0406 - Liebesbriefe in Sing-Sing
Haar war ganz kurz geschnitten, und unter seiner Rennkluft trug er einen schwarzen Rollkragenpullover.
»Wer ist das?«, fragte er Pete Fisher und zeigte mit einer Kopfbewegung auf Phil und mich.
Pete antwortete, aber in dem Moment heulte am anderen Ende der Halle ein Motor auf, und ich konnte nichts verstehen.
Als das Geräusch wieder abebbte, kam der Mechaniker auf mich zu und fragte, ob er den Wagen nachsehen sollte. Ich schüttelte den Kopf. Als die Reifen montiert waren, ließ ich mir eine weiße Rennuniform geben, und während ich sie überzog, blieb Phil bei dem Wagen stehen.
Dann heulte draußen eine Sirene, und wir liefen zur Rennbahn. Ein malvenfarbener Blue Bird bog von der Rennstrecke ab und bremste quietschend neben den Boxen. Kurz darauf folgte ein silberner Sligthon II. Ein Techniker gab die gestoppten Zeiten bekannt, und die Fahrer schälten sich aus ihren Sitzen.
Mir war inzwischen schon klar geworden, um was es ging. Von einem regulären Rennen konnte keine Rede sein. Ein paar bekannte und ein paar unbekannte Rennfahrer hatten hier die Möglichkeit zu trainieren und mussten dabei die Reifen der General Rubber testen. Ich hatte bis jetzt noch keinen ausgesprochenen Rennwagen gesehen, es waren nur Sportwagen. Die Hauptsache war, es kam eine Menge bunter Wagen zusammen, damit sich der Film, der dabei gedreht wurde, gut verkaufen ließ.
Aber etwas anderes war mir nicht klar. Was hatte ein Rechtsanwalt in der sogenannten Rennleitung zu suchen? Wieso trugen sowohl Jeff Vancygaard als auch Pete Fisher langärmelige Pullover? Schließlich war es so glühend heiß, dass man dachte, die Betonpiste würde schmelzen.
Ich konnte mir den Kopf nicht länger darüber zerbrechen, denn ein Mechaniker und Phil schoben gerade den Jaguar zu der Startbox.
Plötzlich hörte ich hinter mir eine Stimme. Ich drehte mich nicht um. Es war Clay Blodgett, der gerade jemandem heftig antwortete: »Sei friedlich, es ist doch nicht meine Schuld, dass Harry keinen anderen geschickt hat! Die Aufnahmen sind wichtiger als deine komischen Gefühle!«
Pete Fishers Stimme antwortete: »Er ist kein Rennfahrer! Das sieht doch ein Baby! Außerdem kommt mir seine Karre komisch vor, ich wollte sie mir vorhin näher ansehen, aber sein Kumpel lässt niemanden ran!«
»Hat er General-Reifen drauf?«
»Ja, aber der Motor…«
»Das ist unwichtig, ich brauche eine Großaufnahme vom Heck mit den neuen Profilen und dann die Totale mit euch Dreien, sonst nichts.«
Ihre Stimmen wurden wieder leise, und ich ging nachdenklich zu meiner Box. Jeff Vancygaard stand schon lässig neben seinem blauen Jaguar, der zwar mindestens zwei Jahre älter als meiner, aber großartig gepflegt war. Ich nickte zu ihm hinüber, und er hob grinsend die Hand.
»Ganz schön warm heute, wie?«, rief ich ihm zu.
»Da brauchen wir wenigstens keine Angst zu haben, dass uns das Kühlwasser einfriert!«, antwortete er. Ich konnte seine Augen hinter der dunklen Brille nicht erkennen, nur seine Zähne blitzten weiß, wenn er lachte. Er stellte sich jetzt neben seinen Wagen und brüllte zur Halle hinüber: »Los, Pete, komm endlich.«
Pete Fisher kam angelaufen, hinter ihm Clay Blodgett.
In dem Moment knatterte ein schwerer Wagen zwischen den Bäumen hervor. Alle sahen hinüber. Es war ein offener Pontiac mit verkürzter Karosserie. Er war flaschengrün und mit einem bronzenen Ralleystreifen verziert.
»Ay, das ist Pit!«, rief Jeff Vancygaard und lief zu der Halle hinüber, vor der der Pontiac eben bremste. Ich folgte ihm langsam, aber als ich erkannte, wer in dem Wagen sa'ß, blieb ich zurück und winkte Phil zu mir.
»Das ist Pit Preston!«, sagte ich leise. Und noch jemand saß im Wagen: Dr. Furth.
»Meine Herren, machen wir doch weiter! Wenn wir nicht gleich mit den Aufnahmen beginnen, verändert sich das Licht, und wir haben viel zu lange Schatten!«, jammerte Clay Blodgett und rief einem Mechaniker, er solle den Kameramann holen.
Ich beobachtete die Männer vor der Halle.
Pit Preston und Dr. Furth gingen jetzt in die Halle und kamen kurz darauf mit den beiden Mechanikern wieder zum Vorschein, die Pete Fishers weißen Jaguar zur Startbox schoben.
Ich fürchtete schon, Dr. Furth würde uns sehen, aber er blickte gar nicht in unsere Richtung.
Der Kameramann kam mit zwei Assistenten aus der Halle und baute seinen Apparat auf. Die Mechaniker schoben unsere Wagen nebeneinander auf die Startbahn, richteten sie aus wie Gardesoldaten, und der Kameramann ließ
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