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0402 - Ein G-man starb in Halle 3

0402 - Ein G-man starb in Halle 3

Titel: 0402 - Ein G-man starb in Halle 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich aus. Steve hatte die Stirn gerunzelt und sah sich noch einmal um, als wolle er sich vergewissern, dass alles getan sei, was an einem Tatort nur getan werden konnte. Nach einem langen Schweigen sagte er mit belegter Stimme.
    »Die beiden Täter haben die wertvollsten Briefmarken amerikanischer Herkunft gestohlen, nachdem sie die Vitrinen zertrümmert hatten. Es handelt sich bei den gestohlenen Marken ausschließlich um eine Leihgabe des US-Postministeriums. Sachverständige der Ausstellungsleitung sind dabei, eine genaue Liste der einzelnen Stücke anzufertigen. Ungenau und zunächst nur als groben Anhaltspunkt schätzen sie den Gesamtwert der gestohlenen Marken auf knapp vierhunderttausend Dollar.«
    Er stemmte die Fäuste in die Hüften und sah uns der Reihe nach an.
    »Ich weiß nicht«, fuhr er fort, »ob jemand von euch Marken sammelt. Aber eines solltet ihr euch klarmachen: In den Vitrinen, die ich mit den Ziffern eins bis sechs bezeichnen ließ, befinden sich europäische Marken aus dem vorigen Jahrhundert, die einen Katalogwert von fast zwei Millionen Dollar repräsentieren. Die Täter haben auf diese Marken verzichtet. Sie haben nur die amerikanischen Marken genommen. Dafür gibt es nur einen einleuchtenden Grund, auch nach der Meinung der Ausstellungsleitung: Die Täter waren selbst Sammler oder handelten im Auftrag eines Sammlers, der auf ein Gebiet spezialisiert ist. Ich habe mir sagen lassen, dass sich fast alle Philatelisten auf etwas spezialisieren, weil es heutzutage zu viele Briefmarken gibt, als dass man noch alle sammeln könnte. Unser Sammler ist also auf amerikanische Briefmarken spezialisiert. Das ist ein Anhaltspunkt.«
    »Augenblick mal«, sagte ich. Und natürlich richteten prompt alle ihre Blicke auf mich. Ich trat einen Schritt näher an Steve heran. »Das sind also nun zwei Anhaltspunkte…«
    »Wieso zwei?«, fragte Steve.
    »Der erste ist, dass es sich um einen Mann handelt, der nur amerikanische Marken sammelt. Und der zweite ist meiner Meinung nach der, dass dieser Bursche ein so fanatischer Sammler sein muss, dass er dafür immerhin einen Einbruch zusammen mit einem Komplizen begeht oder von zwei beauftragten Leuten begehen lässt. Der Mord an Will wird ja wahrscheinlich nicht von Anfang an geplant gewesen sein.«
    Einen Augenblick herrschte Stille, während alle ihre Blicke wieder auf Steve richteten. Der stemmte die Fäuste erneut in die Hüften, starrte auf seine Fußspitzen, hob aber plötzlich den Kopf und sagte ernst: »Tut mir leid, Jerry. Aber es war von Anfang an geplant, den Mann, der hier Wache hatte, zu ermorden.«
    »Was berechtigt Sie zu dieser Annahme, Steve?«, fragte der Chef. Seine Stimme war schärfer denn je.
    Steve deutete mit einer umfassenden Bewegung noch einmal auf all das, was er uns vorhin demonstriert hatte.
    »Erstens schießt ein G-man nicht zuerst. Zweitens tragen gewöhnliche Einbrecher nur selten Schusswaffen bei sich. Drittens aber dachte der zweite Mann - als der erste von Will verwundet worden war - gar nicht daran, sich aus seinem Versteck zu erheben, seinem Komplizen zu helfen oder zu fliehen. Nein. Er wartete kaltblütig darauf, dass sich der Wächter hier aus seinem Versteck herauswagte und auf den Verletzten zuging, um ihm zu helfen. Und dann schoss er dem völlig ungedeckten Mann von hinten über eine Distanz von zwanzig Yards drei Kugeln in den Rücken. Das sieht ganz eindeutig nach Absicht aus. Hätte man Will dem Verletzten helfen lassen, hätte man wahrscheinlich eine Gelegenheit gefunden, ihn von hinten niederzuschlagen, denn Will glaubte wahrscheinlich, dass nur ein Einbrecher im Raum sei. Stattdessen wartete der zweite Mann darauf, dass Will sich zeigen würde, um dem Getroffenen zu helfen. Das ist, meiner Meinung nach vorsätzlicher Mord.«
    Wieder herrschte eine beklemmende Stille. Ich spürte, wie mir der Schweiß auf der Stirn ausbrach. Ungeduldig rieb ich ihn mit dem Handrücken weg.
    »Steve«, fing ich zögernd wieder an, denn ich wusste selbst nicht klar genug, was mir undeutlich im Kopf herumspukte. »Steve, diese Ausstellung ist von einem Verein für Briefmarkensammler organisiert worden. Was ist das für eine Organisation?«
    »Wenn ich das mal erklären darf«, sagte Mell Förster, ein Kollege vom Erkennungsdienst, »dann möchte ich sogar sagen, dass Briefmarkensammler mehr als andere Leute genötigt sind, Vereine zu bilden. Bei jedem Sammler finden sich mit der Zeit Marken ein, die er schon zwei- oder mehrmals besitzt.

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