0417 - Der Satan und seine Komplizen
erschöpften sich ihre Kenntnisse. Man konnte in jeder Zeichnung einen Plan verstecken, aber wenn Außenstehende ihn entziffern sollten, gehörte mehr dazu als nur Striche oder Grundrisse. Spätestens bei der Einlieferung in Bridgeport hatten auch die Gefängnisbeamten das Bild gesehen, und ihnen war nichts aufgefallen. Zumindest hatten sie das Geld nicht gefunden, sonst hätte man davon gehört.
Wenn an der Geschichte wirklich etwas dran war, musste der Plan oder Hinweis so geschickt verborgen sein, dass man beim einfachen Betrachten nicht darauf stieß.
***
Am anderen Morgen lagen die Abzüge der Fotos schon vor. Phil und ich betrachteten sie gemeinsam. Vor allem wurde die Tätowierung unter die Lupe genommen. Vorläufig war es für uns nur das recht gut gelungene Bild einer chinesischen Dschunke mit drei Masten und aufgezogenen Mattensegeln.
»Sieht ziemlich echt aus«, meinte Phil. »Auf jeden Fall ist das kein freihändiger Entwurf, sondern nach einer genauen Vorlage gearbeitet.«
»Dieser eigenartige Flicken im Hauptsegel gefällt mir nicht«, warf ich ein. »Er stört das Gesamtbild.«
Das große Segel war mit sechs Querstangen versteift. Zwischen der zweiten und dritten hatte man ein längliches Rechteck waagerecht eingefügt. Darin waren dicht vor der oberen Kante in regelmäßigem Abstand, zwei kleine Kreise eingezeichnet.
Die Kreise waren nicht ganz regelmäßig, eher eiförmig, der zweite hatte in der Mitte einen Punkt.
Das Farbfoto, das Sam mit einer anderen Kamera zusätzlich geschossen hatte, zeigte den Punkt in rot, während Segel, Flicken und Kreise dunkelbraun waren. Die Schärfe des Farbfotos war nicht ganz so gut wie bei den schwarzweißen Aufnahmen.
An der Bordwand standen zehn chinesische Schriftzeichen, die ich natürlich nicht entziffern konnte.
Mysteriös an der Dschunke blieb der Flicken, weil dieser das Bild nicht echter und natürlicher machte. Es war ein hässlicher Zusatz.
Die Löcher, falls die Kreise so etwas sein sollten, gehörten da nicht hin, und der rote Punkt sah nach einem Hinweis aus.
»Wir werden uns von diesem Bild freimachen müssen«, sagte ich. »Wenn das ein Grundriss sein soll, könnten die Kringel zum Beispiel Säulen oder Bäume sein. Für Säulen sind sie allerdings zu unregelmäßig aufgestellt. Aber in der Richtung müssen wir suchen.«
Der Vorschlag war nicht viel wert, aber -sonst ließ sich kaum etwas dazu sagen.
»Und warum sollte Hames wohl das Geheimnis des Verstecks auf der Brust tragen?«, fragte der Chef, als wir ihm' unsere Überlegungen vortrugen.
»Ich denke, das soll gewissermaßen ein Testament sein. Solange er lebte, wollte er keinen an die Beute heranlassen, und wenn er tot war, sollte nur eine ganz bestimmte Person das Rätsel lösen. Seine Frau vielleicht. Denn sie wird die Tätowierung ja auch schon gesehen haben.«
Mr. High nickte. »Okay, diese Theorie hat viel für sich. Zumindest ist es bisher die einzige Theorie, die halbwegs normal klingt«, sagte er, »Phil und Jerry, übernehmt den Fall als vordringlich.«
Wir mussten zunächst nach Bridgeport, um die Akten Hames einzusehen. Auf der Fahrt sagte Phil kein Wort. Er schien an irgendeiner Nuss herumzubeißen.
»Wie war’s denn gestern mit der süßen Journalistin?«
Aus seinem Knurren schloss ich, dass er zurzeit nicht viel von Journalismus hielt.
»Du hast also gemerkt, dass deine Rendezvous für sie nur Interviews waren? Donnerwetter, dann hast du ja deinen Geist auf Hochtouren arbeiten lassen.«
Phil schimpfte bis Bridgeport, und danach war ihm wieder besser.
Im Untersuchungsgefängnis suchten wir den Direktor auf. Wir erklärten ihm, warum uns der Fall Hames plötzlich interessierte. Er schien froh zu sein, dass sich jetzt das FBI darum kümmerte. Wir sahen die Aufnahmeakten durch, denen aber kein Foto der Tätowierung beigefügt war. Man schien sie nicht für wichtig gehalten zu haben.
Lediglich unter Besondere Kennzeichen war sie als chinesische Dschunke mit drei aufgespannten Mattensegeln, bunt, sechsmal sechs Inch beschrieben.
Dann ließ ich mir die Akten der neun Männer geben, die mit Hames zusammen im Waschraum waren, als er am Sonntagmorgen erstochen wurde. Die Tat war mit einer Art Hutnadel ausgeführt worden. Der Stich hatte nicht den sofortigen Tod zur Folge gehabt, sodass der Täter ruhig weitergehen und sich unter die übrigen Männer mischen konnte.
Der Mord war geschehen, nachdem Hames gerade den Raum betreten hatte. Er hatte sich an eins der
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