042 - Die Schweinemenschen von Rio
funktionierte, weshalb die Glühbirne leuchtete, wenn man auf den Schalter drückte, und dass im Radio keine kleinen Männchen eingesperrt waren. Aber aus jeder Erklärung ergaben sich tausend neue Fragen.
Jeff Parker und Sacheen bemühten sich, mir beizustehen. Ich glaube, Machu Picchu sah unsere ganze Welt als eine Traumwelt voller Wunder. In meine Liebe zu ihr mischte sich ein wenig Mitleid und das Gefühl, sie beschützen zu müssen.
Wir landeten auf dem Aeroporto Samos Dumont, der auf drei Seiten vom Atlantik umgeben war. Es war Nachmittag, fünfzehn Uhr fünfunddreißig. Machu Picchu war immer noch ganz hingerissen von der Luftansicht Rios mit seinen Hochhäusern, modernen Stadtautobahnen und Geschäftsstraßen. Wir sahen den Zuckerhut, die Flamengo- und Botafogobucht, den alles überragenden Corcovado mit seinen vom tropischen Wald überwucherten Flanken. Der zweiunddreißig Meter hohe Betonchristus mit seinen segnenden Statuenarmen auf dem Gipfel des Corcovado schien im Dunst zu schweben.
Ein Flughafenbus brachte uns zum Terminal. Die Zollkontrolle entfiel, da es sich um einen Inlandflug handelte. Im Flughafenrestaurant sollte Vicente Neiva auf uns warten. Das Gewimmel und hektische Treiben, die vielen Schalter, die Lautsprecherdurchsagen und die Anzeigentafeln irritierten Machu Picchu und ängstigten sie ein wenig.
Mit Manaus war dieser Flughafen von Rio nicht zu vergleichen. Die Sonne flutete durch die Glasfront herein. Es war heiß, ich wollte einen Drink und eine Dusche.
Im Flughafenrestaurant hielten wir Ausschau nach Neiva, den Jeff Parker telefonisch über unser Eintreffen informiert hatte. Er sollte eine rote Nelke im Knopfloch tragen und eine Nummer des US-Magazins Newsweek lesen.
Machu Picchu staunte die Espressomaschine an. Wir anderen hielten Ausschau.
Ich entdeckte den Mann mit Nelke und Newsweek in der Nähe des chromblitzenden Tresen. Wir traten zu ihm.
»Señor Neiva?«, fragte Jeff Parker höflich.
Unser Gegenüber schüttelte bedauernd den Kopf.
»Ich bedauere. Vicente Neiva ist verhindert. Mein Name ist Domingo Marcial. Er hat mich gebeten, ihn zu vertreten.«
Er sprach Englisch, damit auch Jeff Parker und Sacheen ihn verstehen konnten.
»Was ist denn mit Vicente Neiva?«, fragte Jeff.
»Ich weiß es nicht. Er rief mich gestern an und sagte, ich sollte Sie hier abholen und mich um alles kümmern. Da er ein guter Freund von mir ist, wollte ich ihm den Gefallen gern tun.«
»Wann werden wir Vicente Neiva sehen?«
»Bedaure, auch das weiß ich nicht. Ich habe zwei Doppelzimmer im Hotel Excelsior an der Avenida Atlantica für Sie bestellt, mit Blick auf den Strand von Copacabana und den Ozean. Auf Kosten von Señor Neiva.«
Jeff Parkers Stirn umwölkte sich. »Weshalb soll ich ins Hotel? Ich habe bei Vicente Neiva eine Penthousewohnung in der Nähe der Copacabana gekauft. Das Geld ist ihm überwiesen worden. Was ist mit dieser Wohnung? Ist sie etwa noch nicht fertig?«
»Doch, die Wohnung ist fertig, aber sie ist im Augenblick – äh, für andere Zwecke bestimmt.«
»Für andere Zwecke bestimmt? Mein Penthouse? Das wollen wir doch einmal sehen. Ich will in mein Penthouse und in kein Hotel. Die Anschrift habe ich hier, und wenn Sie uns nicht hinbringen wollen oder können, Mr. Marcial, fahren wir eben mit dem Taxi.«
Domingo Marcial versuchte, Parker von seinem Vorhaben abzubringen, aber Jeff hatte auf stur geschaltet. Jeff war nicht nur ein millionenschwerer Playboy, sondern auch ein gerissener Geschäftsmann. Er ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen.
»Ich werde Sie zum Penthouse bringen, wenn Sie darauf bestehen«, gab Marcial schließlich nach.
»Gut«, sagte Jeff. »Aber vorher hätte ich gern unter vier Augen mit Ihnen über verschiedene Dinge gesprochen, Mr. Marcial.«
Sie gingen zu einem freien Ecktisch. Wir andern setzten uns, und ich bestellte dreimal Eiskaffee. Machu Picchu schlürfte das kalte Getränk mit Genuss. Ich sah zu dem Tisch hinüber, an dem Jeff Parker und Domingo Marcial miteinander redeten. Gute Neuigkeiten schienen es nicht zu sein, die Jeff hörte. Seine Miene wurde immer finsterer.
Ich sah mir Domingo Marcial genau an. Er war ein schwarzhaariger, mittelgroßer, schlanker Mann Mitte der Dreißig; er trug einen maßgeschneiderten, hellen Anzug und sah gepflegt und wohlhabend aus, ein gutsituierter Geschäftsmann, schätzte ich.
Jeff Parker und Marcial beendeten ihr Gespräch. Wir nahmen unser Handgepäck, in dem wir auch ein paar
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