0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
Hintertür geflohen ist, sondern nur die Waffe und seine Handschuhe aus dem Fenster warf, und dann vorn raus türmte!«
»Aber Furth behauptete, niemand gesehen zu haben!«, warf Phil ein.
»Es kam ja erst heraus, als Miss Stetting bei ihm läutete. Bis dahin hätte der Mörder längst über alle Berge sein können.«
Ich bremste am Straßenrand. Sobald der Fahrtwind weg war, spürten wir die Hitze wieder unheimlich stark. Ich schaltete das Funkgerät ein und erkundigte mich, ob schon Ergebnisse Vorlagen. Aber das Einzige, was ich erfahren konnte, war, dass alle Bewohner entweder nicht im Haus waren oder ein Alibi hatten. Die einzige Person, deren Aussage sonderbar erschien, war eine gewisse Miss Vancygaard, Lakey Vancygaard. Sie war Fotografin und hatte ein eigenes Studio im gleichen Haus, in dem auch Chuttenbrooks Büro war, allerdings ein paar Stockwerke weiter unten, wo die Mieten teurer waren.
Sie hatte im Augenblick der Tat gerade Aufnahmen auf der Straße gemacht. Ihr Mannequin hatte neben dem Wohnhaus gestanden. Die Beamten hatten die Negative des Films gesehen, im Hintergrund blitzte der Hudson, im Vordergrund war das Haus. Sonderbar war, dass das Haus scharf war und das Mannequin unscharf. Lakey Vancygaard behauptete, sie hätte sich in der Einstellung geirrt. Und zweitens fehlten bei dem Film zwei Aufnahmen völlig, angeblich überdreht und weggeschnitten.
Als ich nichts mehr erfahren konnte, schaltete ich das Gerät wieder aus.
»Meinst du, es ist etwas dran?«, fragte mich Phil. Ich erzählte ihm von den drei Rennfahrern, die sich heute an dem Rennen beteiligen sollten. »Einer davon hieß Vancygaard«, sagte ich.
»Das kann Zufall sein«, meinte Phil, aber es klang nicht sehr überzeugend.
***
Wir preschten jetzt auf dem Saw Mill River Parkway durch Yonkers und kamen am Yonkers Raceway vorbei. Ich drosselte den Motor etwas, um nach Hinweistafeln auszuschauen. Wir fanden die Erste bei der Abzweigung nach Hartsdale und fuhren ihr nach.
Dann kam ein zweites Schild, ein riesiger schwarzer Autoreifen, in dessen knallgelber Mitte stand: General Rubber Company. Versuchsbahn. Wir bogen noch einmal nach rechts ab, mussten ein Stück in Richtung Sprain Lake zurückfahren, und dann hörten wir schon das Gebrumm der hochtourigen Wagen.
Wir kamen an eine Sperre aus drei übereinandergelegten Balken aus massivem Holz. Ein Bursche stand davor und musterte uns mit finsteren Blicken. Er war breit und groß, hatte stecknadelgroße stumpfe Knopfaugen, eine zerschlagene Nase und blondes Stoppelhaar. In seinem breiten Mund hing eine selbst gedrehte Zigarette. Er stierte uns aus seinen Elefantenaugen an.
Ich bremste knapp vor dem Tor. .
»Was wollt ihr?«, fragte der Bursche, ohne die Lippen auseinanderzunehmen.
»Vermutlich hinein«, gab ich zurück.
»Hier nicht!«, knurrte er und wies mit seinem klobigen Schädel auf ein gelbes Schild, das rechts vor ihm stand.
Private Versuchsrennbahn, Zutritt nur für Teilnehmer!
»Sind Sie von der General Rubber?«, fragte ich den Muskelprotz.
Ich hatte plötzlich das dumpfe Gefühl, den Kerl schon einmal gesehen zu haben. Er starrte mich einen Moment schweigend an. Dann knurrte er: »Nee, von der Rennleitung. Und ich darf keinen reinlassen.«
Er kam langsam um die Balkensperre herum und stampfte auf unseren Wagen zu. Seine Arme schlenkerten neben seinem Körper hin und her, und ich entdeckte, dass sein Jackett unter der linken Schulter ausgebeult war.
Plötzlich hatte ich eine Idee. Dieser Bursche entsprach aufs Haar einer Beschreibung.
»Hast wohl nichts zu tun, Mark, wie?«, fragte ich.
Er grinste dümmlich, bis ihm aufging, dass ich seinen Namen gebraucht hatte.
»Hast du Mark gesagt?«, fragte er dumpf.
»Was dagegen?«
»Woher weißt du meinen Namen?« Er war jetzt so verblüfft, dass er sogar den Mund beim Sprechen bewegte. Aber ich war mindestens ebenso verblüfft wie er.
»Hat mir ein Freund geflüstert! ›Wende dich an Mark Senters, der kennt sich aus‹, hat er gesagt.«
»Wie heißt der Freund?«, wollte er wissen.
Ich hob die Schultern. »Ist ja wohl genug, dass Sie Mark Senters sind, oder?«
»Na klar.« Er runzelte die Stirn und versuchte, die ungewohnte Gehirnstrapaze zu verarbeiten.
»Ich hab’s! Du bist der, den sie als Ersatz für Harry Harolds schicken wollten!« Jetzt grinste er breit und wartete auf Anerkennung.
»Tut mir leid, my Boy«, grinste ich zurück, »aber eigentlich wollte ich mich nur ein bisschen umsehen!«
»Mir
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