0401 - Die Druiden-Falle
überragte, in dem die Hohe Lady zu finden gewesen war, in dem Rituale zelebriert wurden und in dem Merlin auch verhört worden war und hingerichtet werden sollte. Zamorras Auftauchen hatte der Sache dann eine drastische Wende gegeben…
Ivetac würde dort sein.
Merlin wußte nicht, wie dieser Druide reagieren würde. Aber er konnte jetzt nicht mehr zurück. Mit dem Verlassen des Gefängnisses hatte er etwas in die Wege geleitet, dessen weitere Folgen er nicht abzusehen vermochte. Es mußte einfach gutgehen!
***
Das Organhaus mußte unter einem krampfhaften Hustenanfall leiden! So jedenfalls deutete Zamorra die Zuckungen, die den ihnen verbliebenen Höhlenraum durchrasten.
»Mach weiter, Mann«, stieß er hervor. »Räuchere den Burschen innerlich so ein, daß er uns ausspuckt!«
»Den Burschen«, machte Gryf verächtlich. »Pah! Das ist ein größenwahnsinnig gewordener Baumstamm…«
»Den jemand zu einer menschenfressenden Bestie gemacht hat. Los, die Sache mit dem Tabak wirkt vielleicht!«
Gryf rauchte jetzt hastiger.
»In einer solchen Hektik habe ich noch nie geraucht«, behauptete er. »Wo bleiben denn da Kultur und Genuß, he?«
»Willst du das wirklich wissen?« brummte Zamorra.
Er wurde erneut kräftig durchgeschüttelt, als der »Magen« erneute Zuckungen erlitt. Die Säuretropfen wurden jetzt zu einer Art Dauerregen. Das Organhaus schien alles daran setzen zu wollen, die Auflösung seiner Opfer vorzutreiben, um des quälenden Tabakrauchs ledig zu werden. Oder es war ein Reflex…
Gryfs Abschirmung flimmerte jetzt. Der Druide konnte sie nicht mehr lange aufrechterhalten. Jede Sekunde konnte es vorbei sein. Dann war zumindest er der Säure hilflos ausgeliefert. Wenn Zamorra es schaffte, Kopf und Hände irgendwie zu schützen, würde er etwas länger überleben.
Etwas…
Warum platzte dieser malträtierte Organhaus-Magen nicht auf? Wann merkte dieses Gebilde endlich, daß seine Gefangenen recht unverdaulich waren?
Die Abschirmung flimmerte stärker. Hier und da bildeten sich Funkenregen, wo Säuretropfen darauf niederhämmerten.
Rauch stieg auf. Wieder flammten verpuffende Gase. Ein Feuerstrahl arbeitete sich auf Gryfs Pfeife zu, verlosch aber rechtzeitig. Der Druide schrie eine Verwünschung, wie Zamorra sie von ihm noch nie gehört hatte.
Im nächsten Moment riß über ihnen der Himmel auf.
Ein wuchtiger Schlag von unten trieb die beiden Männer in die Höhe. Sie wurden aus dem unheimlich eng gewordenen Gebilde hinausgeschleudert. Gryf umklammerte krampfhaft seine Pfeife. Er landete in wucherndem Gestrüpp am Felsenhang oberhalb des Schrumpf-Hauses. Zamorra landete ein paar Meter weiter rechts und tiefer, rollte den Schräghang einige Meter tiefer und war einmal mehr froh, diesen weißen Schutzanzug zu tragen. Ohne das stabile Material hätte er erhebliche Hautabschürfungen hinnehmen müssen.
Er richtete sich auf. Das Tageslicht blendete ihn nach der Dunkelheit fast, die nur vom flackernden Feuerzeugschein und zeitweiligen Gasverpuffungen aufgehellt worden war. Er suchte nach dem Haus. Beim zweiten Hinsehen entdeckte er es; es hatte sich wieder geschlossen und schrumpfte nun noch schneller. In diesem Moment war es gerade noch so groß wie ein kleines Motorradzelt, eine halbe Minute später besaß es gerade noch Koffergröße.
Gryf hangelte sich aus dem Geäst.
»Bist du okay?« fragte Zamorra.
Der Druide nickte. »Sieht so aus. Nichts gebrochen, keine inneren Verletzungen, kein Schlag auf den Kopf, nichts… nur frage ich mich, weshalb ich eigentlich meine Jacke opfern mußte. Du bezahlst mir eine neue, Alter. Klar?«
Zamorra winkte ab. Er betrachtete das schrumpfende Haus.
»Wie klein kann so etwas eigentlich werden?« erkundigte er sich.
»Keine Ahnung. Ich sehe eine solche Schrumpfung heute zum ersten Mal. Ich habe immer geglaubt, es gäbe bei den Organhäusern nur allmähliches Wachstum bis zu einem bestimmten Punkt, der genetisch festgelegt ist. Aber ich habe auch noch nie erlebt oder davon gehört, daß ein Organhaus seine Insassen fressen möchte. Die Organhäuser ernähren sich von Regen und Sonnenschein, von Tag und Nacht. Sie sind anspruchsloser als manche Kakteenart. Sie gedeihen selbst auf blankem Fels. Sie sind harmlos und nützlich.«
»Das habe ich gemerkt«, sagte Zamorra. »Bist du mit deinem Lobgesang fertig?«
»Annähernd«, konterte Gryf. Er klopfte seine erloschene Pfeife aus. »Da soll noch einer behaupten, Rauchen wäre ungesund.«
Zamorra grinste.
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