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0408 - Der Gespenster-Galgen

0408 - Der Gespenster-Galgen

Titel: 0408 - Der Gespenster-Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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langsam heran. Er trug immer eine Pistole bei sich. So manches Gesindel mochte sich denken, daß es ein leichtes Spiel war, in einem Haus einzubrechen, in dem ein einbeiniger und einarmiger Krüppel wohnte, der sich selbst kaum zu helfen wußte. Grausson ließ den Schalter der Motorsteuerung los und fischte die Pistole aus der kleinen Armlehnentasche. Marie-Louise hatte immer darüber geschimpft, daß er mit einer Schußwaffe herumfuhr, aber er hatte sich nicht beirren lassen.
    Er kam auch einhändig mit der Waffe zurecht. Jetzt hob er die Mündung in die Luft hoch. Er erkannte den Mann, der unter dem Wohnzimmerfenster kauerte und offenbar lauschte. Das war dieser Mercier.
    »Reportergesindel, verdammtes!« brüllte Grausson und schoß in die Luft. »Verschwinde, du Mistkerl! Hau ab, oder ich schieße dich nieder wie einen tollwütigen Hund!«
    Er feuerte einen weiteren Warnschuß ab. Die Kugel pfiff nur einen Meter entfernt an Mercier vorbei durch die Luft und klatschte, sorgfältig gezielt, in einen Baum.
    Der Reporter sprang auf. Entgeistert starrte er den Rollstuhlfahrer an, dessen Annäherung er nicht gehört hatte. Er war so darauf konzentriert gewesen durch das halb geöffnete Fenster zu lauschen, was im Zimmer dahinter gesprochen wurde, daß er das Summen der Elektromotoren nicht bemerkte.
    Jetzt blickte er unversehens in die tödliche schwarze Pistolenmündung.
    »Schon gut, ich gehe ja«, murmelte er und machte ein paar Schritte rückwärts, wobei er strauchelte und nur mühsam das Gleichgewicht halten konnte. Grausson sah ein kleines Diktiergerät vor dem Fenster auf dem Boden liegen. Es mußte Mercier aus der Hand gefallen sein. Damit hatte er wohl das Gespräch aufgezeichnet.
    Grausson jagte eine Kugel in den Apparat und zerstörte ihn damit.
    »He, was soll das?« rief Mercier wütend. »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Verschwinden Sie!« schrie Grausson. »Ich werde Sie wegen Hausfriedensbruch verklagen!«
    Mercier flankte über den Zaun auf die Straße hinaus. »Nur zu«, rief er von dort her. »Schießwütige Irre wie Sie gehören eingesperrt!«
    Grausson ließ die Waffe wieder in der Armlehnentasche verschwinden. Er steuerte den Rollstuhl am Haus vorbei in den Vorgarten und schimpfte hinter dem davoneilenden Reporter her. In einigen Nachbarhäusern wurden die Fenster weit aufgerissen. Neugierige, die die Schüsse gehört hatten, lehnten sich heraus und sahen interessiert herüber.
    Marie-Louise stürmte aus der Haustür, gefolgt von Zamorra und Nicole.
    »Was ist passiert?« fragte Marie-Louise. »Wer hat geschossen? Du, Pierre?«
    »Ja«, knurrte er sie an und deutete auf Zamorra und Nicole. »Sie stecken mit diesem Zeilenschmierer unter einer Decke. Während sie euch eingelullt haben, hockte er draußen und hat das Gespräch aufgezeichnet.«
    »Aber das ist doch kein Grund, wild herumzuschießen«, wandte Nicole vorwurfsvoll ein.
    »Ich habe diesen Mistkerl gestern hinausgeworfen«, tobte Grausson. »Und jetzt ist er schon wieder da. Wie eine Schmeißfliege. Ihr versucht es mit allen Tricks, wie?«
    Marie-Louise sah Zamorra entgeistert an. »Aber…«
    »Nichts von dem, was Monsieur Grausson behauptet, ist wahr«, sagte Zamorra. »Ich bin Parapsychologe. Ich habe mit diesem Reporter nichts zu tun. Haben Sie ihn verletzt, Grausson?«
    »Nein! So blöd bin ich nicht, aber einen Denkzettel hat der Schmierer verdient…«
    »Trotzdem, man schießt nicht einfach in der Gegend herum«, rügte auch Zamorra. »Nicole, wir gehen besser…«
    Sie nickte.
    »Verschwinden Sie und lassen Sie sich hier nie wieder blicken«, schrie Grausson ihnen nach, der sich von seiner Frau nicht beruhigen lassen wollte. »Ich werde Sie verklagen! Und der Teufel soll Sie holen, wenn Sie oder Ihr Komplize auch nur noch eine einzige Zeile über uns veröffentlichen…«
    »Es ist zwecklos. Er ist ein verbohrter alter Mann«, sagte Nicole leise und zog Zamorra mit sich von dem Haus fort. »Ich kann ihn verstehen, wenn ich es auch nicht billigen kann. Komm, wir erfahren hier ohnehin nichts mehr.«
    Zamorra zuckte mit den Schultern.
    »Wenn es nicht ein bißchen blöd klänge«, sagte er, »würde ich darauf tippen, daß dieser Grausson von dem Verhältnis seiner Tochter wußte und den Jungen umbringen ließ. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er so weit geht.«
    »Er ist kein Mörder«, sagte Nicole. »Nur ein verbitterter alter Mann, der versucht, sich eine eigene Welt um sich herum zu zimmern, in der er der

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