0400 - Todeszone Silbermond
schützen.«
Lucifuge Rofocale sah ihn durchdringend an. Er war sich nicht sicher, ob Amos ihn belog, oder ob er sich tatsächlich absichern konnte. Aber wenn ja – wie hatte er dann rechtzeitig von der Invasion erfahren, um die Sicherung auszuschalten? Und warum hatte er das Eindringen der Höllischen zugelassen?
Als habe er Lucifuge Rofocales Gedanken erraten, fuhr er fort: »Aber vielleicht bin ich nur einfach neugierig und wollte wissen, was du von mir willst. Dafür nehme ich es auch in Kauf, daß du mit den Gerippe- Söldnern deines Vasallen Leonardo die Räume und Korridore Caermardhins besudelst. Aber vielleicht befiehlst du Leonardo, daß er den Dreck wieder wegräumen läßt, ehe er geht.«
»Er wird gehen, wenn ich es für richtig halte.«
»Ich mag ihn nicht, das weißt du. Befiehl ihm, er soll nach der Reinigungsaktion mit seinen Knochenmännern verschwinden. Ansonsten befehle ich es ihm. Und das wird für ihn etwas unangenehmer. Du dagegen, Lucifuge Rofocale, darfst dich meinen Gast nennen – vorläufig.«
»Du vergißt, wen du vor dir hast!« brüllte der Herr der Hölle.
Amos ließ sich davon nicht beeindrucken. »Vergißt du nicht auch, mit wem du redest? Ich bin nicht mehr dein Untergebener. Schon lange nicht mehr. Ich bin Merlins Nachfolger. Ich bin der neue Merlin. Hier ist das Zentrum meines Reiches, hier herrsche ich. Du bist Gast. Benimm dich entsprechend. Ansonsten werfe ich dich hinaus.«
Lucifuge Rofocale war wahrhaftig eine Weile sprachlos. Finster starrte er Amos an und versuchte, ihn mit seinen Blicken zu durchbohren. Aber Amos hielt ihm stand. Er steckte nicht zurück.
Es mochte etwas dran sein an seinen Worten, überlegte Lucifuge Rofocale grimmig. Merlin hatte gewaltige Macht besessen. Und Asmodis war schon immer stark gewesen, sonst hätte er sich nicht so viele Jahrhunderte, Jahrtausende als Fürst der Finsternis behaupten können, obgleich es genug Machtkämpfe und Intrigen gegeben hatte und weil es Luzifer noch immer gab. Wenn er gelernt hatte, sich Merlins Macht zu bedienen, dann waren seine Äußerungen nicht nur leere Worte.
Lucifuge Rofocale wollte es nicht auf eine Machtprobe ankommen lassen.
Er vergaß nicht, daß Caermardhin für ihn fremdes Territorium war.
Hier hatte Amos Heimspiel. Nun, es würde andere Gelegenheiten geben, die Möbel zurechtzurücken. Lucifuge Rofocale wollte hier und jetzt nicht in die Geschicke eingreifen. Er fürchtete die Macht der Schicksalswaage.
Erst, wenn er genügend Informationen besaß, konnte er etwas in die Wege leiten. Dazu mußte er aber erst einmal fragen.
»Was ist mit Merlin geschehen? Stimmen die Gerüchte, daß er tot sei? Und mit ihm Zamorra und einige andere?«
Amos grinste.
»Sieh dich überall um, ob du Merlin irgendwo finden kannst.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage«, donnerte der Dämon.
»Wenn sich Gerüchte schon so schnell ausbreiten, daß sie dich bereits erreichten«, sagte Amos gelassen, »dann wirst du auch wissen, was geschah. Du willst es nur bestätigt bekommen. Nun, Merlin ist aus der Welt getilgt worden. Zamorra, Nicole, Gryf, Teri ebenfalls. Ich bin jetzt der Herr von Caermardhin. Reicht dir das als Antwort nicht?«
»Aus der Welt getilgt worden«, knurrte Lucifuge Rofocale. »Das ist zu schön, um wahr zu sein. Aber du drückst dich immer noch unklar aus. Sind sie tot? Ja oder nein?«
»Soweit ich es weiß – ja«, sagte Amos.
Lucifuge Rofocale atmete eine schwere Schwefelwolke aus. »Warum nicht gleich so? Das ist es doch, was ich wissen wollte. Was wird nun geschehen?«
»Was sollte geschehen? Du weißt es. Ich bin Merlins Nachfolger.«
»Und in welchem Sinne wirst du arbeiten? In seinem – oder in unserem?«
»Du bist ein Narr, Lucifuge«, erwiderte Amos kühl. »Du solltest wissen, wie unsinnig diese Frage ist. Der Wächter der Schicksalswaage hat vorbestimmt, welche Funktionen ich auszufüllen habe. Daran werde ich mich halten. Ich werde mich hüten, das Gleichgewicht der Kräfte zu stören. Reicht es dir nicht als Erfolg, daß außer Merlin auch die größten Feinde der Hölle von der Erde getilgt worden sind? Finde dich damit ab und mach was draus. Das Handeln liegt jetzt einzig und allein an dir.«
Der Erzdämon funkelte ihn an.
»Wirst du dich meinen Plänen entgegenstellen?«
»Wenn ich es muß«, sagte Amos. »Aber auch mein Vorgänger hat sich nicht allen deinen Plänen in den Weg gestellt, wie du weißt. Ich werde so handeln, wie ich es je nachdem für richtig
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