042 - Dämonenbrut
Bild
herab, das scheppernd neben ihr zersprang.
Die sterbende
Frau riß die Augen auf, als wolle sie ihre Umgebung als unverlöschbares Bild
mit ins Jenseits nehmen und sich für alle Zeiten einprägen.
Sie hob
stöhnend den Kopf und richtete sich zitternd auf. Ihr Blick war genau auf die
Tür zum Kinderzimmer gerichtet. Sie öffnete und schloß mehrmals die Augen und
nahm den blutrot gefärbten Schatten wahr, der genau auf der Schwelle stand und
die Größe Dannys hatte.
Ein bizarrer,
unwirklicher Schädel saß auf den schmalen, kindlichen Schultern. Ein schauriger
Aufschrei entrann den Lippen der Sterbenden. War dies Wirklichkeit oder ein
Zerrbild, das sie in ihrer Agonie erlebte?
Sie sah den
dämonenhaften, teuflischen Schädel, das satanische Lächeln, das um die schmalen
Lippen lag, sie sah die furchtbaren Raubtieraugen - mit schmalen,
sichelförmigen Pupillen - bernsteingelb.
Das Entsetzen
und das Grauen verfolgten sie bis in den Augenblick ihres Todes. Und ihr verzerrtes,
schreckgezeichnetes Gesicht änderte sich auch im Tod nicht!
●
Zwanzig
Minuten nach elf kamen Ed und Sheila Morgan nach Hause. Der Lift trug sie in
das zehnte Stockwerk, in dem sie ihre Wohnung hatten. Alles im Haus war still.
Sheila lehnte
sich lächelnd an die Schulter ihres Gatten. »Es war ein schöner Abend, Ed«,
sagte sie leise und hauchte einen Kuß auf seine Lippen. Das Paar hatte zuerst
das Musical »My Fair Lady« gesehen und war anschließend noch in das
Theaterrestaurant gegangen, um bei einer Flasche guten Weines den Abend
ausklingen zu lassen.
Es war wie in
der Zeit ihrer Flitterwochen. Seit das Kind da war, hatten sie kaum Zeit zum
Ausgehen. Aber es lag nicht allein an Danny. Auch Ed war sehr stark in seinem
Beruf eingespannt. Er wollte weiterkommen, und nun schien es, als hätten sich
seine Anstrengungen und Entbehrungen gelohnt. Ed Morgan war vor drei Tagen zum
ersten Mann im Büro der Corner's Live Insurances ernannt worden. Ein Grund zum
Feiern.
Ed wäre gern
länger geblieben, aber Sheila hatte ihn dazu bewogen, noch vor Mitternacht nach
Hause zu kommen. Ihre Mutter - das wußte sie aus Erfahrung - ging grundsätzlich
nicht ins Bett, solange sie noch nicht zu Hause waren. Sie blieb dann im Sessel
sitzen und schlief in dieser unbequemen Lage ein. Am nächsten Morgen dann taten
ihr alle Knochen weh, und sie konnte den Kopf kaum drehen.
Außerdem
hatte Mrs. Falker die Angewohnheit, nicht über Nacht in der Wohnung ihrer
Tochter und ihres Schwiegersohnes zu bleiben. Und wenn es noch so spät wurde, sie
wollte nach Hause. Zum Glück wohnte sie nur knapp anderthalb Meilen entfernt,
aber Ed Morgan ließ es nicht zu, daß seine Schwiegermutter allein den Weg ging.
Heute wollten
sie aufgrund des besonderen Tages gemeinsam noch eine Flasche Champagner
trinken. Ed Morgan hatte echten französischen mitgebracht, das Geld reute ihn
nicht.
Vergnügt
tänzelte er hinter Sheila und hielt den kühlen Champagner wie ein Wickelkind
auf dem Arm.
»Die wird uns
heute noch schmecken«, freute er sich.
»Ed«, sagte
Sheila mit leiser Stimme, während sie die Wohnungsschlüssel aus der silbernen
Tasche zog, »du hast heute abend schon etwas getrunken. Da du Mutter noch nach
Hause fahren mußt wäre es mir lieb, wenn du dir dein Glas Champagner bis
nachher aufheben würdest. Du weißt, daß ich nicht mag, wenn du mit Alkohol am
Steuer sitzt.«
Er hob den
Zeigefinger wie ein Lehrer, der seinem Schüler etwas erklären will. »Aus dir,
mein Götterweib«, sagte er mit einer Stimme, der man deutlich anhörte, daß er
etwas getrunken hatte, »spricht die Vernunft. Ich habe eine Schwäche für
vernünftige Frauen und deshalb habe ich dich geheiratet.«
Er blieb
kerzengerade stehen und schlug die Hacken zusammen wie ein Soldat, der sich zum
Rapport meldet: »Sieh an, wie ich hier steh! Ich wackle nicht, du könntest
jetzt eine Zeitaufnahme von mir schießen, und das Bild würde gestochen scharf.«
Bei diesen
Worten schwankte er hin und her wie ein Schilfrohr im Wind.
»Es wäre
schade um den Film«, lachte Sheila Morgan. Dann wurde sie ernst. »Aber jetzt
Spaß beiseite, Ed. Zum Theater hin und zurück lassen wir uns mit dem Taxi
fahren - und auf der letzten Meile, die du selbst fährst, passiert es dann.«
»Ich bin hoch
versichert«, lautete die Antwort, und ein breites Grinsen lag auf dem Gesicht
Eds. »Du bist eine gute Partie, wenn man mich heute vom nächsten Straßenbaum
pflückt.«
»Ed, bitte!
Du weißt, daß ich
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