0411 - Der Herold des Satans
Schutzengel?«
Sheila lachte. »Das kann ich dir nicht genau sagen, aber möglich ist alles.«
Nach dieser Antwort gab Johnny einige Zeit Ruhe. Er musste das Gehörte zunächst einmal verdauen.
Bill, der fahren musste, schimpfte über das Wetter. Es regnete. Die Lichter der zahlreichen Autoscheinwerfer spiegelten sich auf der nassen Straße und in den großen Pfützen.
Nass glänzten die zahlreichen Autos, die sich vor jeder auf Rot stehenden Ampel stauten.
Großstadtverkehr am frühen Abend. Regen, Nässe, Lichter von künstlichen Tannenbäumen der Weihnachtsreklame, die sich ebenfalls in den Pfützen und auf der Straße spiegelten.
Geschmückte Geschäfte, Fußgänger unter Schirmen und der nieselnde Regen.
Nur etappenweise ging es voran.
Johnny schaute aus dem Fenster. Er sah die Lichter in den Schaufenstern, die weihnachtliche Reklame, und bekam große Augen. Seine Gedanken aber drehten sich nach wie vor um seinen Schutzengel, denn er ging ihm nicht aus dem Kopf.
»Mummy?«
»Was ist denn?«
»Warum kann ich meinen Schutzengel nicht sehen? Wenn ich ihn doch habe, kann er ja mal kommen, damit ich ihm die Hand geben kann.«
»Johnny, der Schutzengel ist ein Geist. Und Geister sind unsichtbar. Sie passen nur auf, dass Kindern nichts passiert, wenn wir einmal nicht dabei sind.«
»Trotzdem würde ich ihn gern einmal sehen.«
Sheila lachte. »Das kann ich verstehen. Sogar sehr gut. Auch ich hätte das gern getan, aber so etwas ist unmöglich.«
»Schade.«
Damit hatte sich der Kleine zufrieden gegeben, denn er stellte keine weiteren Fragen mehr. Als Sheila sich nach einigen Minuten umdrehte und nach ihm schaute, war er eingeschlafen.
Sie machte Bill darauf aufmerksam.
Der Reporter nickte. »Ich würde auch gern schlafen.«
»Bist du so müde?«
»Und wie. Vielleicht liegt es am Wetter. Die letzte Nacht war nicht gerade besonders.«
»Oder denkst du an John?«
Bill lächelte und trat wieder auf die Bremse. »Wie kommst du denn darauf?«
»Weil wir nichts von ihm gehört haben.«
»So ungewöhnlich ist das nicht. Der befindet sich schließlich in Frankreich.«
»Wo du ihn hingeschickt hast.«
»Klar.«
»Kein schlechtes Gewissen?«
»Im Prinzip nicht. Ich kenne Gerald Gress. Er ist ein Mann, auf den man sich verlassen kann. Zwar anders als ich, aber seine Spürnase ist berühmt.«
»Auch für Übersinnliches?«
Bill nahm die Hände vom Lenkrad und hob die Schultern. »Bisher nicht. Als er mir aber Bescheid sagte, hat seine Stimme glaubwürdig geklungen.«
»Obwohl John ja anrufen wollte.« Sheila gab noch keine Ruhe.
»Stimmt. Nur wird er dazu nicht gekommen sein.«
»Vielleicht war er nicht in der Lage?«
Bill winkte ab. »John ist ein alter Profi. Der weiß genau, was er zu tun hat.«
»Hoffentlich.«
Sie fuhren wieder an. »Sag mal, Sheila, weshalb machst du dir um ihn so große Sorgen?«
»Weil ich einfach Furcht habe. Es gibt zwar keinen konkreten Grund, nur das Gefühl sagt mir, dass etwas schief gelaufen sein könnte.«
»Wir werden sehen.«
Das Theater hatte sich in der City befunden. Die Conollys wohnten im Londoner Süden und mussten über die Themse.
Durch Chelsea waren sie gefahren und nahmen die Albert Bridge, um auf die andere Seite des Flusses zu gelangen. Schon vor der Brücke war der Verkehr abgeflacht. Jenseits davon kamen sie wesentlich besser voran. Zudem kannte der Reporter einige Abkürzungen.
Johnny sagte nichts. Für ihn reichte der Platz im Porsche sogar aus, um sich hinzulegen.
Die Gegend wurde allmählich ruhiger und dunkler. Kleine Villen oder Einfamilienhäuser standen rechts und links der Straßen und versteckten sich hinter Mauern und Gärten.
Die einzelnen Laternen konnte man an zwei Händen abzählen, aber Sheila wurde von Minute zu Minute nervöser. Immer häufiger schaute sie durch das Fenster in die Düsternis hinein, sodass es Bill Conolly ebenfalls auffiel.
»Was hast du denn?«
Nervös strich sie durch ihr Haar. »Das kann ich dir nicht sagen. Die Unruhe wächst in mir.«
»Und?«
»Du willst den Grund wissen, klar, aber den kann ich dir nicht nennen. Ich weiß auch nicht, ob es mit John zusammenhängt oder es einfach an diesem scheußlichen Wetter liegt. Jedenfalls ist das nicht mein Tag.«
»Warte noch zwei Minuten, dann sind wir zu Hause.«
»Ja.«
»Du sagst das so komisch.«
»Vielleicht hängt damit meine Unruhe zusammen.«
Bill lachte. »Aber Sheila, was soll das? Wir haben unser Haus gesichert. Du machst dir nur unnötig
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