0400 - Todeszone Silbermond
anschwellen lassen; auch optisch erzeugte er den Eindruck, Leonardo gewaltig überlegen zu sein.
Der Montagne verzog das Gesicht. Er wußte nur zu gut, daß er unter den Dämonen umstritten war. Kaum einer sah ihn, den Emporkömmling, gern als Fürsten über sich gestellt. Aber kaum einer wagte, offen zu rebellieren. Leonardo hatte das Gefühl, daß sie sich langsam damit abfanden, daß er sie alle überrundet hatte. Selbst Astaroth, von dem er glaubte, daß er zumindest anfangs stark gegen ihn intrigiert hatte, bloß konnte er dem das nicht beweisen.
Aber Lucifuge Rofocale hätte es ihm nicht so deutlich zu zeigen brauchen, wie wenig er von dem Fürsten der Finsternis hielt…
Knapp, fast zu knapp fiel die Verbeugung aus, mit der Leonardo dem Herrn der Hölle seine Ehrerbietung zu bezeugen hatte.
»Was willst du?« fragte Lucifuge Rofocale nach einer Weile.
»Ich will deine Zustimmung, einen großen Angriff auf die letzen verbliebenen Gegner führen zu dürfen«, sagte Leonardo gerade heraus.
»Wir müssen die Chance nutzen, die sich uns bietet. Merlin, Zamorra, seine Gefährtin und die beiden Silbermond-Druiden sind tot, zwei Amulette vernichtet, eines davon wahrscheinlich das Zamorras… das ist ein Schlag für unsere Gegner, wie es ihn kaum ein zweites Mal geben wird.«
Lucifuge Rofocale zuckte schon bei den ersten Worten Leonardos zusammen.
Jetzt beugte er sich vor. Seine Pranken umschlossen die Lehnen seines Thronsessels. Das Material knirschte zerberstend. Die Augen des Herrn der Hölle flammten grell.
»Was sagst du da?«
»Du hast richtig gehört«, sagte Leonardo.
»Woher willst du das wissen?« fauchte Lucifuge.
»Ich habe so meine Informanten«, erwiderte Leonardo.
»Dein Amulett hat nicht zufällig reagiert?« zischte der Herr der Hölle ihn an.
Bestürzt wich Leonardo einen Schritt zurück. »Woher – woher weißt du das?« stieß er überrascht hervor.
»Auch ich habe so meine Informanten«, gab Lucifuge Rofocale zurück.
»Laß mich nachdenken.«
Er lehnte sich zurück und schloß die Augen. Langsam wiederholte er die Namen, die Leonardo genannt hatte.
»Merlin«, murmelte er dann. »Merlin… der in der Zeit schläft, gebannt von der Toten, für die tausend Jahre weniger als ein Tag waren…«
»Wovon sprichst du?«
»Von Merlins Eisgefängnis«, sagte Lucifuge Rofocale fast träumerisch.
»Er war kaltgestellt – im wahrsten Sinn des Wortes. Wußtest du das etwa nicht? Asmodis erledigte seine Geschäfte bis jetzt. Asmodis, der nach Caermardhin floh.«
Leonardo schwieg. Er erinnerte sich an Gerüchte und Andeutungen.
»Und nun sagst du, Merlin sei tot, Zamorra ebenfalls… das will ich nachprüfen.«
Leonardo wich einen weiteren Schritt zurück. Lucifuge Rofocale war undurchschaubar. Was, wenn er Leonardo das Amulett abforderte und auf dessen seltsames Geheimnis stieß, während er darüber versuchte, die Verbindung zwischen den Llyrana-Sternen zu erforschen?
»Es gibt einen Weg nach Caermardhin, den nur ich kenne«, sagte Lucifuge Rofocale. »Nimm deine Skelett-Krieger, Leonardo. Nimm zwei, drei Hundertschaften. Wir gehen nach Caermardhin, und wir werden Sid Amos fragen, was geschehen ist. Und LUZIFER soll ihn fressen, wenn er uns nicht Rede und Antwort steht. Merlin tot… das will ich wissen. Das muß ich wissen. Die Schicksalswaage geriete möglicherweise aus dem Gleichgewicht, und das wäre nicht gut…«
Bestürzt sah Leonardo seinen Herrn an. Der war von der Möglichkeit nicht begeistert, daß Merlin den Tod gefunden haben könnte? Das wollte Leonardo nicht begreifen. Aber er begriff, daß Lucifuge Rofocale die sich bietende Chance nutzen wollte – wenn auch vielleicht auf eine etwas andere Weise als die, die Leonardo vorgeschwebt war. Mit drei Hundertschaften der Skelett-Krieger nach Caermardhin! Das war etwas, das er sich immer erträumt hatte.
Merlins Burg angreifen, besetzen und die Kontrolle übernehmen! Und Lucifuge Rofocale kannte den Weg!
»Ich bin bereit«, sagte Leonardo fiebrig. »Meine Skelett-Krieger warten nur auf den Einsatzbefehl.«
Der Herr der Hölle erhob sich von seinem Thron. »Dann wollen wir keine Zeit verlieren«, sagte er.
Die Invasion konnte beginnen!
***
Zamorra spürte, wie »sein« Vogel landete. Abrupt wurde das ruhige Dahingleiten unterbrochen. Die Laufbewegungen, mit denen der Vogel seinen Schwung abfing, schüttelten sein Inneres durch. Zamorra flog fast von seinem organischen Sitzklumpen.
Kaum wurde es wieder ruhig, als sich
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