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0406 - Finale in der Knochengrube

0406 - Finale in der Knochengrube

Titel: 0406 - Finale in der Knochengrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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alte Kaiinka meldete sich nicht.
    Auch im Lager, das gleichzeitig als Schlafstätte diente, sahen wir sie nicht.
    »Sie muss doch da sein«, sagte der Russe.
    Ich ging auf das Bett zu. Ein unangenehmes Gefühl hatte sich meiner bemächtigt. Auf meiner Haut spürte ich das Kribbeln. Ich wusste, wie gefährlich dieser Fall war. Der Götze Baal mischte mit, und ihm kam es auf ein Opfer mehr oder weniger nicht an. Wenn er uns unter Kontrolle hielt und über jeden unserer Schritte informiert war, konnte es durchaus sein, dass er eine weitere Spur zu ihm gnadenlos abgeschnitten hatte.
    Ich stand noch immer neben dem Bett, drehte mich, ging einen halben Schritt vor und konnte in eine kleine Nische schauen. Meine Augen wurden groß, ich zuckte zurück, denn aus der Nische starrte mich ein Gesicht an, wie ich es noch nie gesehen hatte.
    Es schien aus Rinde und Baumwurzeln zu bestehen, in die jemand mit einem Schälmesser Falten, Runzeln und Furchen hineingeschnitten hatte.
    In die obere Hälfte hineingedrückt waren zwei Augen, die mich an blasse Kreise erinnerten und zum Zentrum hin ein wenig dunkler wurden.
    Auch die Haare sahen aus wie abgeschälte Rinde, nur die Kleidung wollte nicht dazu passen. Der lange Rock und das Oberteil bewiesen mir jedoch, dass ich es mit einem Menschen zu tun hatte und nicht mit einem lebenden Pflanzenmonster.
    Eine Hand geriet in die Nähe meiner Brust. Wenig später tippten mich die knotigen Finger an und kratzten über die Kleidung, weil die gekrümmten Nägel wie kleine Messer wirkten.
    Sie redete mit mir. Ich verstand kein Wort und ging einen Schritt zurück.
    Durch diese Geste hatte ich das Blickfeld für Wladimir Golenkow freigemacht, und ich hörte ihn rufen: »Ah, die alte Kaiinka.« Das verstand ich.
    Sie löste sich aus der Nische. Breitbeinig und schwerfällig ging sie, denn diese Frau brachte trotz ihres Alters einiges an Gewicht auf die Waage.
    Mit einer hellen, dennoch krächzenden Stimme sprach sie unseren russischen Begleiter an, der in einen regelrechten Antwortschwall verfiel, als er redete.
    Suko und ich konnten nur zuhören, aber die alte Kaiinka war voll auf der Rolle, denn während des Vortrags drehte sie hin und wieder den Kopf, um entweder Suko oder mich anzusehen.
    In der unteren Gesichtshälfte bewegte sich etwas, das ein Mund sein konnte. Wir gingen davon aus, dass sie lächelte, und wir lächelten dann zurück.
    In einer Sprechpause wandte ich mich an Wladimir. »Was hat sie gesagt?«, fragte ich.
    »Dass wir gute Augen hätten.«
    »Aha und was noch?«
    »Dass wir willkommen sind.«
    »Freut mich.«
    Sie bat uns im Lager Sitzplätze an. Zwischen Körben machten wir es uns bequem. Über meinem Kopf baumelte auch ein Korb.
    Als Sitzplätze dienten uns Baumstümpfe! Wladimir Golenkow hatte sich nahe an die alte Kaiinka herangesetzt und sich zu ihr hingebeugt. Er redete dabei sehr intensiv auf sie ein.
    Wir waren nur Zuhörer, aber wir hörten hin und wieder das Wort Rasputin.
    Dann nickte die Frau jedesmal. Und als der Name Baal fiel, sahen wir das Erschrecken auf dem Gesicht der alten Kaiinka.
    »Baal.«
    Es drang aus ihrem Mund wie ein finsterer Schwur. Die Stimme hatte sich verändert, sie war tiefer geworden, und mir rann ein Schauer über den Rücken. »Baal«, wiederholte sie, richtete ihr Gesicht gegen die Decke und legte die Hände mit den knotigen Fingern zusammen. Dann sagte sie etwas, das wie ein Gebet klang und es auch war, wie uns Wladimir flüsternd versicherte.
    »Warum?«
    »Sie hat Angst.«
    »Dann kennt sie den Dämon?«, stellte Suko fest.
    »Ja. Sie hat von ihm gehört, weiß aber nicht, wie er aussieht. Jedenfalls scheinen wir hier richtig zu sein.«
    Die alte Kaiinka senkte den Kopf und breitete die Arme aus, als wollte sie etwas umfassen. Ihre kaum zu erkennenden Lippen bewegten sich, bevor ein Ruck durch ihre Gestalt ging und sie eine Frage an Wladimir stellte.
    Der gab ihr eine Antwort.
    Die beiden verfielen in den nächsten Sekunden in ein flüsterndes Zwiegespräch, dem Suko und ich nur lauschen konnten. Interessant war die Gestik der alten Frau. Sie sagte viel über ihre Worte aus, und wir schauten ihr gespannt zu.
    Manchmal schüttelte sie den Kopf, dann lehnte sie ihren Körper abwehrend zurück und spreizte dabei die Hände, als wollte sie ihren Gesprächspartner beschwören. Wenn sie etwas sagte, wurde sie immer leiser und zischte, bis sie abrupt den Kopf schüttelte, sich bekreuzigte und einen alten Rosenkranz aus ihrer Rocktasche

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