0419 - Schattenjäger
berufsmäßige Betrüger sich anscheinend für längere Zeit hier festsetzen wollte. Er hatte bereits Champagner auf dem Tischchen vor sich stehen und ein nur spärlich bekleidetes Mädchen auf dem Schoß. Das Girl schien nichts dagegen einzuwenden zu haben, daß Lafayette es weiter auszuziehen versuchte. Cascal kannte Lafayette. Der war jetzt mindestens zwei Stunden beschäftigt und danach so betrunken, daß er kaum noch gerade stehen konnte. Das würde ihn aber nicht daran hindern, volltrunken ins Auto zu steigen und Unfälle zu riskieren. Garry Lafayette kannte da keine Hemmungen.
Aber in dieser Nacht würde es nicht so klappen, wie er sich das vorstellte.
Cascal verließ die Bar wieder. Der Rausschmeißer sah ihm nicht nach. Die mittlerweile schon längst nicht mehr jugendfreie Darbietung der beiden nackten Mädchen auf der Bühne fesselte ihn. Seinen Platz vor der Tür hatte er vorübergehend vergessen. Cascal war das nur recht. Er bedauerte lediglich, jetzt nicht die Zeit zu finden, sich die Vorführung ebenfalls genußvoll anzusehen. Aber er hatte etwas vor, und er mußte die Gelegenheit nutzen.
Der schwarze BMW 735i, ein mit allem erdenklichen Komfort ausgestattetes sündhaft teures Geschoß, war nicht einmal abgeschlossen, und der Zündschlüssel steckte. Lafayette hatte entweder in seinem bereits angeheiterten Zustand alles vergessen oder er rechnete mit der Aufmerksamkeit des Rauschmeißers, der einen Diebstahl verhindern würde.
Cascal wollte den BMW ja auch nicht stehlen. Er lieh ihn sich nur aus und hatte die Absicht, den Wagen später, wenn er aus Florida wieder zurück war, an genau dieser Stelle wieder einzuparken. Lafayette würde den vorübergehenden Verlust verschmerzen können; der Schatten war sicher, daß der Betrüger nicht einen einzigen Cent für das Auto bezahlt hatte. Er hatte da so seine eigene Methoden, seinen Besitz zu mehren.
Der Motor sprang auf Anhieb an. Cascal fand sich mit dem Wagen zurecht. Es war ein Genuß, ihn durch das nächtliche Baton Rouge zu fahren, hinaus zum Highway Nr. 10, der den ganzen Süden der USA in Ost-West-Richtung durchquerte. Bis Miami waren es bei normaler Fahrweise zwischen 24 und 28 Stunden, Pausen nicht einberechnet. Cascal hatte somit einen weiten Weg vor sich, aber er schmunzelte, als er sich das dumme Gesicht vorstellte, das Lafayette machen würde, wenn er seinen Wagen nicht mehr vorfand.
Daß ausgerechent Cascal ihn mitgenommen hatte, darauf würde er nicht einmal nach einem Gespräch mit dem Rausschmeißer kommen.
Das war am Tag zuvor gewesen. Mittlerweile näherte Cascal sich rapide seinem Ziel und war froh, daß die Langeweile der Fahrt in den Süden bald ihr Ende finden würde.
***
In Höllentiefen machte auch Leonardo de Montagne sich seine Gedanken über die Gedankenbotsôhaft, die das Amulett, das er besaß, ihm übermittelt hatte. Auch er war neugierig geworden. Aber er ging einen Weg, mit dem selbst Lucifuge Rofocale nicht gerechnet hatte, welcher den Fürsten der Finsternis beobachten ließ. Aber die Irrwische, die jeden Schritt Leonardos überwachen und an Luzifuge Rofocale weiterzuberichten sollten, hatten nicht den Auftrag, auf Leonardos Schatten zu achten.
Der Dämon, der vor fast tausend Jahren als Mensch auf der Erde gelebt und dann dem Höllenfeuer verfallen war, hatte eine besondere Fähigkeit entwickelt, als Asmodis ihm einst ein zweites Leben gewährte, um zu verhindern, daß Leonardo zum Dämon wurde. Doch diese Wandlung hatte er auch damit nicht stoppen können, und der im Höllenfeuer Gestählte hatte ihn schließlich vertreiben und seinen Platz einnehmen können. Aber seit jener Zeit war er in der Lage, seinen Schatten von seinem Körper zu trennen und ihn eigenständig handeln zu lassen, als sei er ein Teil von ihm. Über diesen Schatten konnte er beobachten, und er konnte auch in begrenztem Rahmen aktiv werden. Auf diese Weise war auch seinerzeit die Hinrichtung Eysenbeißens erfolgt.
Auch jetzt trennte Leonardo sich von seinem Schatten. Der verließ die Hölle und machte sich auf die Suche nach jenem, der verkündet hatte, zu existieren! Leonardo deMontagne war gespannt darauf, mit wem er es zu tun bekommen würde - Freund oder Feind. Danach würde er sein künftiges Handeln einstellen. Aber während sein Schatten unterwegs war, ahnte Lucifuge Rofocale nichts davon, daß auch Leonardo deMontagne sich Informationen beschaffte. Er begann eher zll glauben, daß Leonardo uninteressiert sei.
Das konnte dem Fürsten
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