinor wurde von Hitze und Kälte gleichzeitig überflogen. Sie konnte ihn nur undeutlich sehen, sein Gesicht schien im Schatten zu verschwimmen. „Gestatten Sie mir eine klärende Anmerkung, Lord Rohan“, sagte sie in erzwungener Beherrschung.
„Wenn ich Sie richtig verstehe, bleibt meine Schwester unbehelligt vor Ihren Nachstellungen, wenn ich Ihr Bett teile?“
Er lachte. „Bitte unterstellen Sie mir nicht ein solches Maß an Plumpheit, Kind. Mir stehen zahllose Frauen zur Verfügung, um meine sexuellen Gelüste zu befriedigen.“
Die Eiseskälte wich sengender Hitze der Scham. Wie konnte sie nur auf den törichten Gedanken kommen, er könne sie begehren? „Was wollen Sie eigentlich von mir?“ Ihr Ton verriet nichts von ihrem inneren Aufruhr.
„Sie besitzen die Gabe, meine Langeweile zu vertreiben. Und das ist mir wesentlich wertvoller als das, was Sie zwischen Ihren Beinen haben.“
Angesichts seiner schockierenden Worte gab sie einen Zischlaut des Abscheus von sich. „Sehen Sie“, sagte er schmunzelnd, „genau diese Reaktion finde ich entzückend.“
„Ihre schamlose Anmaßung würde jedes junge Mädchen schockieren.“
„Aber Sie sind nicht prüde. Sie sind auch keine unberührte Unschuld. Sie sind etwas ganz Besonderes, liebste Elinor. Eine sittenstrenge, aufsässige junge Frau mit strengen Moralbegriffen, die bereits ihre Jungfräulichkeit verloren hat. Ich rechne damit, dass Sie mir alles darüber erzählen.“
„Niemals! Eher sterbe ich.“
„Große Worte, meine Süße. Denken Sie daran, die Unschuld Ihrer Schwester steht auf dem Spiel.“
Sie starrte ihn ungläubig an. „Nein, so etwas würden Sie nicht tun! Nicht einmal Sie könnten so niederträchtig sein.“
„Ach, meine Teuerste, ich bin tatsächlich so niederträchtig und noch schlimmer.
Allerdings würde ich das Vergnügen, die schöne Lydia zu entjungfern, meinem Freund Charles Reading überlassen, der seltsamerweise in sie vernarrt zu sein scheint.“
Elinor entfuhr ein gequältes Stöhnen.
„Wie bitte, meine Teuerste? Sagten Sie etwas?“ Elinor war starr vor Entsetzen, brachte kein Wort hervor, und er fuhr im Plauderton fort: „Ja, Charles hat sich in die Kleine verliebt, was er natürlich
Weitere Kostenlose Bücher