0403 - Das Auge des Jägers
worden?
Unwillkürlich schüttelte sie sich.
»Ich konnte auch keinen Übergang spüren«, gestand Zamorra. »Vielleicht ist das mit Absicht so gemacht. Es sollte so einfach wie möglich sein, einen Friedhof zu besuchen.«
Nicole nickte nur.
In einiger Entfernung begannen die ersten Reihen der Bernsteinsärge.
Es waren für einen Friedhof erstaunlich wenige. Aber dann begriffen sowohl Nicole als auch Zamorra, daß die Druiden nicht mehr brauchten. Es gab doch so gut wie keine Todesfälle auf dem Silbermond. Wer starb hier schon eines gewaltsamen Todes? Und gegen einen natürlichen Tod sprach die unglaubliche Langlebigkeit der Druiden.
»Ich möchte mir diese Särge näher ansehen«, sagte Nicole.
»Ich möchte lieber wissen, wo die beiden Druiden gefangengehalten werden«, sagte Zamorra rauh. Er faßte nach dem Dhyarra-Kristall. »Und wo die Meeghs beziehungsweise die Roboter stecken. Siehst du irgend etwas?«
»Es gibt hier keine Möglichkeit, etwas oder jemanden zu verbergen«, schüttelte Nicole den Kopf. »Das ist seltsam. Sie könnten höchstens hinter den Bernsteinsärgen lauern. Aber sie müssten Schatten werfen, die man sehen kann. Ich verstehe das nicht.«
»Es wird eine Falle sein«, erkannte Nicole. »Vielleicht hat man uns nur deshalb hierher gelockt, weil man hier besser mit uns fertig wird.«
Zamorra blieb abrupt stehen.
Sie waren inzwischen gut dreißig Meter weit gegangen, der Größe der Halle wegen den Särgen aber noch nicht nennenswert näher gekommen. Jetzt sah der Parapsychologe sich einmal mehr mißtrauisch um. Aber er konnte nirgendwo in der Umgebung etwas erkennen, was wie eine Falle aussah.
Nur nach oben schaute er nicht.
Und dort lauerten sie…
***
»Jetzt wird mir einiges klar«, sagte Gryf, als Merlin seine Erzählung beendet hatte. »Vor allem der Grund für unser Hiersein. Ich schätze, Zamorra braucht sich absolut keine Gedanken mehr um ein mögliches Zeitparadoxon zu machen. Er wird Augen machen, wenn wir ihm davon erzählen…«
»Du sprichst in Rätseln, Gryf«, sagte Merlin.
Der Jäger heulte begierig dazwischen. Er fieberte darauf, zu den Meeghs gebracht zu werden, die er witterte. Er wollte sie vernichten.
»Schalt doch mal einer diese Heulboje ab!« protestierte Gryf. »Der krakeelt ja schlimmer als ein Dutzend liebeskranker arabischer Derwische! – Merlin, wir mussten hier erscheinen. Oder zumindest du. Wir sind nur bunte Dekoration. Es ist eine dieser vertrackten Zeitreisen, die sein müssen, um die Vergangenheit zu bestätigen.«
»Ich verstehe immer noch nicht«, sagte Merlin.
»Das liegt daran, daß du dein Gedächtnis verloren hast«, warf Teri ein, die längst auch begriffen hatte, was hier vor sich ging. »Erinnerst du dich an Sara Moon?«
»Der Name fiel einige Male im Gespräch auf dem Silbermond«, gestand Merlin.
»Vor langer Zeit, mein lieber Weltenhüter Merlin, zeugtest du mit der Niemand eine Druidentochter, die Sara Moon genannt wurde«, sagte Teri.
Merlin zuckte zusammen. »Die Niemand…«, echote er leise. »Niemand war hier, sagten die kleinen Wesen. Wir sahen niemand… ihr meint…?«
»Natürlich. Es ist eine der vielen Bezeichnungen, die man in verschiedenen Kulturen und Zeitaltern der Zeitlosen gab. Mit ihr, mit Morgana, hast du eine Tochter. Sara Moon. Deshalb mußtest du hierherkommen. Um die Zeitlose zu treffen. Aus keinem anderen Grund. Verstehst du nun endlich?«
Merlin nickte entgeistert.
»Aber was wurde aus Sara Moon?« fragte er schließlich.
Teri räusperte sich. »Sie wechselte die Seiten und dient jetzt dem Bösen«, sagte sie. »Sie arbeitete zeitweise mit den MÄCHTIGEN zusammen, vor allem gegen dich. Sie haßt dich. Inzwischen ist sie die Herrscherin der DYNASTIE DER EWIGEN.«
Merlin schluckte. »Aber wie konnte das geschehen?«
»Es heißt, daß schon vor ihrer Geburt eine Art Programm in ihr verankert wurde, das für den Seitenwechsel sorgte. Die Meeghs pflanzten ihr etwas ein, das sie CRAAHN nannten. Es wurde schlagartig aktiv, als sie längst erwachsen war… und…«
Merlin wurde blaß.
»Die Meeghs!« entfuhr es Merlin. »Sie sind… sie haben Morgana… wir müssen verhindern, daß sie…«
Er sprang auf.
Gryf ebenfalls. Er legte Merlin die Hand auf die Schulter.
»He, Chef, warte mal. Überstürze nichts. Erstens ist es überhaupt nicht gesagt, daß diese Manipulation hier und jetzt stattfindet. Verdammt, es ist erst ein paar Stunden her, daß du mit ihr geschlafen hast. Vielleicht hat’s ja
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