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0411 - Der Steinzeit-Magier

0411 - Der Steinzeit-Magier

Titel: 0411 - Der Steinzeit-Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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mitten im Hirsefeld. Die Halme kippten längst unter der Last des Regens. Die Füße des Göttersprechers traten Wasser, schaufelten es empor, sobald er sich bewegte. Er wünschte, im Pfahldorf geblieben zu sein. Aber er konnte sich der Macht des Ewigen nicht entziehen. Der Ewige war weit stärker als er.
    Er hörte zu, was der Ewige ihm erklärte, und nickte dann schweigend.
    Ungerührt schwebte der Kahlköpfige über die Halme davon, zur anderen Seite…
    ***
    Zamorra nippte an dem heißen Gebräu. Nach der Dusche und frisch eingekleidet, fühlte er sich schon wesentlich besser als zuvor. Nicole, die sich darauf beschränkte, eines seiner Hemden zu tragen, das so gerade eben noch lang genug war, wenn sie sich vorsichtig bewegte, sorgte durch ihren aufregenden Anblick ebenfalls dafür, daß sich seine Lebensgeister wieder zu regen begannen; clevererweise hatte sie auch die obersten drei Knöpfe offen gelassen…
    »Das ist Folter«, zischte Zamorra ihr leise zu. Sie lächelte vergnügt.
    Anke Grieshubers Gesicht blieb ausdruckslos. Es war ihr nicht anzusehen, was sie dachte. Aber nachdem sie sah, daß Zamorra schon nach den ersten Schlucken des nicht gerade angenehm duftenden Getränkes merklich auflebte, drängte sie zum Aufbruch. Eine seltsame Unruhe hatte sie erfaßt. Sie wies darauf hin, daß sie sich eigentlich schon vorher hatte verabschieden wollen.
    »Ich kann’s verstehen«, sagte Zamorra. »Das Zeug stinkt wie der Deibel. Aber es hilft. Man darf es nur nicht zu oft versuchen. Die Natur läßt sich nicht betrügen.«
    »Was ist das überhaupt für ein Tee? Nicole sprach von einem Zaubertrank«, sagte die Archäologin.
    »Die Kräuterwissenden der alten Ägypter und Griechen kannten es schon. Ich verrate Ihnen lieber nicht, wo man die einzelnen Kräutlein findet, damit Sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Einige sind ohnehin schon vorgemischt; das erleichtert uns die Geheimhaltung. Es handelt sich um eine Art biologisches Aufputschmittel. Es gibt Menschen, die es für Zauberei halten. Dabei ist es das nur bedingt. Kräuterhexen wußten schon immer, wie man damit umgeht. Es weckt die letzten Reserven und stärkt sie, macht einen noch einmal für viele Stunden fit, ohne irgend welche Nachwirkungen mit sich zu ziehen, wie sie bei der Einnahme von Medikamenten und Aufputschdrogen zwangsläufig entstehen. Es macht auch nicht süchtig – allein der Gestank schreckt schon ab.«
    Er lächelte.
    »Als meine Landsleute die Comic-Figur des unbesiegbaren kleinen Galliers erfanden, der vom Dorfdruiden bei jeder Schlägerei mit römischen Besatzungstruppen den Zaubertrank eingelöffelt bekommt, müssen sie an so etwas wie diesen Super-Tee gedacht haben. Deshalb die scherzhafte Bezeichnung ›Zaubertrank‹ hierfür. Der Nachteil ist, daß man die Prozedur nicht beliebig oft wiederholen kann. Ich kann meine Kräfte jetzt vielleicht noch einmal etwas auffrischen, aber dann kommt irgendwann der totale Zusammenbruch. Dann brauche ich zwei bis drei Tage Ruhe, und wenn ich sie nicht einhalte, kann das zu einem Kreislaufkollaps oder Schlimmerem führen. Aber bisher habe ich es dazu nie kommen lassen. Ich verwende diesen Trank deshalb auch nur dann, wenn’s wirklich nicht mehr anders geht.«
    »Warum tun Sie es jetzt überhaupt?« fragte Anke. Sie wirkte unruhig; ihre Augen flackerten.
    »Mädchen, weil wir mit diesem Zeittor zurechtkommen müssen und weil wir Ihren Chef aus der Vergangenheit zurückholen wollen, je schneller, desto besser. In drei bis dreieinhalb Stunden wird der Kurier hier eintreffen, falls unser Butler so klug war, einen Flieger zu beauftragen. Ansonsten wird es eine Stunde länger dauern, schätze ich. Die Alpenstraßen sind nicht zu unterschätzen. Und dann hat auch dieser Trank seine volle Wirkung entfacht, und wir können zuschlagen. Wenn alles so klappt, wie es soll, können Sie ihrem Doktor Eilert morgen mittag schon wieder das Pfötchen geben.«
    Die Studentin schluckte heftig.
    »Aber – wenn er nun wirklich tot ist? Der Schädel…«
    »Besagt noch gar nichts«, unterbrach Zamorra. »Das kann eine noch nicht fixierte Zeitlinie sein, eine Eventualität, die dann stabil wird, wenn wir nichts tun.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das läßt sich auch nicht so einfach erklären«, sagte Zamorra.
    Anke nickte. »Ich gehe dann jetzt«, sagte sie. »Benachrichtigen Sie mich, wenn sich etwas ergibt? Sie wissen ja, wo ich erreichbar bin.«
    »Selbstverständlich«, sagte Zamorra.
    Anke Grieshuber

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