0405 - Fluchtweg durch die Unterwelt
an. Das angekündigte Gespräch für Mrs. Dallinger war eben durchgelaufen, und ein Mann mit dem Band war auf dem Weg zum Office.
Endlich! Wir warteten noch einmal zwanzig Minuten, dann ließen wir das Band ablaufen. Die alte Dame hatte gleich selbst abgenommen. Wer weiß, wie lange sie schon neben dem Telefon gesessen hatte.
»Dallinger.«
»Mrs. Dallinger selbst?«
Es war eine eigenartige Stimme. Entweder strapazierte hier eine Frau ihre Stimmlage, indem sie ihr eine heisere Note zu geben versuchte, oder ein Mann machte auf weiblich und kam nicht damit zurecht. Es sah so aus, als wenn Dan Kerrit sich auf den Weg gemacht hatte, die Ernte einzubringen. Sein hoher piepsiger Ton war sowohl vom Nachtwächter als auch von den Damen Smith in Newark als besonderes Kennzeichen geschildert worden.
Die Grandma antwortete mit ruhiger fester Stimme.
»Ja. Ich bin es selbst. Haben Sie mir die kleine Karte geschrieben?«
»Klar. Hören Sie zu. Ich will hunderttausend Bucks in Zwanzigern, klar? Tun Sie die in einen bunten Einkaufsbeutel und warten Sie ab.«
»Sicher. Und wie geht es weiter? Wann bekomme ich Rex?«
»Zwei Stunden, nachdem ich mit dem Geld in Sicherheit bin. Und keine krummen Touren, klar? Wenn der Beauftragte mit dem Geld geschnappt wird, ist alles aus. Haben Sie das Geld bis morgen Mittag?«
»Ich hoffe, dass die Bank das schafft.«
»Das muss sie schaffen, klar? Morgen Mittag rufe ich wieder an, und dann muss alles bereit sein, klar? So long.«
Man hörte deutlich das Klicken in der Leitung.
Wir hörten uns das noch ein paarmal an und kamen zu der einstimmigen Meinung, dass die Sprechweise des Anrufers gekünstelt war. Es war genau so, als wenn jemand, der eine gepflegte Sprache gewohnt war, nun versucht hatte, ihr einen ordinären Klang zu geben.
Ich war der Meinung, dass dies nur die Generalprobe sein sollte. 100 000 Dollar waren zwar eine Menge Geld -aber Erpresser, die Familien der High Society ausnehmen, nennen meist höhere Summen.
Ihr großer Coup, der Juwelenraub, war inzwischen zur Nebensache geworden. Der Wert der Beute belief sich nach Angaben des Juweliers auf etwa 220 000 Dollar. Für die Gangster bedeutete das im günstigsten Fall einen Erlös von 30 000 Dollar, den sie obendrein auch erst nach und nach einkassieren konnten. Dabei liefen sie ständig Gefahr, mit der heißen Ware geschnappt zu werden. In den nächsten Wochen würden ihnen die Juwelen keinen Cent einbringen. Selbst mit den ungefassten Steinen dürften sie sich in den Staaten nicht sehen lassen.
Gruppenweise spitzten große und kleine Gangster die Ohren. Sie mussten den Kidnappern die Beute abjagen und dabei möglichst auch den kleinen Rex in Freiheit setzen, wenn sie wieder einigermaßen Ruhe haben wollten. Es wäre nicht das erste Mal, dass uns aus der Unterwelt ein Wink gegeben wurde wenn ein Außenseiter für die vielen Razzien verantwortlich ist.
***
Am Freitagmorgen machte ich mich auf den Weg zur New York City Bank.
Ich fuhr mit einem Bus und ging das letzte Stück zu Fuß.
Die Umgebung der Bank, der Haupteingang und die Schalterhalle standen bereits unter Beobachtung. Obwohl ich wusste, wie viele und welche meiner Kollegen daran beteiligt waren, konnte ich nur zwei davon entdecken. Sie standen auf der gegenüberliegenden Seite zwischen anderen Männern, die in der offenen Tür eines Wettlokals debattierten. Noch bevor ich auf ihrer Höhe war, kamen sie heraus und gesellten sich denen zu, die an den beiden Schaufensterscheiben die ausgehängten Starterlisten durchsahen.
Ich wollte den Haupteingang und die Schalterhalle meiden, deshalb benutzte ich einen Nebeneingang, der direkt zu den Direktionszimmern führte.
Mr. Scrammel, der Direktor, hatte mich bereits erwartet.
»Mrs. Dallinger rief vorhin an und bestellte 100 000 Dollar in Zwanziger-Noten. Wir waren schon so weit vorbereitet, dass wir die Listen mit den Nummern für diesen Betrag fertiggestellt hatten. Wollen Sie einen Durchschlag der Liste mitnehmen, Agent Cotton?«
»Ja, vielen Dank, sehr gern.«
»Die Banderolen sind außer von uns noch von der Chase National sowie der Federal Reserve mit bis zu vier Tagen zurückliegenden Tagesstempeln, wie Sie uns empfohlen haben. Es sieht also ganz so aus, als hätten wir das Geld heute in Eile zusammenholen müssen.«
»Sie haben gute Arbeit geleistet«, sagte ich ehrlich.
»Für wann hat sich Mrs. Dallinger angemeldet?«
»Ich bat sie, nicht vor zwölf zu kommen, da wir erst noch einen Teil der Noten
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