0417 - Der Satan und seine Komplizen
Gewohnheit schon beim Hereinkommen eine Bestandsaufnahme gemacht und griff jetzt seitlich nach einem Bücherregal, wo ich am Ende einen dickleibigen Band herauszog. Bevor ich ihn aufschlug, fragte ich: »Darf ich mir das mal ansehen?«
Es war ein Fotoalbum, und sie murmelte hastig: »Ja, bitte.«
Ich blätterte die ersten Seiten schnell durch. Es waren die üblichen Aufnahmen, die man in einem Familienalbum findet. Jedes Bild war ordentlich mit Daten versehen. Die letzten zwei Seiten waren vor knapp zwei Monaten gemacht und illustrierten den Urlaub, den sie mit einem anderen Paar an einem See verbracht hatten.
»Fotografieren Sie gern?«, fragte ich. Sie nickte. Sie schien schon begriffen zu haben, was ich entdeckt hatte. Ihr war ein Fehler unterlaufen.
»Wie war das mit der Beerdigung?« Sie tat mir leid, aber ich musste es erwähnen. »Waren viele bei der Abschiedsstunde in der Friedhofskapelle?«
»Es waren vielleicht ein Dutzend Trauergäste, entfernte Verwandte von uns und ein paar Freunde. Abschied war in der Kapelle auf dem Friedhof.«
Sie sprach jetzt längst nicht so aufgedreht wie vorhin. Sie überlegte anscheinend jedes einzelne Wort.
Ich musste etwas deutlicher werden.
»Und vorher waren Sie mit ihm allein und machten schnell ein paar Aufnahmen, ja?«
Sie war klug genug einzusehen, dass Leugnen keinen Zweck hatte. Den Gedanken, dass niemand die Tätowierung beobachtet hatte, gab sie schnell auf.
»Sie haben ja auf den Badefotos gesehen, dass er nicht tätowiert war. Das hat er in den Tagen machen lassen, als er verschwunden blieb. Ich wusste wirklich von nichts, als er am Freitagmorgen wegging. Die ganze Nacht habe ich gewartet, und am Sonnabend ging ich zur Polizei und bat um Nachforschung, falls ihm etwas zugestoßen wäre. Am Montag erfuhr ich dann von seiner Verhaftung.«
»Gingen Sie dann gleich hin zu ihm?«
»Ich durfte ihn erst am nächsten Tag sprechen. Da entschuldigte er sich bei mir, dass er mir Kummer bereitet hätte. Bei den nächsten Besuchen erfuhr ich dann so nach und nach von der Tätowierung, die er mir zum Teil heimlich zeigen konnte. Er sagte mir, wenn er Pech haben sollte, bevor er wieder frei wäre, sollte ich davon ein gutes Bild machen und es mir'genau besehen. Damit ist doch bewiesen, dass ich von dem Geld nichts wusste.«
Ich stimmte ihr freundlich zu.
»Aber jetzt wissen Sie, wo es versteckt ist.«
Sie schnaufte kurz, stand auf und holte eine Filmrolle, die sie vor mich hinlegte. Es war ein entwickelter Film mit zum Teil noch zurückliegenden Ausflugsaufnahmen. Erst die letzten beiden zeigten das Brustbild ihres Mannes im Sarg. Das Hemd war zurückgeschoben, die Tätowierung zu erkennen. Das war aber auch alles, denn die Bilder waren sehr unscharf und obendrein verwackelt. Der bewusste Flicken im Hauptsegel war kaum zu sehen.
»Ich habe den Film selbst entwickelt, aber damit kann ich wirklich nichts anfangen. Ich weiß bestimmt nicht, was das bedeuten soll.«
Ich glaubte ihr das ohne Weiteres. Damit konnte kein Mensch etwas anfangen. Aber May Hames hatte sich einen anderen Trick ausgedacht. Zwei Bilder waren vom Negativstreifen abgeschnitten. Ich zählte noch einmal nach: Es stimmte, der 16er-Film hatte nur 14 Bilder. Um die Sache unauffälliger zu machen, war die leere Anfangslasche ebenfalls abgeschnitten.
Ich wollte schon etwas sagen, als es an der Wohnungstür klingelte.
Aha, dachte ich, das wird Phil sein. Aber die Stimme an der Tür kannte ich nicht. Sie war dreist und energisch, eine zweite mischte sich ein, und dann waren auch schon zwei Männer in der Diele.
Als sie ins Wohnzimmer kamen, war ich bereits nebenan im Schlafzimmer und hatte die Tür dicht angezogen.
»Wer sind Sie, und was wollen Sie?«, fragte Mrs. Hames verängstigt.
Als ich hörte, was dann kam, schob ich schnell den Sicherungsflügel meiner 38er zurück.
»Decker, FBI New York, hier ist mein Ausweis.«
So eine Frechheit war mir lange nicht begegnet. Sie hatten Phil also ausgeschaltet und waren sofort vom Beerdigungsinstitut hierher gekommen.
Wehe ihnen, wenn sie Phil…, ich wagte gar nicht, das zu Ende zu denken.
»Wir müssen die Aufnahmen beschlagnahmen, die Sie von der Leiche Ihres Mannes gemacht haben.«
Das würde Mrs. Hames in eine Klemme bringen. Den Film hatte ich mitgenommen, und außerdem wusste sie nicht, welcher G-man nun echt war.
Durch das Schlüsselloch konnte ich genau sehen, wie sich die beiden im Zimmer verteilt hatten.
May Hames stand am Tisch, rechts
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