040 - Paris, Stadt der Sünde
zu Eis. „Wie oft hast du ihn denn gesehen?“
„Nur zweimal, Schwesterherz. Einmal bei uns im Haus und dann heute Morgen. Er erzählte mir, dass Nanny gestorben ist, und zeigte sich sehr mitfühlend.“
„Pah!“, stieß Elinor verächtlich aus. „Der Fürst der Finsternis kennt kein Mitgefühl.
Das war gewiss die reine Ironie.“
„Mag sein. Du kennst ihn offenbar wesentlich besser. Mir hat er jedenfalls gut zugeredet, sein aufrichtiges Beileid ausgesprochen und dafür gesorgt, dass die Dienstboten mich zuvorkommend behandeln.“
„Ja, darauf versteht er sich“, murrte Elinor.
Lydia sah ihre Schwester lange sinnend an. „Willst du dich nicht endlich der Wahrheit stellen?“, fragte sie dann.
„Welcher Wahrheit?“, fragte Elinor hellhörig.
„Du bist weit davon entfernt, kein Interesse an dem Mann zu zeigen. Würde ich dich nicht genau kennen, könnte ich meinen, du hast dich in Lord Rohan verliebt. Aber das ist ja völlig ausgeschlossen, da du viel zu vernünftig bist, um nicht an die katastrophalen Folgen zu denken.“ Sie musterte ihre Schwester scharf. „Habe ich recht?“
„Absolut“, erklärte Elinor im Brustton der Überzeugung. „Allein die Vorstellung jagt mir Schauer über den Rücken. Dieser Mann liebt intrigante Spielchen, und gelegentlich richtet er sein boshaftes Augenmerk auf mich. Vor allem seit er festgestellt hat, dass ich mich nicht einschüchtern lasse. Aber glaube mir, ich wünschte mir nichts lieber, als ihn in weiter Ferne zu wissen.“
„Verstehe“, sagte Lydia gedehnt, und dann schüttelte sie den Kopf. „Ja, ich glaube dir.
Er ist zwar ein faszinierender Mann, aber dich interessieren keine faszinierenden Männer. Du wünschst dir einen charakterfesten, prinzipientreuen Mann. Ich überlasse dir Etienne“, erklärte sie großzügig.
Elinor lachte. „Ehrlich gestanden, war er ursprünglich mir zugedacht. Lord Rohan fand, ich soll heiraten, und schickte Etienne zu uns. Der verliebte sich logischerweise auf den ersten Blick in dich und hielt sich nicht an Rohans Pläne.“
„Er versuchte, eine Heirat für dich zu arrangieren? Aber wieso?“
Elinor hatte nicht die Absicht, ihrer Schwester die Wahrheit zu sagen, zumal Rohans Wahrheit ein zweischneidiges Schwert zu sein schien. „Wenn ich mit einem Ehemann versorgt wäre, müsste er nicht länger den Wohltäter spielen.“
„Aber das muss er doch nicht. Er ist uns in keiner Weise verpflichtet. Und sag jetzt bloß nicht, der Begründer des Satanischen Bundes ist schwer zu durchschauen. Ich glaube, der Mann weiß genau, was er tut.“
Hastig stand Elinor auf und biss die Zähne zusammen, um nicht das Gesicht vor Schmerz zu verziehen. Das Gespräch hatte eine Wendung genommen, der sie sich nur entziehen konnte, wenn sie sich verabschiedete. Im Übrigen musste sie früher oder später ohnehin mit Rohan sprechen, also konnte sie es auch gleich hinter sich bringen.
„Wenn es Gründe für sein Verhalten gibt, wird er sie uns nicht nennen, meine Liebe.
Ich spreche mit ihm. Damit erreiche ich wenigstens, in einem Zimmer in deiner Nähe untergebracht zu werden.“
„Das wäre mir sehr lieb.“ Lydia erhob sich gleichfalls und drückte Elinor einen zärtlichen Kuss auf die Wange. „Hab keine Angst vor der Unterredung. Du hast den Mut und die Kraft, auch dem teuflischsten Mann die Stirn zu bieten.“
Elinor lächelte zuversichtlich und trat in den kühlen Flur, wo Jeanne-Louise auf sie wartete. Neben ihr stand ein hünenhafter Diener, größer und breitschultriger, als sie je einen Mann gesehen hatte.
„Sind Sie bereit, Madame?“, fragte er mit tiefer Stimme wie ein Brummbär.
„Bereit wofür?“
„Um in Ihre Suite zurückgebracht zu werden“, erklärte Jeanne-Louise.
„Ja, aber ...“
Der Riese schwang sie sich mühelos in die Arme und hielt sie mit einer Leichtigkeit, dass sie beinahe glaubte, über dem Boden zu schweben.
„Seine Lordschaft möchte, dass Sie Ihre wunden Füße schonen. Antoine ist sehr kräftig“, erklärte Jeanne-Louise und eilte neben dem Riesen her.
Elinor war die Situation unendlich peinlich. „Aber das ist völlig unnötig ...“, wollte sie widersprechen.
„Seine Lordschaft besteht darauf“, sagte das Mädchen, als sei damit die Sache erledigt.
Elinor biss sich verärgert auf die Unterlippe. „Ich wäre gerne in der Nähe meiner Schwester untergebracht. Wenn Sie bitte dafür sorgen wollen ...“
„Dazu bin ich nicht befugt, Madame. Darüber sprechen Sie besser mit
Weitere Kostenlose Bücher